
schon lange zum Opfer ausersehen gewesen sei; wahrscheinlich aber
beabsichtigten die Brava’s überhaupt nur einen Ausländer umzubrin-
gen, und fanden dazu in Heuskens täglichen Gewohnheiten die beste
Gelegenheit. Er ritt alle Abend, etwas früher oder später, von
A k a b a n e auf demselben Wege nach Hause. Die Mörder hatten sich
an der günstigsten Stelle in Hinterhalt gelegt und konnten ihr Opfer
mit Sicherheit erwarten. Damals fiel es niemand ein, Heuskens Tod
mit dem Ende H o e i O r ib e - n o - k a m i ’s in Verbindung zu bringen; über
letzteres waren verschiedene Gerüchte in Umlauf. Es wurde bald
zu dem preussischen Vertrage, bald zu Natale’s Verwundung in
Beziehung gebracht; bald sollte sich H o r i im Staatsrath zu günstig,
bald zu scharf über die Eremden geäussert, in Eolge dessen aber
seine Entlassung erhalten, und, dadurch entehrt, sogleich Hand an
sich gelegt haben. Dass er wirklich H a r a k ir u beging wird allgemein
angenommen; aber die Veranlassung, die man der That s p ä te r
unterlegte, ist mit unseren Erlebnissen nicht in Einklang zu bringen.
Der Eeser erinnert sich aus einem früheren Abschnitt dieser Erzählung,
dass Graf Eulenburg sich an einem October-Abend, durch
hellen Eeuerschein gelockt, mit seinen Begleitern unter Heuskens
Eührung noch spät auf den Weg nach der Brandstätte machte.
Die B u n y o ’s baten damals den Grafen auf das dringendste bei Eeuer-
lärm niemals auf die Strasse zu gehen, und H o r i schrieb noch besonders
eindringlich an Heusken, er möchte doch auf seine Warnungen
endlich hören und weder den preussischen Gesandten noch
sich selbst so grossen Gefahren aussetzen. Heusken, den die unablässigen
Vorspiegelungen einer Gefahr, an die er nicht glaubte, verdrossen,
erwiderte diesen Brief in etwas derben Worten, zeigte aber
seine Antwort vor der Absendung Herrn Harris, und milderte auf
dessen Wunsch noch die Schärfe des Ausdrucks. Trotzdem sollte
das Schreiben H o r i dermaassen verletzt haben, dass er in der Entrüstung
von dem G o r o d z io Heuskens Tod, oder wenigstens dessen
Landesverweisung gefordert, auf dessen Weigerung aber, nach
japanischen Begriffen entehrt, das H a r a k ir u vollzogen hätte. —-
Jener Brand fand am 1 1 . October statt und wir sahen H o r i zuletzt
am 1 3 . December; in dieser Zeit verkehrten die beiden Heimgegangenen
beständig auf der preussischen und der amerikanischen Gesandtschaft
mit einander ohne dass irgend eine Verstimmung an ihnen
wahrgenommen wurde. Im Gegentheil war Ö O das Verhältniss der
freundschaftlichsten Art; Heusken gehörte, wenn auch zuweilen
ungeduldig über seine Warnungen, zu H o r i ’s aufrichtigen Bewunderern
und wurde yon ihm mit Auszeichnung behandelt. Ein Groll
zwischen beiden konnte uns bei den heiteren Tischgesprächen, welche
Heusken dolmetschte und auf das witzigste commentirte, unmöglich
entgehen. Konnten die Verhandlungen mit dem Reichsrath wohl
über zwei Monate dauern bis sie zu H o r i ’s Selbstmord führten, und
konnte sich dieser in der Zwischenzeit so vollkommen verstellen?
Sein Tod muss zwischen dem 1 3 . December und 2 . Januar erfolgt
sein; am 15. wurde Heusken ermordet, und zwar, wie die späteren
Gerüchte behaupten durch Trabanten des H o r i , aus Rache für ihren
Herrn. Wir blieben noch bis zum 2 8 . Januar in Y e d d o , und erhielten
auch während des Aufenthaltes in N a n g a s a k i und China beständig
von allen dortigen Vorgängen und Gerüchten Kenntniss;
jene Erzählung aber tauchte viel später auf und wurde dem Verfasser
erst anderthalb Jahre nachher, im Sommer 1 8 6 2 , von Herrn
Harris mitgetheilt, welcher auf der Rückreise nach Amerika durch
Berlin kam, Er wollte das in Y e d d o damals allgemein geglaubte
Gerücht keineswegs verbürgen, hielt es aber nicht für unwahrscheinlich;
nach so langer Zeit war wohl auch seinem Gedächtniss
der Zwischenraum von über zwei Monaten zwischen dem Brande
und dem .Tode H o r i ’s entschwunden. Der Verfasser aber muss
nach genauer Vergleichung der feststehenden Daten und Umstände
diese Version für durchaus ungegründet halten.2)
2) Während des Druckes ist dem Verfasser aus Japan die zuverlässige Nachricht
zugegangen, dass man dort in späterer Zeit den Mörder Heuskens sehr wohl gekannt
hat. E r war das Haupt einer L onin - Bande, die viele andere Unthaten verübte,
und soll von der Regierung nur deshalb geschont worden sein, weil sie ihn als
Spion' brauchte, wurde aber 1864 wenige Schritte von der Stelle, wo er Heusken
umbrachte, von seinen eigenen Leuten niedergehauen.—Ueber den Tod des H ori-O ribe
haben dessen eigene Verwandten dem preussischen Consul Herrn von Brandt folgende
Aufklärung gegeben. A ndo Tsus - sima’s Politik ging auf Unterdrückung der Autorität
des Mik a d o , welche schon damals der S io g u n - Herrschaft gefährlich zu werden
drohte. E r las bei einem Besuche H ori’s diesem ein darauf zielendes, zur Verbreitung
bestimmtes Pamphlet vor; H ori aber tadelte es in so scharfen Ausdrücken,
dass der Minister ärgerlich das Zimmer verliess. Nun fordert die japanische Sitte,
dass, wer seinen Vorgesetzten beleidigt hat, ihn am folgenden Tage um Entschuldigung
bittet, oder H arakiru begeht. H ori kam nach Hause, und entfernte seine Familie
unter, dem Vorwande, er habe Wichtiges zu schreiben.; man fand ihn bald darauf in
seinem Blute. A ndo T su s - sima soll bei der Nachricht von H ori’s Tode in Thränen
ausgebrochen und untröstlich gewesen sein, denn sein Verdruss war nur vorübergehend.
Die Angabe des Herrn Lindau (Voyage autour du Japon). dass
A ndo T su s - sima von H ori’s Trabanten angegriffen und verwundet worden sei,
entbehrt jeder Begründung; er lässt H ori am 10. Januar 1861 sterben, den Angriff