
das andere ¡ nach dem Lande führende. Von dem historischen
D e s im a sieht man überhaupt keine Spur mehr; die ganze Niederlassung
brannte im Jahre 1858 einmal wieder ab und jetzt stehen
dort lauter neue weissgetünchte Gebäude, theils Waarenlager, tlieils
Wohnhäuser. Letztere hegen mit der Fronte nach der See, nach
Westen gekehrt, an einem breiten Quai, und sind nach dem Muster
der holländischen auf Java gebaut, unten Geschäftsräume, oben die
Wohnzimmer; vor welchen unter überkragendem Dache ein Balcon
die ganze Façade entlang läuft. Von da übersieht man die liebliche
Bucht;, der BlickmSchweift zwischen den grünen Ufern des langgestreckten
Beckens hindurch bis auf das hohe Meer, das zwischen
den fernsten Vorgebirgen wie durch eine Thürspalte sichtbar ist.
Links im Vordergründe läuft eine bewachsene Höhe am Strande hin,
welche malerische Gebäude beschattet; dahinter schiebt sich die
dem Meere abgewonnene Fläche mit der neuen Ansiedelung der
Fremden vor und weiterhin ein bewaldeter Bergkegel, an dessen
Abhängen Tempel und ländliche Wohnungen unter dichten Baum-
fvvipfeln hervorlugen, Man kann sich keinen behaglicheren Platz
;i!s diese Altane denken, um seine Zeit zu verträumen. Hier stört
nicht das Gewimmel eines geräuschvollen vielbesuchten Hafens, wo
Schiffer und Lastträger sich mühselig abarbeiten, einander drängen
und mürrisch anschreien; das weite Becken bietet Raum in Fülle,
die Boote gleiten stille durch die Fluth, Niemand hat grosse Eile;
die heiteren Japaner — Arbeiter, Bootsleute, Zollbeamte — scherzen
und lachen mit einander; über Landschaft und Menschen liegt die
vergnüglichste Stimmung.
Die weissen Häuser von D e s im a mit ihren grünen Fensterläden
machen den.freundlichsten Eindruck; die Hintergebäude dienen
zu Waarenlagern und bilden mit ihrer äusseren Wand die West-
façade der das Etablissement der Länge nach durchschneidenden
Strasse. Gegenüber steht eine zweite Reihe massiver Gebäude,
meist Magazine der hôllândischèn Kaufleute; eines haben japanische
Händler zum Bazar eingerichtet und halten dort ihr Hunderterlei
von Lack-, Bronze-, Korb- und Porcelanwaaren in buntester
Auswahl feil. Man findet sehr hübsche Sachen, aber wenige von
hervorragendem Werthe. Hier wie in Y o k u h a m a ist das Meiste
auf den Geschmack der fremden Seeleute und Wiederverkäufer berechnet;,
ausgesuchte, theure Waare hätte geringen Absatz. —
Die Hinterwand dieser Häuserreihe läuft an dem Canal hin, welcher
D e s im a von der Stadt scheidet; an ihrem Südende hegt in freundlichem
Gärtchen, mit dem Blick auf den innersten Winkel des
Beckens und den hier mündenden Canal, die Wohnung des holländischen
Arztes. An dieser Stelle haben Kämpfer und Thunberg
gehaust, deren N amen auf einem neben dem Eingänge eingesenkten
Felsstück zu lesen sind; jetzt wohnte dort Dr. Pompe van Meer-
dervort, welchen die holländische Regierung auf Ersuchen der japanischen
nach N a n ö a s a k i beurlaubt hatte, um einheimischen Medi-
cinern Vorlesungen zu halten.
Seit den Zeiten der Fäctorei hat sich auf ¡¡De s im a ViMes geändert,
aber die holländische Behaglichkeit blühtfnoch in vollstem
Glanze. Die Insel ist noch heute ganz in den Händep der Niederländer;
sie zahlen nicht mehr Miethe für die Häuser, sondern nur
einen vertragsmässigen Grundzins, und besitzen die Gebäude 'als
Eigenthum. Die Handelscompagnie besteht nur als Privatgesellschaft
weiter, aber ohne Monopol, ihr Director ist nicht, wielfrüher, der.
erste Mann der Niederlassung ;fvdie Stellung hat ihre Bedeutung:
verloren, seitdem Herr Donker Curtius'als Commissar der königlicnj
niederländischen Regierung dort eintraf und durch die Verträge von
1856, 1857, 1858 seinen Landsleuten gleiche Rechte mit anderen
bevorzugten Nationen erwirkte. Sein Nachfolger wurde der General-
Consul Herr De Witt, dessen Amtswohnung sich durch Geräumigkeit
und standeswürdige Einrichtung vor allen Häusern des Insel-
chens auszeichnet. An Bequemlichkeit und Comfort fehlt es in
keinem; die Fussböden sind mit japanischen Matten bedeckt, Möbel
und Geräthe von europäischer, amerikanischer, chinesischer Arbeit,
Alles wohlhäbig und behaglich, wie sich denn auch die heutigen
Bewohner- von D e s im a nach altem gutem Herkommen nichts abgehen
lassen. Sie wissen die geselligen Freuden zu schätzen und üben die
liebenswürdigste Gastfreundschaft. Küche und Keller sind vortrefflich;
die Tafeln strotzen von japanischen, javanischen und westländischen
Leckerbissen und ausgesuchten Getränken; die Zusammenkünfte sind
zwanglos und unbefangen. So lange wir dort waren drängte ein
Fest das andere, die Gastfreiheit kannte keine Gränzen; man führte
ein wahres Phäakenleben, in einem oder dem anderen Hause klangen
die Gläser immer bis tief in die Nacht. Eines der ersten Handlungshäuser
auf D e s im a ist ein deutsches, das bis dahin unter holländischem
Schutze gestanden hatte; der Chef, Herr K., jetzt
preussischer Vice-Consul in N a n g a s a k i , war damals in Europa»; &ein