
bestimmten Werth haben, aus bestimmten Gegenständen bestehen
und unter vorgeschriebenen Formen überreicht werden. Aber auch
aus Herzensneigung und reinem Wohlwollen beschenken die Japaner
einander vielfach, und es darf wohl als Zeichen ihres regen Gemüths-
lebens gelten, dass der Gebrauch so allgemein und beliebt ist. Sehr
hübsch ist folgende Sitte: Jeder der eine Reise antritt, erhält dazu
von allen seinen Freunden nützliche Gaben, und bringt ihnen dafür
Kleinigkeiten mit, die er unterwegs gekauft hat.
Hoki überreichte bei diesem Besuch die japanische Ueber-
setzung der Taktik des General von Brandt, in Abschrift, soweit
sie fertig war, für dessen Sohn, den Attache von Brandt. -- Er
hatte immer viel zu fragen und suchte eifrig wissenschaftliche und
practische Belehrung. Der Regierungsrath Wichura musste genaue
Rechenschaft über Ursprung und Bereitung der Cochenille geben.
Wo die Sprache nicht ausreichte griff man zur bildlichen Darstellung:
H ori zeichnete sehr deutlich eine Cactuspflanze auf das Papier;
nachdem Wichura ihm begreiflich gemacht, dass das Cochenille-
Insekt auf solchen lebe; die Japaner ziehen diese südamerikanische
Pflanze häufig in Gärten. — Er fragte auch viel nach. den Schiffsgebräuchen,
der Bedeutung der Morgen- und Abendschüsse, u. s. w.
Selbst früher bei der Artillerie angestellt, hatte er durch das viele
Schiessen am Gehör gelitten, zeichnete ein Höhrrohr auf, das die
Gesandten aus Amerika mitgebracht hatten, und war sehr dankbar
für Mittheilung der bei uns namentlich beim Schiessen aus bedeckten
Räumen üblichen Vorsichtsmaassregel, während der Detonationen
den Mund offen zu halten.
H o r i ’s Antworten auf die Kreuz- und Querfragen des Gesandten
waren meist unklar undunvollständig; er durfte oder wollte
nicht offen sein, obwohl es sich .um die unverfänOg lichsten DinÖge
handelte. So gab es nach seiner Aussage in Japan ein organisirtes
Postwesen: Couriere-gingen alle Tage von Yeddo nach allen Theilen
des Reiches, das Porto richtete sich nach dem Gewicht der Sendungen;
— aber ein Brief von Y e d d o nach K a n a g a v a . — nur vier
Meilen fr* sollte drei I t s i b ü , anderthalb Thaler kosten;7 das klangO
ungereimt. Auf Graf Eulenburg’s Einwurf, dass ein expresser Bote
nur die Hälfte koste, hiess es dann, dass man nach K a n a g a v a —
das doch an der grössten Verkehrsstrasse des Reiches liegt — immer
einen besonderen Boten senden müsse; dass Kaufleute sich wohl
zur gemeinschaftlichen Bezahlung eines solchen vereinigten, Männer
von Stande aber immer einen eigenen Sendling schickten und drei
I t s i b u dafür bezahlten. Ganz unmöglich wäre es nicht und würde
zu manchen anderen Absurditäten passen, wenn die Japaner ihr
»Noblesse oblige« so weit trieben. — Gleich unglaublich klangen
H o r i ’s Mittheilungen über Capitalien - Anlagen und Zinsfuss:
man zahle vier bis fünf, in manchen Fällen auch zehn Procent
monatlich, der Schuldner mache mit dem Gläubiger einen schriftlichen
Contract und werde gerichtlich bestraft, wenn er seine Verbindlichkeiten
nicht erfülle. — Auf seine ’Fragen über das Schulwesen
erhielt Graf Eulenburg die Auskunft, dass es Privat- und
Regierungsschulen gäbe; in letzteren würde kein Schulgeld bezahlt,
doch bedürfe es zur Aufnahme einer besonderen Erlaubniss; —
diese Anstalten scheinen ausschliesslich für Söhne der S a m r a i
bestimmt zu sein. Wer sich dort auszeichne, werde gleich nach
beendetem Lehrcursus angestellt und besoldet. Ein Schulzwang
bestehe nicht und sei auch nicht nothwendig; die Eltern aller Stände
sorgten aus eigenem Antriebe sehr eifrig für den Unterricht ihrer
Kinder. . V Ferner über die medicinische Praxis: sie stehe nicht
unter Aufsicht der Regierung, doch bildeten die Aerzte unter sich
eine Gilde, und müssten vor derselben ein Examen bestehen, um
zur Praxis zugelassen zu werden. — Für die Kenntniss der Landesgesetze,
namentlich der älteren, trage man in den Schulen Sorge;
die »Gesetze für Kaufleute und Handwerker« — wahrscheinlich
Polizei-Vorschriften hingen, auf Tafeln geschrieben, in allen
Strassen aus; die für die S a m r a i pflanzten sich durch mündliche
Ueberlieferung vom Vater auf den Sohn fort; Zuweilen hätten
Beamte sich damit beschäftigt, diese Gesetze zu sammeln und aufzuschreiben,
doch gebe es kein allgemeines Gesetzbuch; alle Strafgesetze
würden geheim gehalten. — Danach möchte es schwer sein,
sich von der japanischen Rechtspflege einen Begriff zu machen. —
Auch H o r i ’s Mittheilungen über den Handwerkerstand klangen
ungereimt: es gäbe Zünfte, die Meisterschaft vererbe sich in der Ö o . / 7
Familie, zuweilen aber würden Meister von der Gilde erwählt, oft
erreiche Einer diese Stellung auch durch sein Vermögen. Jeder
könne ein beliebiges Handwerk ergreifen und für sich oder in der
Gilde arbeiten.
Die Unterhaltung blieb desultorisch und unfruchtbar, doch
möög en H o r i ’s Anogaben Hel Wahres enthalten, und deshalb als
Anhaltspuncte künftiger Erkundigungen hier eine Stelle finden. —