
Prinzen vonMixo, des innigsten Freundes des vor zwei Jahren gestorbenen
Fürsten von S a t s u m a . Solche Bitte kann nach japanischen Begriffen
nicht abgeschlagen werden; die S a m r a i blieben im Palast, doch
sollen die Beamten des minderjährigen Fürsten nicht sicher gewesen
sein, oh Jene wirklich Soldaten des M i t o , oder verkappte Kundschafter
der Regierung wären. Das Haus S a t s u m a wurde damals., wie von
jeher, als den Fremden besonders günstig angesehen, und gilt erst
seit der Ermordung Richardson’s für das Gegentheil. Die Fürsten
dieser Familie haben sich durch mehrere Generationen den Holländern
in N a n g a s a k i sehr freundschaftlich gezeigt, ja sogar die Zulassung
der Fremden und Einführung europäischer Cultur befürwortet;
die Lage ihrer Besitzungen auf K iu s iu und ihr Handelscomtoir
für die L iu k iu - Inseln in N a n g a s a k i gaben ihnen viel Gelegenheit
zum Verkehr mit den Bewohnern von D e s im a ; Titsingh und andere
Handelsvorsteher haben, wie in neuerer Zeit noch Herr von Siebold,
in Freundschaftsverhältniss und vertrautem Briefwechsel mit Fürsten
von S a t s u m a gestanden. Die Familie war seit dem sechszehnten Jahrhundert
die mächtigste und unabhängigste des Reiches und genoss von
jeher einer Ausnahme - Stellung theils durch die entfernte Lage und
Grösse ihrer Besitzungen, theils durch den kriegerischen Muth ihrer
Untertlianen. Die S io g u n s aus dem Hause des .1 y k y a s haben sieimmer
mit- der grössten Auszeichnung behandelt und sich ihr zu verschwägern
gesucht; sie empfingen die S a t s u m a bei deren Ankunft in Y e d d o
immer mit besonderen Ehren, und diese pflegten sich Dinge
herauszunehmen, die kein anderer D a im io wagen durfte. — Ueher
die Verbindung des Handelsvorstehers Gisbert Hemmy mit einem
Fürsten dieses Hauses schwebt noch immer tiefes Dunkel; die
ganze Sache scheint »biunekant« abgemacht worden zu sein, aber
eine Art Conspiration kann man mit gutem Grunde vermuthen2I).
Möglich dass die Regierung» durch diese Antecedentien veranlasst,
gegen den jungen Prinzen oder dessen Rathgeber den Argwohn
eines Einverständnisses mit den Fremden hegte, und deshalb ihre
Kundschafter in seinen. Palast schickte. — Der freiere Verkehr der
S a t s u m a mit den Holländern in N a n g a s a k i erklärt sich nur aus ihrer
bevorzugten Stellung, und man kann die Wuth der heissblütigen
Trabanten leicht begreifen, als Herr Richardson und seine Begleiter
ohne Rücksicht an der Sänfte vorbeiritten, die den Vater des
regierenden Fürsten trug. Es war, nach den Landessitten gerechnet,
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eine tödtliche Ehrverletzung, die sogleich blutig gerächt wurde, —
vielleicht sogar auf Befehl des beleidigten Prinzen. Letzteres leugnen
die Japaner; in den betreffenden Schreiben des fürstlichen Beamten
wird sogar die That in den schärfsten Ausdrücken getadelt und
Bestrafung der Mörder versprochen, sobald man sie ergreife, -
zugleich aber das Recht des T a ik ü n in Zweifel gezogen, die Strassen
des Reiches den Fremden frei zu gehen, und dadurch die Landesfürsten
so tödtlichen Kränkungen auszusetzen.
Es sind ganz mittelalterliche Zustände. Bei keinem einzigen
der an Fremden verübten Morde fand eine Beraubung statt; die
meisten entsprangen aus politischen Motiven, nur wenige, wie die
Ermordung Richardsons, aus persönlicher Rache. — Die Ehre
ist nach japanischen Begriffen das höchste Gut des Edelen; jeder
Flecken daran muss mit Blut getilgt werden, sei es mit dem eigenen,
sei es mit dem des Beleidigers. Wenn Fürsten oder hohe Staatsbeamte
mit einander Händel bekommen, so pflegt der Gekränkte
sich auf der Stelle den Leib aufzuschlitzen, worauf sein Widersacher
gehalten ist ein Gleiches zu thun. Titsingh erzählt von zwei
D a im io ’s , deren Säbelscheiden sich hei einer Begegnung im kaiserlichen
Palast zufällig berührten. Der eine macht eine ehrenrührige
Bemerkung über das Schwert des anderen, dieser zieht es entrüstet
aus der Scheide und schlitzt sich den Leib auf; der Gegner folgt
natürlich sofort seinem Beispiel. — Der Trabanten-Adel ist nicht
ganz so zartfühlend; bei ihm gilt der Grundsatz, dass der Beleidiger
und der Beleidigte nicht beide leben können; jener sucht diesen zu
tödten, sei es im Zweikampf, sei es durch Ueberfall und Meuchelmord.
Die kleinsten Händel ziehen solche Rache nach sich, und
wer sie nicht vollstreckt» gilt für ehrlos. Wer aber einen anderen
erschlagen hat, ist selbst dem Gesetze verfallen, und Viele vollziehen,
um der entehrenden Hinrichtung zu entgehen, gleich nach dem
Racheact das H a r a k ir u . In manchen Fällen, hei tödtlichen
Kränkungen, Ermordung von nahen Verwandten, Freunden und
Vorgesetzten, ist die Vergeltung auch straflos, ja heilige Pflicht der
Angehörigen und Untergebenen. So rächt der Freund den Freund,
der Sohn den Vater, der Diener den Herrn oft ungestraft. Das
Verhältniss der Lehnsfürsten und hohen Beamten zu ihren Trabanten
ist ganz patriarchalisch; die S a m r a i - Familien sind mit denen ihrer
Lehnsherren innig verbunden und theilen deren gute und böse
Schicksale. Wird ein Grösser degradirt oder verbannt, so verfaUen