
Werner versuchte noch einige Tage vergebens dagegen anzukreuzen,
entschloss.sich aber endlich, nach H o n g k o n g z u segehi und ging
am 21. September auf der Rhede von Victoria zu Anker. Dort blieb
die Elbe beinah sechs Wochen. Die kaufmännischen Mitglieder der
Expedition benützten diese Zeit um die Waarenproben des Zollvereins
vorzulegen und die Handelsverhältnisse der südchinesischen Häfen
zu erforschen. Als gegen Ende October Lieutenant Werner den
Befehl erhielt, nach N a n g a s a k i z u segeln, schifften die Herren Jakob
und Commercienrath Wolf die Waarenproben aus und begaben sich
damit zur weiteren Verfolgung ihrer Zwecke nach Shanghai. Herr,
Jakob reiste von da später auf einem englischen Dampfer nach
Japan und traf kurz vor Abfahrt des Geschwaders in Y o k u h am a
ein. Der Commercienrath Wolf dagegen setzte auf eigene Hand
seine Reise fort und kam mit der preussischen Expedition in keine
weitere Berührung.
Am 1 November segelte die Elbe von H o n g k o n g ab. Der
Monsun, welcher in den ersten Wochen nach seinem Einsetzen
immer am stifrksten weht, war schon schwächer geworden; man
hatte jedoch gegen hohen Seegang zu kreuzen, bekam erst am
6. November die Südspitze der Insel Formosa in Sicht und gerieth
dann in starke Gegenströmungen. Statt vorwärts zu kommen trieb
das Schiff, welches bei gefüllten Segeln gute Fahrt zu machen schien,
beträchtlich zurück, und befand sich am 9. eine weite Strecke
westlich von dem am 6. November erreichten Puncte. Es ©ge langÖ;
dann unter den Schutz des Landes zu gehen und bis zur Südspitze
hinaufzukreuzen. Dort aber blies der Elbe ein so heftiger Nordost-
“Sturm entgegen, dass der Commandant sich entschloss, in einer
ringsum von hohem Lande geschützten Bucht Anker zu werfen.
Da das Ende des Sturmes abgewaftet werden musste, so
beschloss Lieutenant Werner einen Jagdzug, bemannte die Gig mit
mit sechs Matrosen und liess sich nebst seinen drei Jagdgefährten
an den Strand rudern. Zwei Matrosen mit Zündnadelbüchsen wurden
zur Bewachung des Bootes zurückgelassen, während sich die übrige
Gesellschaft in zwei Abtheilungen nach verschiedenen Seiten auf
den Weg* machte.
Das Sändufer war am Landungsplätze dreissig bis vierzig
Schritt hreit und von dichtem Waldgestrüpp gesäumt. Die Jäger
hatten sich kaum von dem Boote entfernt, als aus dem Gebüsch
ein Schuss und bald darauf hoch mehrere fielen. Ein Matrose schrie,
er sei getroffen, die Kugel prallte aber ohne ihn zu schädigen an
einem Messer ah, das er im Gürtel trug. Während nun zwei von
den Seeleuten den ilefehl erhielten, das Boot in Bereitschaft zu
setzen, zerstreuten sich (lit' übrigen Schützen am Ufer entlang in
einer Tirailleurlinie. Alsbald fiel noch ein Schuss; die Kugel streifte
dem schon Vorher getroffenen Matrosen den Hemdkragen, und man
gab eine volle Salve auf die Stelle wo der Pulverdamjff aus dem
Gebüsche aufstieg. Gleich darauf pfiffen wieder zwei Kugeln zwi-
* sehen den Jägern hin, welche dann ihre Büchsen nochmals auf die
Stellung der Angreifer abschossen. Das feindliche Feuer hörte nun
auf und Lieutenant Werner nahm den Augenblick wahr, um mit
seinen Gefährten das Boot zu besteigen und vom Lande abzustossen.
Kaum waren sie einige hundert Schritte entfernt, als vier Männer
aus dem Gebüsch traten, hohe braunrothe Gestalten mit langem
schwarzem Haar und bis auf einen Schurz um die Hüften n^ckt,
sie trugen Luntenflinten in der ft arid und waren von einem grossen
Hunde begleitet. Der Commandant liess jetzt auf sie Feuer geben;
die Entfernung betrug etwa fünfhundert Schritt, die Schwankungen
des Bootes erschwerten das Zielen, und nur dem Hunde wurde ein
Bein zerschmettert. Drei der Wilden, denen diß Kugeln um die
Ohren gesaust hatten, warfen sich jetzt zur Erde; der vierte dagegen
blieb stehen und wurde das Ziel einer letzten Salve. Er sprang,
als die Schüsse fielen, hoch in die Luft, und stürzte dann anscheinend
leblos zur Erde.
Die Jäger fuhren jetzt an Bord zurück. Da die Elbe
grade mit ihrer Breitseite® nach dem Lande zu lag, so beschloss
Lieutenant Werner hier seine rückständige Schiessübung vorzunehmen
und ersah sich aß Ziel die durch die Bäume schimmernden
Hütten der Eingeborenen. Schon nach dem dritten Kanonenschüsse
zeigte sich eine grosse Menge Menschen, darunter viele Weiber und
Kinder, welche, Kühe und Ochsen treibend und hinter deren Leibern
Deckung suchen^, nach dem höher gelegenen Plateau flüchteten. Sie
mussten eine Strecke weit den ungeschützten Strand passiren, befanden
sich dabei grade in der Schusslinie der Elbe und hätten
durch Kartätschen vollständig aufgerieben werden können. Lieutenant
Werner begnügte sich aber noch einige Vollkugeln in ihr Dorf
zu senden und stellte dami das Feuer ein.
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