
den Acten legte und nie wieder berührte, nachdem das Geld gezahlt
war.
Zugestanden aber die volle Berechtigung der Forderungen
an S a t s u m a , so ist zunächst dessen Schreiben zu untersuchen. Es
beginnt mit der feierlichen Erklärung, dass Mörder mit dem Tode
bestraft werden müssen, sucht mit keinem Worte das Verbrechen
zu beschönigen, — wie man bei den japanischen Begriffen der Ehre
hätte erwarten sollen, — erklärt, dass schon nach den Mördern
geforscht worden, dass man sie auch ferner verfolgen und nach
ihrer Ergreifung in Gegenwart von Engländern hinrichten lassen
werde. Ob dieses Versprechen aufrichtig gemeint war, ob man
der Schuldigen wirklich nicht habhaft werden konnte, würde nur
dann in Betracht kommen, wenn das Gegentheil zu beweisen und
bis zuletzt auf Bestrafung bestanden worden wäre. Nachträglich
begnügte sich der englische Geschäftsträger mit demselben Versprechen
und forschte nicht weiter nach seiner Wahrhaftigkeit. —
Der zweite Theil des Antwortschreibens behandelt die Geldentschädigung,
welche von den Japanern offenbar als Sühne für das
verletzte Vertragsrecht des freien Verkehrs angesehen wurde. Der
Fürst zieht das Recht des T a ik u n in Zweifel, Verträge zu machen,
welche den Landesgesetzen widersprechen, die Strassen der Circu-
lation der Fremden freigeben und die D a im io ’s empfindlichen Ehrenkränkungen
aussetzen; die Frage soll aber in Gegenwart der Fremden
von Beamten S a t s u m a ’s und des T a ü k ü n erörtert, und »nachdem
sie zur Entscheidung gebracht, die Geldentschädigung gezahlt
werden.« Mehr konnte der Fürst ohne Verletzung seiner Lehnspflicht
nicht zugestehen, denn dass der T a ü k ü n ihm jede Unterhandlung,
geschweige Zahlung verboten hatte, erhellt deutlich aus
dem Schreiben und der Aeusserung der Beamten. Die Regierung
von Y e d d o hatte die Uebermittelung der englischen Forderungen
an S a t s u m a anfangs als unverträglich mit ihrer Würde abgelehnt,
dann ganz unbestimmte Aeusserungen darüber gethan. Der letzte
Absatz des Schreibens zeigt, dass sie den Fürsten im Unklaren
gelassen; dieser fordert natürlich Beweise, wenn der Reichsrath
die Engländer anders berichtet hätte. Das konnte bei der gewohnten
Doppelzüngigkeit der Regierungsbeamten durchaus nicht
überraschen.
Der Verfasser hat das Document getreu nach der vom englischen
Geschäftsträger publieirten Uebersetzung wiedergegeben, und
muss es dem Urtheil des Lesers überlassen, ob es eine bestimmte,
geschweige kategorische Ablehnung der Forderungen enthält. Herr
Neale findet Inhalt und Haltung desselben höhnisch und verletzend.
Abgerechnet die japanische Fremdartigkeit des Ausdrucks scheint
es dem Verfasser so eingehend und verständig, als sich mit der
Würde und der Lehnspflieht des Fürsten vertrug. Spricht keine
demüthige Furcht, keine kriechende Nachgiebigkeit daraus, so kann
man die* SATsuMAner, der verderbendrohenden Schlachtreihe des
Feindes gegenüber, dafür nur höher achten. Mangelnde Servihtät für
Insolenz zu nehmen ist Charakterschwäche. Unzweifelhaft bot das
Schreiben Anknüpfungspuncte für weitere Unterhandlungen; wenn
diese nicht zu ehrenvollem Ziele führten, so lag der Fall wenigstens
klar.
Der englische Geschäftsträger gründet seine Rechtfertigung
darauf, dass die Japaner z u e r s t g e s c h o s s e n hätten. — Er beauftragt
den Admiral schriftlich, Gewalt anzuwenden, und dieser nimmt
drei Dampfer fort. Wie wenig man auf solche Antwort vorbereitet
w-ar, beweist der Umstand, dass der erste Schuss nicht g le ich
nach diesem Friedensbruche fiel. Man sandte einen Boten um Verhaftungsbefehle
an den Fürsten15),: der Gewalt mit Gewalt zu vertreiben
gebot. Eröffnet wurden die Feindseligkeiten durch die
Wegführung der Dampfer. Wenn die Engländer als Zeichen ihrer
Friedfertigkeit anführen, dass die Kanonen des Euryalus bei Eröffnung
des Feuers durch die Japaner nicht geladen waren, so
möchte man das als eine sonderbare Verblendung des Befehlshabers
ansehen, welcher dermaassen auf den imposanten Eindruck seines
Geschwaders rechnete, dass er den Gegner ungestraft plündern
zu dürfen glaubte, i n s t a n d die politische Ehre auf dem Spiel, so
wurde sie durch die Wegnahme der Dampfer nicht gewahrt. Ihr
»Prestige« aber |§¡ jenen Ruf unüberwindlicher Furchtbarkeit, den
die Engländer als Mittel der Herrschaft in Asien mit Recht so hoch
halten,ft- retteten sie in diesem Fallé gewiss nicht. So tüchtig die
Nation, so traurig ist zuweilen ihre Vertretung im Auslande.
I5) Nach einer Mittheilung der Gesandten S atsuma’s an den Geschäftsträger.