
Laterne gestand fortgelaufen zu sein,, angeblich um Hülfe zu holen.
Am Morgen fand man unter der Veranda des Hauses eine grosse
Blutlache; dort hatte der verwundete Mörder sich also geborgen.
Man verfolgte die Blutspur eine Strecke durch den Garten, wurde
aher bald alles Suchens überhoben: einTrabant des Fürsten M a t s d a i r a
T a m b a - n o - k a m i , welchem mit mehreren anderen D a im i o ’s die Bewachung
der Gesandtschaft oblag, hatte ehen H a r a k i r u begangen,
nachdem er sich der That vor den Seinen gerühmt.
Hier hatte man es also nicht mit Banditen zu thun, sondern
mit einem Fanatiker reinsten Wassers. Der glühende Fremdenhass,
der ihn trieb, leht sicher in einem grossen Theile der vom altjapanischen
Feudalismus zehrenden S a m r a i niederen Grades, mit welchen
es auch dann nicht an Confücten fehlen kann, Wenn die Machthaber
das Land dem freiesten Verkehr der Fremden aus Ueberzeugung
erschlossen haben werden. — Als den Tag nach der That Herr
Neale die Leiche des Mörders zu sehen wünschte, gaben dessen
Gefährten nach einigem Zögern die Erlaubniss mit dem drohenden
Bedeuten, dass sie, von ihnen bewacht, im Tempel ausgestellt sein
würde. Der Geschäftsträger unterliess es unter diesen Umständen
Heber und hörte nachher, dass die Trabanten das ganz.e Personal
der Gesandtschaft hätten niederhauen wollen, wenn eine un-
geweihte Hand ihren Cameraden berührte. Das waren die Schutzwächter!
Im September wurde abermals ein Mord durch D a im i o - Trabanten
verübt. Drei engHsche Kaufleute von Y o k u h a m a und eine
Dame ritten auf dem T o k a i d o spazieren und begegneten dort dem
Zuo-e des nach Y e d d o reisenden S im a d s o S a.b ü r o , Vaters des regierenden
Fürsten von S a t s u m a . Ueher den Hergang herrscht nicht
völhge Klarheit. Die Trabanten sollen den Fremden gewankt haben
umzukehren, die Engländer aber ihren Weg verfolgt und auf eine
zweite Aufforderung nur still gehalten haben, um den Zug passiren
zu lassen. Da wären die Trabanten mit wüthenden Streichen auf
sie eingedrungen. Die Dame entfloh im Galopp und brachte die
Nachricht dem Consul Vyse, der sich mit seiner enghschen Schutzwache
sogleich an Ort und Stelle begab. Er fand den entseelten
Körper des Herrn Kichardson im Felde liegen, den Kopf vom Rumpfe
getrennt, die beiden anderen Herren schwer verwundet am Wege.
Diese sind später genesen. Sie behaupten, dass S im a d s o selbst
den Befehl zur Niedermetzelung gegeben hätte, was sich niemals
ermitteln lassen wird; denn im Zuge eines so grossen Herrn werden
immer mehrere seiner Beamten in Sänften getragen, und wenn die
Engländer sahen, dass der Wink von einer solchen ausging, woran
erkannten sie. den Fürsten, den sie niemals gesehen? - Die Aufregung
der Ansiedler in Y o k d h a m a war so gross, dass sie augen-
bhckhche Rache verlangten und zu Admiral Kuper, dessen Flaggschiff
Euryalus grade auf der Rhede lag, eine Deputation mit dem
Gesuche schiekten, den S i m a d s o , welcher mit seinem Gefolge für
die Nacht in K a v a s a k i eingekehrt war, durch seine Mannschaft
überfallen und aufheben zu lassen. Der Geschäftsträger legte
dagegen Verwahrung ein und verbat sich zur grossen Entrüstung
seiner Schützbefohlenen jede Gewaltthat. S im a d s o erhielt von den
Absichten der Ansiedler auch Nachricht und brach noch um acht
Uhr Abends nach Y e d d o auf.
Hier war also ein Fall, wo die Regierung sich nicht mit
Unkenntniss d e r Mörder entschuldigen konnte. Sie behauptete jedoch,
vom enghschen Geschäftsträger zu deren Bestrafung aufgefordert,
dass S im a d s o sich schon wieder von Y e d d o entfernt habe und die
nachträghche Entdeckung der Thäter schwierig sei; der Fürst von
S a t s u m a würde sich jeder Untersuchung mit Gewalt widersetzen.
Sie fürchtete offenbar es mit einem so mächtigen Herrn zu verderben,
und zog vor ihre Schwäche zu gestehen, auf die Gefahr sich
der Rache der Fremden auszusetzen.
Die nachträghche Aufzählung der auf Ausländer m Japan
gerichteten Mordanfälle erfüllt mit Schauder über die Masse des im
Laufe weniger Jahre dort geübten Verbrechens. Bedenkt man aber,
dass zwischen den einzelnen Attentaten immer mehrere Monate
hegen, lange Fristen in der lebendigen Gegenwart, so ist die Sorglosigkeit
leicht zu begreifen, mit der die Fremden, die Gefahr immer
wieder vergessend, sich täghch blossstellten. Die Abschlachtung der
beiden enghschen Schildwachen durch e in e n entschlossenen Mörder
beweist deuthch genug, dass auch die äusserste Wachsamkeit gegen
solche keinen Schutz bietet, und wer möchte im frischen, thätigen
Leben stündhch und unablässig auf seiner Hut sein? Dazu gehört
eine Concentrirung der Aufmerksamkeit auf einen Punct, welche
die Lebenskraft ermüdet, eine b e s tä n d ig e Anspannung, wie sie
im Kriege vom Wachtposten nur auf wenige Stunden verlangt
wird. Das Lehen ist nicht des Lebens werth, das man jede Minute
bewachen muss; die es versuchen, werden beim Mangel neuer Reizung