
Handel von N a n g a s a k i und Y o k ü h a m a garnicht betheiligt, hat
H a k o d a d e zum Mittelpunct seiner Beziehungen zu Japan gemacht,
die bis jetzt wesentlich politischer Natur sind. Die Regierung des
Czaaren sichert sich durch fortschreitende Gränzerweiterung nach
Süden auf dem Continent und achtunggebietende Geschwader in
den japanischen Meeren eine Machtstellung, deren Wachsen die
englischen Behörden lebhaft beunruhigt. Die dafür gebrachten
Opfer stehen kaum im Verhältniss zu der jetzigen Bedeutung der
russischen Culturgebiete im östlichen Asien, werden aber die weise
Fürsorge in Zukunft sicher lohnen. Das Aufblühen dieser Landstriche
liegt vielleicht noch in weiter Ferne, kann aber bei hinreichend
angewachsener Bevölkerung kaum ausbleihen. — Als Ausfuhrartikel
scheint bis jetzt in H a k o d a d e nur Brenn- und Bauholz
wichtig zu sein, an welchem das nördliche China Mangel leidet.
Ein unternehmender Engländer hat dort in neuester Zeit Dampf-
Sägemühlen angelegt, wo besonders Eichen, Buchen und vielerlei
Nadelhölzer verarbeitet werden. Der Holzreichthum der Insel scheint
unerschöpflich. — Es gibt dort ergiebige Bergwerke, die aber nur
spärlich gebaut werden; man sagt, die japanische Regierung verwahre
sie für künftige Jahrhunderte. — Die Einfuhr der Fremden
ist gerin0’. Man hatte sich bei der nördlichen Lage von Y e s o dort
einigen Absatz für Wollenstoffe versprochen, aber die japanische
Bevölkerung ist sehr dünn gesät, und die eingeborenen AiWs stehen
für solches Bedürfniss noch auf zu niedriger Stufe der Cultur und
Wohlhabenheit.
Auch N a n g a s a k i hat den Erwartungen nicht völlig entsprochen;
es hegt zu weit von den Thee- und Seidendistrieten, um
in diesen Hauptartikeln mit Y o k o h a m a concurriren zu können, ist
jedoch wichtig für die Ausfuhr von vegetabilischem Wachs, Kampher
Rübsaat, Porcelan, und als Kohlenstation.
Von den Umständen und Ereignissen, welche die Erschliessung
von Y o k ü h a m a begleiteten, ist schon im I. Bande (S. 273) gehandelt
worden. Nach diesem Hafen strömte vorzugsweise, neben den
Agenten der westländischen Häuser in China, die grosse Schaar
jener Abentheurer, welche alle neuen Verkehrsplätze in der Hoffnung
überschwemmen, durch vorgreifende Beschlagnahme jeglichen Vor-
theils ohne Mühe und Mittel Reichthümer zu erwerben. Für die
achtbare Classe der Kaufleute, war die Invasion dierer Glücksritter
ein ¿rosses Unglück, denn ihrer Rohheit und Insolenz O O 7 ist vorzüglich
die schlimme Gestaltung des Verhältnisses zu den einheimischen
Behörden zuzuschreiben. Die Manie der Goldausfuhr ergriff wohl
die meisten Ankömmlinge, doch verwendeten auch schon damals
die Agenten der grösseren Firmen einen Theil ihres Silbers auf den
Ankauf von Producten und machten damit glänzende Geschäfte.
Der Markt bot Kampher, Kupfer, Seide, Thee, Oel, Wachs u. s. w.,
ferner getrocknete Fische, Muscheln, Pilze, Seetang und andere
»Chow-chow-Artikel«2) für die chinesische Consumtion zu lächerlichen
Preisen; die Anfuhr blieb weit hinter der Nachfrage zurück.
Anders war es mit der Einfuhr der Fremden, welche anfänglich
gar keinen Absatz fand.
Als nun die japanische Regierung die Umwechselung der
fremden Geldmünzen, welche nach den Verträgen ein ganzes Jahr
dauern sollte,"im November 1859 plötzlich ganz einstellte, kam eine
grosse Veränderung über den Handelsverkehr. Der Werth des
mexicanischen Dollars, der gewöhnlichen Verkehrsmünze der F'rem-
den in allen ostasiatischen Ländern, sank um 30 Procent. Die
Ausländer konnten in Folge dessen den japanischen Händlern die
alten Preise nicht mehr bewilligen; diese fingen dagegen an ausländische
Waare einzukaufen, um nicht an ihren Dollars, deren sie
grosse Massen in Händen hatten, beim Umtausch gegen die Landesmünze
30 Procent einzuhüssen. So entwickelte sich plötzlich
ein lebhafter Einfuhrhandel. Die Fremden setzten in Kurzem nicht
nur ihre mitgebrachten Vorräthe, sondern auch grosse in China
aufeehäufte, dort unverkäufliche Posten mit erheblichem Vortheil
ab und verschrieben neue Sendungen aus Europa. So bahnte jene
vielgeschmähte Maassregel der Regierung . dem Einfuhrhandel den
Weg; die Landesbewohner lernten die fremden Erzeugnisse, namentlich
Baumwollenstoffe, kennen und schätzen, und der Verkauf ging
geraume Zeit lang glänzend, — stockte aber Anfang 1861 plötzlich
ganz. Die japanischen Händler leugneten nicht, dass sie an ihren
Einkäufen guten Vortheil gehabt und dass es an Nachfrage nicht
fehle, wollten sich aber auf kein weiteres Geschäft einlassen. Die
Fremden setzten vergebens ihre Preise herab und konnten trotzdem
viele sonst gesuchte Artikel garnicht mehr, andere nur mit Schaden
verkaufen. Der Grund blieb lange ein Räthsel. Die Einfuhr
belief sich während des Jahres 1860 nach amtlichen Angaben auf
2) Der im chinesischen Handel übliche Ausdruck für die Esswaaren der Eingeborenen.
(Chow- chow = Essen im chinesischen «Pidschen« — Englisch.)
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