
genesen. — Jetzt scheint die Bande sich in drei Rotten getheilt zu
haben: die eine schlug das Thor des Vorhofes ein und zertrümmerte
die Schiebethüren des Haupteinganges, bekam aber dabei die alar-
mirten Wachen auf den Hals. Der zweite Trupp gelangte, die rechts
gelegenen Ställe umgehend, nach der Hinterseite des Wohngebäudes;
der dritte drang in den Tempel, verwundete dort einen Priester
und brach, die leichten Schiebewände einstossend, an zwei Stellen
in die Wohnräume der Engländer ein. Ein chinesischer Diener des
Consul Morrison, der in diesem Theil des Hauses schlief, sah einen
Mann im Panzerhemde und schwarzer Maske eindringen, stahl sich
unbemerkt fort und weckte schnell seinen Herrn, dem er zugleich
den Säbel und Revolver reichte. Herr Oliphant, der in einem Anbau
wohnte, bewaffnete sich, von dem Lärmen draussen geweckt, in der
Meinung es sei eine Schlägerei des Gesindes, mit einer schweren
Hetzpeitsche und rannte den Gang hinunter, auf den sich die Zimmer
des Consul Morrison und des Attache Rüssel öffnen, weckte
letzteren und stiess, seinen Weg fortsetzend, auf mehrere Banditen.
Er sah einen derselben mit dem zweihändigen Schwerte einen Hieb
nach seinem Kopfe führen, wich aber aus und retirirte, die Streiche
mit seiner Hetzpeitsche nach Möglichkeit parirend, in Herrn Russel’s
Zimmer; Consul Morrison aber stürzte die Schiebethüren des daneben
liegenden Raumes um, feuerte zwei Revolver-Schüsse in den dun-
kelen Knäuel und entkam dann, der Localität kundig, mit seinen
beid:en Genossen nach Herrn Alcoek’s Zimmer; die Angreifer verloren
ihre Spur. Die wuchtigen Schwertstreiche waren im Dunkel
der. Nacht meist von den niedrigen Querbalken der Schiebethüren
aufgefangen worden,. die man am folgenden Tage ganz zerhackt
fand; sonst kamen die Betroffenen schwerlich mit dem Leben davon.
Herr Oliphant erhielt, wie gesagt, schwere Wunden im Arm und im
Nacken und Consul Morrison eine Schramme auf der Stirn.
Im Schwertkampf mit den YAKursmen waren zwei der LoNme
bis zur Unkenntlichkeit der menschlichen Gestalt in Stücke gehauen,
ein dritter schwer verwundet gefangen worden; alle übrigen entkamen
im Schutze der Nacht und des Waldesdickichts hinter dem
Tempel. Bei den Gebliebenen und dem Gefangenen fand man gleichlautende
Schriftstücke, mij vierzehn Namen unterzeichnet; dies muss
also die Zahl der Bande gewesen sein. Von dreien,, die am folgenden
Morgen in S i n a g a v a aufgespürt wurden, hatten zwei eben das
H a r a k i r i ; vollzogen, als die Häscher sie fanden; der dritte, der sich
ungeschickt aufschlitzte, fiel lebend in deren Hände. Nachher sollen
noch zw^i entdeckt worden- sein, die sich gleichfalls entleibt hatten.
Zwei verwundete LoNiNe wurden bald darauf in einem Dorfe bei
K a n a g a v a gesehen, entkamen jedoch. — Von der Gesandtschaftswache
bheb ein Leibgardist des T a i k ü n auf dem Platze; ein zweiter
und ein D a im io - Soldat wurden schwer, sieben Leibgardisten und
zwei DAimo-Soldaten leicht verwundet. Im Ganzen belief sich die
Zahl der in To - d z e n - d z i Getödteten und. Blessirten, Europäer
und japanische Dienstleute mitgerechnet, auf dreiundzwanzig.
Die bei den LöNmen gefundene Schrift war in einem für ge-,
bildete Japaner kaum verständlichen Gebirgsdialect abgefasst und
lautete ungefähr so:
Obwohl von geringer Herkunft kann ich doch nicht geduldig
Zusehen, wie das heilige Reich von den Fremden
beschimpft wird. Ich will, obgleich so niedriger Geburt,
eine Waffenthat vollbringen, welche die Tapferkeit meiner
Landsleute weithin berühmt machen soll. Die Unternehmung
ist schwer für einen Geringen; aber mit Muth und
Vertrauen kann auch der Geringe sie ausführen. Das
Gelingen meines Anschlages würde mir zu hohem Ruhme
gereichen, wenn ich dadurch die Gemüther des M ik a d o
und des T a i k ü n (oder die Manen der Erbkaiser und des
G o n g e n - s a m a 8) nur etwas beruhigen könnte. Ich achte
nicht mein Leben und bin entschlossen es zu opfern.
Im Original sind Ausdruck undFügung schwülstig, pleonastisch,
unklar, und «lassen auf den niedrigsten Bildungsgrad des Verfassers
sehliessen. Die vier auf Herrn Alcock’s Veranlassung durch Verschiedene
davon gemachten Uebersetzungen stimmen nicht genau
überein; aus einer derselben scheint hervorzugehen, dass die Verschworenen
den Willen ihres Gebieters erfüllten. Die Regierungsbeamten
behaupteten, dass sie zur niedrigsten Classe gesetzloser
Banditen gehörten, doch lässt der Inhalt jenes Zettels eher auf verkommene
S a m r a ü sehliessen, welche aus Verzweiflung und fanatischem
Patriotismus mordeten. Der Gefangene stiess, obgleich verwundet
und gebunden, in Gegenwart der Engländer die grässlichsten
Verwünschungen gegen die Fremden aus und schäumte vor
Wuth über den misslungenen Anseldag.
8) De? göttliche Titel des J yeyas als K ami nach seinem Tode.
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