
Wohnung geschafft wurde. Bei Entleerung des Kastens fand sich
alles Uebrige in Richtigkeit, das Manuscript aber, welches den Ja panern
der beigefügten Wappen wegen aufgefallen sein mag, war
verschwunden und ist trotz allen Reclamationen nicht wieder, zum
Vorschein gekommen.
Am 18. fand das Begräbniss statt. Die Herren Dr. Lucius
und Heine waren seit dem 16. bei Herrn Harris wohnen geblieben
um ihm bei den Vorbereitungen beizustehen; Herr von Richthofen
und der Verfasser begaben sich am 18. Morgens zu Euss nach dem
Trauerhause. Die Strassen waren ungewöhnlich belebt;-wir begeg-
neten vielem Gesindel und ganzen Trupps von zweisehwertigen
Samrai, die uns mit grinsenden Blicken musterten. Vor der Legation
wimmelte es von Menschen, die nur zögernd und widerwillig aus
dem Wege gingen; man hörte Spottlaute und rohes Gelächter. Wir
hatten ein ähnliches Publicum auf den Strassen von Y e d d o nie.
gesehen, es war als ob der ganze Auswurf der fremdenfeindlichen
Trabanten, darunter vielleicht Verschworene und die Mörder
selbst, sich zusammengerottet hätten, um die Leidtragenden zu
höhnen.
Wir waren gegen zwölf bei Herrn Harris versammelt, als
die fünf B u n y o ’s des Auswärtigen, welche dem Begräbniss als Vertreter
der Regierung beiwohnen sollten, mit sehr bedenklichen Gesichtern
erschienen. Sie eröflheten dem Minister-Residenten, dass
sichere Kunde von einem beabsichtigten Angriff der Verschworenen
auf den Leichenzug eingelaufen sei, dass sie ilm deshalb ersuchten,
den Sarg in aller Stille und ohne jede Begleitung beisetzen zu lassen;
die Regierung habe zwar Maassregeln zum Schutze des Zuges getroffen,
könne aber für nichts einstehen und bitte , die Gesandten
und deren Begleiter dringend, in ihren Wohnungen zu bleiben. Herr
Harris erwiderte ohne Besinnen mit nachdrücklichem Ernst, dass er
und seine Collegen sich durch nichts von der Liebespflicht abhalten
lassen würden, die Leiche des ermordeten Ereundes zu geleiten;
man werde suchen sich selbst zu schützen, wenn die' japanische
Regierung dazu nicht die Macht und den guten Willen habe. Er
beauftragte 'zugleich Herrn Heine den Grafen Eulenburg von der
Laee der Dinse zu unterrichten, und Jener bat den Verfasser statt
seiner nach A k a b a n e zu reiten. Das Gesindel stand jetzt in dichten
Haufen auf den Strassen, schien oft dem Boten den Weg verlegen
zu wollen und verfolgte ihn mit gellendem Hohngeschrei.
In A k a b a n e hatten sich unterdessen die zum Leichenbegängniss
commandirten Mannschaften, zwanzig Seesoldaten, zwanzig Matrosen
und das Musikcorps, ferner Capitän Jachmann mit vielen Officieren,
Beamten und Cadetten der beiden Kriegsschiffe eingefunden, welche
dem Verstorbenen die letzte Ehre erweisen wollten. Capitän Sundewall
blieb wegen Unwohlsein an Bord. Das Detachement wurde
auf die Nachricht der drohenden Gefahr noch durch zehn Mann
von unserer Wache verstärkt und erhielt den Befehl, scharf zu
laden. Der Gesandte und seine Begleiter bewaffneten sich mit Säbeln
und Revolvern und marschirten mit der Escorte zu Fuss in geschlossenem
Zuge nach dem amerikanischen Tempel, wo unterdessen
auch die Mitglieder der übrigen Legationen und die aus K a n a g a v a herübergekommenen
Consuln eingetroffen waren. Der Leichenzug wurde
auf dem Hofej geordnet und setzte sich um halb zwei in Bewegung:
voraus die fünf B ü n y o ’s z u Pferde, im K am is im o , - I dem geflügelten
Staatskleide,' — gefolgt von ihren Insignien und Kofferträgem; dann
das Musikcorps von Seiner Majestät Schiff Arkona; die holländische
Flagge, rechts davon die Flaggen von Amerika und England, links
die von Preussen und Frankreich, von preussischen Matrosen getragen
und escortirt, dann ein Detachement preussischer und ein
Detachement holländischer Seesoldaten von der Kriegsbrig Cachelot,
welche den General - Consul Herrn De Witt aus K a n a g a v a herübergeführt
hatte; Abbe Girard und Doctor Lucius, welche dem Verstorbenen
in den letzten Augenblicken beigestanden hatten; der Sarg,
bedeckt von der amerikanischen Flagge, getragen von Dienern des
Herrn Harris, umgeben von holländischen Seesoldaten; die Herren
Harris und De Witt mit den Dienern des Verstorbenen; die Gesandten
von Preussen, England und Frankreich, Capitän Jachmann, die
fremden Consuln, die sämmtlichen Mitglieder und Angehörigen der
Legationen in Y e d d o , die preussischen und holländischen Seeofficiere.
Ein Detachement preussischer Seeleute schloss den Zug, der von
einer Chaine preussischer und holländischer Marinesoldaten cotoyirt
und von vielen YAKUNiNen zu Fuss und zu Pferde in ungeordneter
Reihe begleitet wurde. Von Vorsichtsmaassregeln der Regierung
war keine Spur zu bemerken.
Der Weg führt von der amerikanischen Gesandtschaft zunächst
durch enge Gassen, dann an dem früher erwähnten Flüsschen entlang,
das’die südwestlichen Vorstädte durchsfrömt. Sein Ufer ist hoch,
die ebene Strasse etwa fünfzehn Schritt breit und rechts, auf der