
Yokuhama bezwecke keinen Bruch mit der Regierung, • sondern
solle ihr nur Zeit geben, dem unleidlichen Zustande ein Ende zu
machen, damit die Diplomaten sich künftig ohne Lebensgefahr in
Y e d d o aufhalten könnten. Graf Eulenburg machte, auf einen Krieg
mit dem Auslande hindeutend, der Regierung die traurigen Folgen
bemerkbar, welche ihr Beharren in der bisherigen Thatenlosigkeit
haben würde, und mahnte sie dringend zur Vorsicht.
Herr Alcock und Herr von Bellecourt schifften sich am 26.
fnit ihrem Personal auf dem Encounter nach Y o k u h a m a ein, wohin
der niederländische General -Consul sich schon einiOg e TaÖge zuvor
begeben hatte. Der französische Geschäftsträger wurde von den
preussischen Seesoldaten bis an den Landungsplatz geleitet und
drückte in einem Schreiben an den Commandeur des Detachements
seine dankbare Zufriedenheit mit deren Führung und Wachsamkeit
aus. — Die in K a n a g a v a angesiedelten Consuln zogen sich bis auf
den amerikanischen jetzt ebenfalls nach Y o k u h a m a zurück, und so
hatte die fremdenfeindliche Parthei durch Heuskens Ermordung, —
wenn sie nicht etwa von gewöhnlichen Banditen ausging, — dasjenige
zu Wege gebracht, was die Regierung seit lange vergebens
anstrebte. Der englische Gesandte miethete das YoKUHAMA-Hotel und
Hess sich dort durch eine Abtheilung Marine - Soldaten bewachen.
Herr De Witt hatte seine Geschäfte in der Hauptstadt beendet
und kehrte nach Nangasaki , seinem bleibenden Wohnsitz
zurück: die beiden anderen Diplomaten erkannten bald, dass sie sich in
eine schwierige Lage versetzt hatten. Die Regierung nahm von ihrer
Entfernung durchaus keine Notiz und beantwortete ihre auf die Situation
bezügliche Note erst nach langem Zögern und mehrfachen Mahnungen
in wenig befriedigender Weise. Die Minister, hiess es, bedauerten
tief das unverantwortliche Benehmen der Yaki niac bei Heuskens
Ermordung und seien von der Nothwendigkeit durchdrungen, für
die Sicherheit der Fremden zu sorgen; doch gehöre viel Zeit und
Ueberlegung dazu, die geeigneten Maassregeln ausfindig zu machen
und in’s Werk zu setzen. Von einem Wunsche, die Gesandten
nach der Hauptstadt zurückkehren zu sehen, war keine Rede. Herr
Alcock aber w ü n s c h te zurückzukehren und musste sich nun einer
Kriegslist bedienen. Er zeigte den Ministem seine Absicht an eine
Rundreise im Lande zu machen, — wozu ihn der Vertrag berechtigte,
— die bedeutendsten Häfen zu besuchen und sich durch
eigene Anschauung über die Stimmung des Volkes zu belehren.
Eine solche Reise musste der Regierung im höchsten Grade unerwünscht
sein, und schon zwei Tage nach Absendung jenes
Schreibens stellte sich ein Bevollmächtigter des G o r o d z io in
Y o k u h a m a ein, um über die Rückkehr der Gesandten zu unterhandeln.
Diese stellten als Bedingung eine förmliche Einladjing nach
der Hauptstadt von Seiten des Taí'kün , feierlichen Empfang am
Landungsplätze und Salutirung ihrer Flaggen durch Kanonensalven.
Zu dem letztgenannten Punct verstanden sich die Japaner am schwersten,
und es ist wohl ein berechtigter Stolz, wenn sich eine Nation
sträubt in irgend einem Puncte die S itte n und G e b rä u c h e einer
anderen anzunehmen. Das Salutschiessen ist aber gegen das japanische
Éerkommen; sie pflegen solche Höflichkeit nach ih r e r Gewohnheit
durch Entsendung eines Beamten in Gala an Bord des
salutirenden Schiffes zu erwidern. Niemand denkt daran von einem
Orientalen das Abnehmen der Kopfbedeckung beim Grusse zu fordern
, und man kann das Salutschiessen mit keinem besseren Rechte
verlangen. — Die Minister fügten sich, von der unliebsamen Reise
des englischen Gesandten bedroht, nach langem Sträuben auch dieser
Forderung, richteten es aber so ein, dass schon vom frühen Morgen
an auf allen Festungswerken Schiessübungen gehalten wurden, so
dass der Salut in der allgemeinen Kanonade verhallte. — Herr
Alcock und Herr von Bellecourt trafen also am 2. März mit den
Kriegsschiffen Encounter und Pioneer vor Y e d d o wieder ein, landeten
unter grossem Geschützdonner, und begaben sich, von einigen
B u n y o ’s empfangen, nach ihren Tempeln.
Der Gedanke der Uebersiedelung war durch die Umstände
vollkommen gerechtfertigt; die beständige Gefahr des Meuchelmordes
entnervt auch den Kaltblütigsten, solcher Zustand ist auf
die Länge unerträglich. Den bezweckten'Erfolg, der grösseren
Sicherheit für die Zukunft hatte die Maassregel aber nicht, wie die
Ereignisse deutlich bewiesen haben. Grade die englische Gesandtschaft
wurde schon im Juli desselben Jahres Gegenstand eines mörderischen
Ueberfalles, mit grösserem Aufwand von Kräften vollführt
als alle früheren Attentate. Nach d ie sem Angriff blieb Herr Alcock
noch eine Zeit lang in Y e d d o wohnen, obgleich die Aussicht der
Gefahr viel drohender war, als nach Heuskens Tode; und aus seinen
eigenen Geständnissen geht hervor, däss er sein Verharren in der
Hauptstadt j e t z t für politisch uothwendig hielt. Vielleicht hätten
die Beziehungen der Fremden zu Japan in den nächsten Jahren eme