
die Gruft gesenkt. — In frülieren Zeiten soll es üblich gewesen
sein die Todten zu verbrennen. Nach älterem Smrg-Brauch wurde
die Leiche im Sarge auf dem Begräbnissplatz unter einfachem Strohdach
von den trauernden Verwandten so lange bewacht, bis das
Grabmal nach Stand und Würde fertig war und die feierliche Beisetzung
erfolgen konnte. Man gab dem Verstorbenen seine Rüstung,
Waffen und Kostbarkeiten mit in die Gruft.
Bitt- und Bussfeste werden gefeiert an den Jahrestagen der
Sterbefälle und anderer Familienereignisse, oder auf Anordnung der
Obrigkeit bei wichtigen Staatsbegebenheiten.
Fast sämmtliche japanische Feste und Festgebräuche stammen
aus dem S in t o - Cultus; nur wenige sind rein buddistischen Ursprungs.
Die Lehren des Confucius und S ia x a sollen auf die Gestaltung der
Volksfeste einen wesentlichen Einfluss geübt haben, doch tragen
auch diese zu bezeichnende Merkmale des alten K a m i -Dienstes, um
diesem Cultus nicht zugeeignet zu b l e i b e n .D i e Reisenden der
preussischen Expedition waren selbstverständlich bei ihrem kurzen
Aufenthalt und ihrer Unkenntniss der Landessprache nicht in der
Lage, viel neue und zuverlässige Aufschlüsse über das Verhältniss
des K a m i-Dienstes zum Buddismus zu gewinnen, doch möge dem
Verfasser gestattet sein, hier die durch eigene Beobachtung erläuterten
irüehte seiner Bücherstudien über diesen Gegenstand in kurzem
mitzutheilen.
Der Buddismus ist seit Verbannung des Christenthumes erklärte
Staatsreligion, zu der sich, wenigstens äusserlich, alle Japaner
bekennen müssen. Als Graf Eulenburg die mit ihm verkehrenden
B u n y o s nach ihrem Bekenntniss fragte, antworteten sie ausweichend,
dass sie »als Buddisten begraben würden«. Sie gehörten unzweifelhaft,
wie die gebildeten Stände fast durchweg, der philosophischen
Secte S y u t o an, deren Lehren sich auf die schon im Anfänge unserer
Zeitrechnung m Japan eingeführten Schriften des Confucius gründen
und nicht eigentlich eine Religion zu nennen sind. Ihnen gilt die
Ausbildung des sittlichen Principes 'im Menschen als das Höchste;
die Frage-nach dem g e i s tig e n W e s e n der Gottheit, welche Confucius
selbst hartnäckig von sich abgewiesen zu haben scheint, bleibt
unerledigt. Das Körperliche, Unvollkommene, Vergängliche, steht
im Gegensatz zu dem Geistigen, Vollkommenen, Ewigen, dessen
Keim in jeden Menschen gelegt ist, mit der Pflicht, ihn aus eigener
Kraft zu nähren und auszubilden. Staat und Familie sind unmittelbare
Ausflüsse und Repräsentanten des ewigen Princips, eingesetzt und
berufen die Ausbildung des Geistig-Sittlichen im Ganzen und Einzelnen
zu leiten, zu fördern. Symbol des Scheinbaren, Endlichen
ist die Erde, Symbol der Ewigkeit und Wahrheit der Himmel. Die
Wahrheit wird im Bewusstsein jedes Menschen geboren; er ist
bestimmt, ihr durch eigene Wahl anzugehören, mit dem Ewigen
eins zu werden. Das sind die Grundlagen der Confucius-Lehre,
über deren weitere Aus- und Umbildung in der S y u t o -Secte der
Verfasser keine Auskunft zu geben vermag. Ihre Auffassung erheischt
offenbar einen höheren Bildungsgrad, als bei der Menge des japanischen
Volkes zu finden ist.
Fragt man den Japaner über die Verbreitung des Buddismus
und des K a m i-Dienstes, so heisst es, »auf hundert Buddisten sei
kaum ein einziger Bekenner der S i n t o -Lehre zu rechnen«. Das
ist aber nur von den Anhängern des r e in e n S i n t o -Cultus zu verstehen,
dessen Vorschriften allen Bilderdienst und den Besuch der
Budda-Tempel streng verbieten. Ihnen scheint die Secte I k o s y o
schroff gegenüber zu stehen, welche die reine Lehre des B u d d a -
A m id a ausgebildet hat und jeden anderen Cultus verdammt. Dagegen
sollen die Anschauungen und Gebräuche aller übrigen Budda-Secten
sich mehr oder weniger denen des alt-nationalen K a m i -Dienstes
angepasst und verschmolzen haben, und so kann man noch heut
mit vollem Rechte sagen, dass die S in t o -Religion durch das ganze
Volk verbreitet ist. Die Secte der R i o b u - S i n t o , in welcher Gebräuche
und Lehren des Buddismus und des KAMi-Dienstes auf das
innigste verschmolzen zu sein scheinen, gilt für eine der zahlreichsten.
Die ersten Verkünder des Buddismus in Japan haben ihre Lehre
gradezu auf den K a m i -Dienst gepfropft; Wunder, Götter - und
Geistererscheinungen waren in jenem Zeitalter an der Tagesordnung;
die im S i n t o -Cultus hochverehrten göttlichen Ahnen kamen bald
hier bald dort unter der Hülle indischer Gottheiten in buddistischen
Tempeln zum Vorschein, während indische Götter und Propheten,
in Japan wiedergeboren, in den Personen lebender Regenten, grösser
Männer und Helden auftraten. Buddistische Mönche gaben vor,
den japanischen Sonnengott in China in der Gestalt eines indischen
.Heiligen angetroffen zu haben, wo er erschienen sei um
feindliche Anschläge gegen sein Schutzland abzuwenden; sie brachten
das Götzenbild sogar herüber und erhielten einen Tempel
dafür. Diese Beispiele zeigen deutlich, dass der Buddismus