
schon nach wenigen Tagen ermatten, und die Abspannung macht
beim Gesunden bald der natürlichen Lebensfrische Platz.
Wurde nach Richardson’s Ermordung über ein Jalir lang
kein Attentat auf Fremde verübt, so lag der Grund wohl vorzüglich
in ihrer engeren Einschliessung in Yo k u h a m a und dem Kriegszustände,
welcher jetzt folgte. Die Symptome der inneren Gährung mehrten
sich in bedenklicher Weise. Schon im Spätherbst 1862 gelangten
• vielfach beunruhigende Gerüchte nach der Niederlassung: die mächtigsten
D a im i o ’s hätten den T a i k ü n bei dem M i k a d o verklagt die
Heiligkeit des Landes und die Gesetze seiner Vorfahren verletzt zu
haben; Dieser hätte jenen vor seinen Thron gefordert. Die nunmehr
vollzogene Heirath des T a i k ü n mit der Schwester des M i k a d o ,
welche eine nachträgliche Anerkennung seiner Politik sein sollte,
hatte den Zwiespalt also nicht ausgefüllt; die Lehnsfürsten
kehrten sich wenig daran und wurden immer lauter. Man verkaufte
in den europäischen Strassen von Y o k u h a m a aufrührerische Flugschriften,
als deren Verfasser M o r i D a i s e n - n o - d a i b u , Fürst von
N a n g a t o , genannt wurde, der in der späteren Entwickelung eine
Hauptrolle spielte. »Weder der M i k a d o « , hiess es darin, »noch der
T a i k ü n sind auf richtigem Wege. Es gibt nur ein Mittelschwingt die
Fahne von Japan über die aller anderen Länder und jagt die fremden
Barbaren mit eiserner Ruthe aus dem Lande.« Der Zweck
dieser Schrift war zum Kriege zu reizen. Dass die Behörden von
Y o k o h a m a , deren Controle sie sicher nicht entging, die Feilbietung
in der Niederlassung duldeten, lässt sich entweder aus dem Wunsch
der Regierung erklären, die Fremden einzuschüchtern und zu entfernen,
oder aus einem Uebergewicht der Parthei im Reichsrath,
welche im Geheimen den Krieg heraufzubeschwören wünschte.
Gegen Ende des Jahres, bald nach dem Eintreifen des preussi-
schen Consuls von Brandt in Y o k o h a m a zeigte die Obrigkeit den
fremden Diplomaten an, dass sich zahlreiche L o n in - Bänden in der
Umgegend sammelten und die Niederlassung anzugreifen gedächten.
Die im Hafen liegenden englischen und französischen Kriegsschiffe
landeten zu deren Schutz zahlreiche Mannschaften. Dem Volke
war eine andere Version geläufig: einige D a im i o ’s wollten, unzufrieden
über die Ausschliessung ihrer Producte vom Markte von Y o k o h
a m a , das dortige Zollhaus niederbrennen, und die Regierung machte
daraus eine Feindseligkeit gegen die Fremden, uni sich den Beistand
ihrer Kriegsschiffe zu sichern. Solche Gerüchte wiederholten sich
noch mehrfach, doch blieb Alles ruhig., Anfang 1863 gelangte aus
H a k o d a d e die Abschrift eines Decretes nach Y o k o h a m a , das der
M i k a d o an den T a ik ü n gerichtet haben sollte:
»Wir haben schon lange den Plan in unserem Busen
gehegt die Fremden zu vertreiben, und der erhabene
Willen kann nicht wanken, wenn auch die Ausführung
bis zur gegenwärtigen Zeit verschoben worden ist. Die
Veränderungen, welche der T a i k ü n zur Ausführung eines
neuen Systemes in alle Theile der Verwaltung gebracht
hat, beweisen seine Achtung vor unserem Willen. Aber
die Herzen der Bevölkerung werden sich nicht beruhigen,
wenn nicht jetzt die Vertreibung der Fremden sicher vor
sich geht. Dies macht dem kaiserlichen Busen grosse
Sorge. Der T a i k ü n soll seine ganze Kraft auf die Ver-
jagung der Barbaren richten und den Fürsten schleunigst
den Befehl dazu ertheilen. Die Ausführung dieser Maassregel
ist Pflicht des S i o g u n . Schnell und ohne Verzug
bringe er den Plan zum Abschluss, vollbringe, was nach
langer Berathung jetzt für den Staat beschlossen ist, und
bestimme die Zeit, wann der Verkehr mit den hässlichen
Barbaren aufhören soll. Du wirst uns darüber Bericht
erstatten.«
Später soll sich herausgestellt haben, dass der Fürst von
N a n g a t o , — oder wie Andere ihn mit seinem chinesischen Namen
nennen, Tso-siu, §1 der als Haupt der Bewegung gegen die S i o g o n -
Herrschaft immer mehr in den Vordergrund tritt, dieses Document •
im Verein mit seinem Verbündeten am Hofe des M i k a d o , dem
K ü a n b a k F o d s iw a r a , gefälscht und sogar die Regierung in Y e d d o
damit getäuscht hätte. Unmöglich ist das durchaus nicht bei der
Unnahbarkeit des Erbkaisers und der Etiquette, welche ihn seit
Jahrhunderten künstlich von jeder directen Betheiligung an den
Staatsgeschäften ausschliesst. Der K o a n b a k ist sein Vertreter
und Organ in politischen Angelegenheiten. — Die Regierung von
Y e d d o erklärte, von den fremden Diplomaten befragt, das Document
für authentisch. Zu gleicher Zeit damit wurde ein Protest der Fürsten
von N a n g a t o , S a t s u m a und anderer mächtigen D a im i o ’s gegen die
Missregierung des T a i k ü n bekannt: er hätte beim Abschluss der
Verträge versprochen, dass durch sie die Lebensbedürfnisse wohlfeiler
werden sollten; statt dessen kosteten sie jetzt das Dreifache;