
zu ziehen, ging Capitän Sundewall Anfang December mit der Arkona
hinüber. Das Erscheinen des grossen Kriegsschiffes machte dort
die grösste Sensation; die Bewohner der Küstenorte hatten niemals
Europäer noch deren Fahrzeuge zu Gesichte bekommen, und sam-*
melten sich in liunderten von Booten unter freudiger Begrüssung
um das Schiff. Der Commodor erlaubte ihnen, zur näheren Befriedigung
ihrer Neugier truppweise an Bord zu kommen, wo
dann ihr ergötzliches Staunen auf das höchste stieg. Ihre Dankbarkeit,
äusserte sich practisch in kleinen Geschenken, welche sie
der Mannschaft aufzudrängen suchten, und als die Officiere hald
darauf mit einigen Booten landeten, in der gastfreundlichsten Aufnahme.
Sie packten den Leuten sogar die Boote voll Hühner, Enten
und sonstiger frischer LebensmitteP und waren zur Annahme einer
Zahlung durchaus nicht zu bewegen. Der Besuch schien dmen ein
wahres Freudenfest zu sein. — Das seichte Wasser in diesem und
allen anderen Theilen des Golfes erlaubte nur den geringsten Theil
dm- hydrographischen Arbeiten an Bord unserer tiefgehenden Kriegsschiffe
vorzunehmen; die meisten wurden ui$er grossen Mühseligkeiten
in offenen Booten ausgeführt, deren Excursionen unter Befehl-
des Lieutenant Butterlin soft mehrere Tage dauerten, ohne dass die
Bemannung unter Obdach • gekommen wäre.
Den 7. December war die Arkona von ihrem Ausfluge nach <;■
der Ostküste der Bai auf die Rhede von Y e d d o zurückgekehrt; den
folgenden Morgen begab sich Graf Eulenburg mit einem Attache
und Herrn Heusken an Bord der Thetis, um mit ihr auf einen
Tag nach Y o k o h am a z u gehen und sich aus eigener Anschauung
über die Läge der deutschen Kaufleute zu unterrichten. Commodore
SundewaJI begleitete ihn mit der Arkona, was sich sehr nützlich
erwies; denn kaum waren die Schiffe unter Segel gegangen, so starb
der Wind weg. Die Arkona musste heilen und die Thetis in das
Schlepptau nehmen. Den 9. Abends traf der Gesandte mit dieser
vor Y e d d o wieder ein, aber zu spät um sich auszuschiffen,.und den
ganzen folgenden Tag stürmte und regnete es dermaassen, dass die
Boote erst gegen Abend die TJeberfahrt bewerkstelligen konnten.
Das Barometer war in wenigen Stunden über einen Zoll gefallen
und das Thermometer stand auf 16° Reaumur.
Während dieser Abwesenheit des Gesandten erschienen in
A k a b a n e einige Y a k u n in c bei dem Unterofficier, der die dort als
Wache stationirten Seesoldaten commandirte, und baten, ihnen ein
Zündnadelgewehr Hu zeigen. I Jener that es, machte auf ihren
Wunsch aucli die Chargirung durch und zeigte ihnen die ^Griffe,
welche ein hèrbeigerufener Japaner lernen musste. Einer der
YAKUNine folgte mit besonderer Aufmerksamkeit dem Exercitium,
fragte dann den Unterofficier ob er englisch verstehe, und sagte,
als dieser es verneinte, auf deutsch in sehr deutlicher Aussprache:
»Kann ich (las Gewehr bis morgen bewahren?« Dieser Wunsch
musste natürlich abgeschlagen werden. Die Japaner hatten schon
vor unserer Aiikimit Kenntniss von der Bewaffnung der preussischen
Armee; *sie waren vom ersten Tage an ganz versessen auf die Nadelbüchsen
und gäbe# sich grosse Mühe eine solche als Muster zu
erhalten. Den deutsch redenden Sprachgelehrten bekamen wir
nicht wieder4zu Gesicht, aber die Y a iu / n in o zeigten bei verschiedenen
Gelegenheiten holländisch - deutsche Tmd englisch-deutsche
Wörterbücher vor, und theilten uns mit, dass man sich"in Y e d d o
jetzt sehr eifrig mit dem Studium der europäischen Sprachen beschäftige.
U l i Später soll die Regierung sogar eine eigene Schule
dafür gestiftet haben, in der aber nur Söhne des höheren Beamtenadels
Aufnahme fänden.
Einige Tage Vor Weihnachten hielten wir unfreiwillige Fasten.
Das Proviantbocft, das die Kriegsschiffe auf der Rhede von Y e d d o
bis dahin täglich vonYoKUHAMA aus mit frischem Fleisch versorgte,
blieb plötzlich aus; der Gouverneur von K a n a g a v a hatte die Fahrten
inhibirt, und so war auch die Bevölkerung von A k a b a n e auf den
Markt von Y e d d o angewiesen, wo höchstens Hühner und Enten
zu haben sind. War es Absicht der Regierung, die lästigen Eindringlinge
auszuhungern? — A 111 - schriftlichen Remonstrationen
blieben erfolglos; erst als der Attache von Brandt im Aufträge des
•Gesandten dem Tyrannen von K a n a g a v a persönlich zu Halse
rückte, wurden die Fahrten wieder gestattet, unter der Bedingung,
dass niemals Passagiere mitgenommen würden. So hatten wir denn
zum Fest e wieder unseren gewohnten Rindsbraten, ein mäohtiges
Lendenstück.
Graf Eülenburg, welcher den rechten norddeutschen Sinn für
Weihnachtsfreuden und eine Leidenschaft hat, heitere Menschen
um sich zu sehen, wünschte das Fest so fröhlich und glänzend zu
feiern als möglich; er war aber jetzt von früh bis spät mit den
Vertrags-Verhandlungen und darauf bezüghchen Arbeiten beschäftigt
und beauftragte deshalb einige seiner Begleiter mit den Vorberei