
Der Leser wird sich der im ersten Bande18) erwähnten Ermordung
der russischen Seeleute in Y o k o h am a erinnern, und dass
damals im August 1859 — die japanische Regierung sich verpflichtete,
auf ihre Kosten ein'Grabmal für dieselben zu errichten.
Der englische Consul Capitan Howard Vyse hatte auf Ersuchen
der kaiserlich russischen Behörden den Bau des Denkmals überwacht
und jetzt, nach Vollendung desselben, den preussischen
Gesandten und den Chef des königlichen Geschwaders zur Theil-
nahme an der Feier der Einsegnung mit dem Ersuchen eingeladen,
den Ermordeten durch unsere Seeleute die militärischen Ehren erweisen
zu lassen. In Folge dessen sandte Graf Eulenburg die Gesandtschafts
- Attaches Lieutenants Graf A. zu Eulenburg und
von Brandt nach K a .n a g a v a , welche mit dem noch dort weilenden
Attache von Bunsen als seine Vertreter hei der Feierlichkeit erschienen.
Commodor Sundewall, welcher mit der Arkona auf der
Rhede lag, beorderte auchSr. Majestät Fregatte Thetis dahin, und liess
am Morgen des 19. November achtzig Seesoldaten und zweihundertzwanzig
Matrosen in Y o k u h am a ausschiffen, die sich am Meeresufer
vor dem japanischen Zollhause unter dem ('Animando ihrer Officiere
aufstellten. Dort versammelten sich auch die übrigen Theilnehmer
der Feierlichkeit, der französische Geschäftsträger Herr Duchène de
Bellecourt und die Consuln der Vertragsmächte, sämmtlich in
grösser Uniform, die beiden Attaches Graf Eulenburg und von Brandt
in detjenigen ihrer Regimenterla| Gegen ein Uhr setzte der Zug
sich in Bewegung: voraus das Musikcorps des preussischen
Geschwaders, dann ein Zug Seesoldaten; die preussische Flagge
rechts von der französischen, links von der holländischen cotoyirt;
die englische Flagge mit der amerikanischen und der portugiesischen ;
ein Zug Seesoldaten; der englische Consul als Hauptleidtragender,
rechts von ihm der französische Geschäftsträger, lin k s Commodor
Sundewall; dann Capitän Jachmann, die Consuln, die preussischen
Attaches und die nicht in Front stehenden Officiere des Geschwaders ;
ein Theil der in Y o k u h am a wohnenden Ausländer, endlich zweihundert
mit Gewehr bewaffnete Matrosen der Arkona und Thetis.
Das Denkmal liegt am Abhänge der westlich das Städtchen
begränzenden Höhe und ist nach einer russischen Zeichnung gebaut:
eine vergoldete Kuppel von vier Säulen getragen, im Grunde ein
Kreuz, davor die Grabsteine mit Inschriften. — Die umliegenden
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Hänge waren mit Zuschauern dicht besetzt. Der Zug gruppirte sich
innerhalb des das Denkmal einschliessenden Bretterzaunes um die
daneben aufgepflanzte russische Flagge, zunächst die Diplomaten
und Officiere, ringsherum die Mannschaften, in Linie aufgestellt.
Der Geistliche des preussischen Geschwaders, Prediger Kreyher,
hielt eine Ansprache an die Versammlung und gab dem Denkmal
die christliche Weihe; die Mannschaften präsentirten, und die Flaggen
wurden unter den Klängen der russischen Hymne über die Gräber
gesenkt. Darauf ermahnte noch Herr von Bellecourt in kurzer Anrede
die Ansiedler von Y o k u h am a zur Geduld und strengen Beobachtung
der Gesetze, damit man vom Vaterlande aus mit um so grösserem
Nachdruck gegen die hier verübten Unhilden auftreten könne, und
zum Schluss dankte Capitän Vyse für die allgemeine Theilnahme. —
Die ganze Feier verlief ernst und würdig und schien diesen Eindruck
auch auf die Japaner zu machen, die ihr in ruhiger angemessener
Haltung beiwohnten.
In .Vkabank wurde der 19. November, als Namenstag Ihrer
Majestät der Königin Elisabeth, durch ein festliches Mal gefeiert,
zu welchem der Gesandte alle in Yeddo anwesenden Mitglieder der
Expedition an seiner Tafel vereinigte. Während hier die Gläser auf
das Wohl der erhabenen Frau erklangen, war die englische Gesandtschaft
ein Ort des Schreckens und der Verwirrung. Herr Alcock
hatte in seinem geräumigen Esszimmer einen mitgebrachten eisernen
Ofen setzen und dessen metallenen.Rauchfang durch den hölzernen
Plafond und das Dach leiten lassen; die Hausdiener heizten übermässig
, das Rohr gerieth in Gluth und entzündete die leichte Holzdecke.
Da niemand in das Zimmer kam, so ertönte der Alarmruf
erst, als gegen sechs Uhr der getäfelte Plafond und die Dachsparren
in hellen Flammen standen; das ganze aus dem brennbarsten Kiefernholz
und Papierwänden bestehende Gebäude schien dem Untergange
geweiht. Aber die japanische Dienerschaft und die Y a k u n i x c der
Wache griffen rasch zu; auf den Klang der grossen Tempelglocke
kam auch der O t t o m a des Viertels mit den Löschmannschaften und
ein vom Gesandten vielfach in Nahrung gesetzter Tischler der Nachbarschaft
mit allen seinen Leuten herbei. Der Eifer war, nach Aussage
der Engländer, grösser als die Besonnenheit der Löschenden; es ging
wild durcheinander, man warf die Ziegel vom Dach und machte dem
Feuer Luft statt es zu ersticken. Zum Glück liegt neben dem Gebäude
ein Teich, so dass die Spritzen in Gang bleiben konnten; man be