
ganz andere Gestaltung gewonnen, wenn die sämmtlichen Gesandtschaften
nach He-uskens Tode in Y e d d o ausgeharrt und Alles daran
gesetzt hätten, ihre Stellung dort zu behaupten; v ie lle ic h t hätte
diese Politik wirklich zum Kriege mit den Vertragsmächten geführt.
Notorisch ist dagegen, dass es den Vertretern der europäischen
Mächte in den nächsten Jahren nicht wieder gelang, bleibend in der
Hauptstadt Euss zu fassen, wie Herr Harris voraussah. Auch sein
Nachfolger in der Vertretung von Amerika, Herr Pruyn wurde im
Sommer 1863 halb gewaltsam von dort entfernt. Die Meinungsverschiedenheit
der Diplomaten über die Lage erscheint unerheblich
der Grösse der innern Zerwürfnisse gegenüber, wie sie sich in den
folgenden Jahren offenharte. Man hatte damals noch keinen Begriff
von der Schwäche und Zerrüttung der centralen Executivgewalt
und der wirklichen Stellung der Lehnsfürsten zu den Verträgen.
Die letzten Tage unserer Anwesenheit in Y e d d o stürmte und
regnete es fast unablässig. Am 27. Vormittags kamen die B u n y o ’s ,
die den Vertrag unterzeichnet hatten, um Abschied zu nehmen und
dem Gesandten Geschenke des T a i k ü n für Seine königliche Hoheit
den Regenten zu überreichen: einen Lackschrank von vorzüglicher
Arbeit, golddurchwirkte Seidenstoffe und ein schönes Schwert. Mit
einem solchen, hiess es, würden in Japan nur Personen beschenkt,
die man besonders ehre und als treue Freunde betrachte. — Dem
Gesandten gaben die B u n y o ’s zum Andenken einige hübsche Kleinigkeiten,
darunter eine Pistole in Form eines japanischen Taschenschreibzeuges;
der Schreibepinsel dient als Ladestock. Nachmittags
ritt Graf Eulenhurg mit seinen Begleitern und einer ganzen
Schaar Y a k u n i n c z u Herrn Harris, um von dem' schwergeprüften
Manne herzlichen Abschied zu nehmen. Er blieb in tiefer Einsamkeit
zurück, beraubt des treuen Freundes, der ihm so viele Jahre
zur Seite gestanden hatte. Unser letzter Ritt in Y e d d o galt Heuskens
Grabe. Als der Gesandte gegen Abend nach A k a b a n e zurückkehrte,
liess sich ein japanischer Grösser, F o r i v i E t s i s e n - n o - k a m i melden,
der am folgenden Morgen im Namen der Regierung dem Gesandten
die Absebiedscomplimente machen sollte, -und, um früh bei der
Hand zu sein, im Hause seiniNachtlager nahm.
Das grosse Gepäck war schon an Bord und wir hatten nur
das Nöthigste bei uns; A k a b a n e sah kahl, unbehaglich und verwohnt
aus und wimmelte von Y a k u n i n c u . Alle die während des langen
Aufenthaltes in A k a b a n e Dienst gethan oder uns auf Ausflügen begleitet
hatten, — sie lösten einander häufig ah, — fanden sich jetzt
zum Abschied ein und wurden vom Gesandten mit Hirschfängern,
Säbeln und Dolchen beschenkt. Sie hatten sich fast ohne Ausnahme
gut geführt, viele die deutlichsten Beweise uneigennütziger Anhänglichkeit
und Treue gegeben; die meisten waren gute wohlwollende
Menschen, die Freundschaft für uns gefasst hatten und unsere Abreise
wirklich zu bedauern schienen. Die Geschenke des Grafen
machten viel grösseren Eindruck als man nach ihrem Werthe erwarten
durfte; die YAKUNme fühlten sich durch die Gabe der Waffen
geehrt, nahmen, obgleich nur gering besoldet, solche augeflschemlicli
lieber als ein reiches Geldgeschenk, und liefen mit strahlenden Gesichtern
bei allen Mitgliedern der Gesandtschaft umher, zeigten ihre
Schätze und riefen unter vielen Bücklingen auf deutsch »Danke,
Danke«. Ihre naive Freude schien uns ^ganz rührend.
Den 28. Januar früh wehte und schneite es, dass der Himmel
verfinstert war und die Erde sich mit einer weissen Decke überzog.
Kein Boot konnte gegen den Norweststurm die See halten. F o r i v i
E t s i s e n - n o - k a m i leistete dem Gesandten zwei Stunden lang Gesellschaft
und zog sich dann wieder in seine Gemächer zurück. Um
Mittag liess der Wind.etwas nach; die erste Barkasse, die beiden
Pinassen, die beiden Cutter und die Gig stiessen gegen zwölf von
der Arkona ab;, gegen zwei wurde in A k a b a n e ihre Ankunft am
Lande gemeldet. Der Gesandte verabschiedete sich von F o r i v i
E t s i s e n - n o - k a m i , stieg mit seinen Begleitern zu Pferde und ritt
unter Escorte des vierzig Mann starken Seesoldaten-Detachements
nach dem Landungsplätze, wo auch unsere sämmtlichen Y a k i n i n c
versammelt waren. Sie drängten sich mit dem Ausdruck der herzlichsten
Anhänglichkeit um die Abreisenden, stiegen mit ihnen die
Stufen hinab und Hessen nicht nach mit warmen Händedrücken, als
Graf Eulenburg und seine Begleiter schon in den Booten sassen.
Die Seesoldaten waren in Reihe aufmarschirt und präsentirten,
die Gig mit dem Gesandten stiess vom Lande und alle Anwesenden
brachten ihm ein dreifaches Hurra. Der Wind war zur Hinaus-
fahrt günstig; die Boote mit den Passagieren langten schon vor
vier Uhr bei der Arkona an; diejenigen mit1 dem Gepäck aber und
die letzten Wasserfasser kamen erst gegen Einbruch der Nacht, so
dass die Abfahrt nach Y o k ü h a m a auf den folgenden Morgen verschoben
wurde.