
seiner damaligen Stellung schon vielfach mit Fremden verkehrt hatte,
machte am 13. November seinen Antrittsbesuch in Begleitung unseres
Freundes H o r i . Das Gespräch drehte sich um den damals immer
wahrscheinlicher werdenden Untergang des Schooners Frauenlob
und des englischen Kriegsschiffes Camilla, nach denen die Landesregierung
an allen Küsten vergebens hatte forschen lassen. Auch
ein japanischer Kriegsschooner war in dem letzten T a i f u n mit Mann
und Maus versunken. — H o r i machte auf die Fragen des Gesandten
noch manche aphoristische Mittheilung über die japanischen Zustände,
aber sein Wesen war, wie von Anfang an, weit zurückhaltender als
das des S a r a i , und das Gespräch kam auch wegen Heusken’s
Abwesenheit nicht recht in Fluss. Dieser unvergleichliche Dolmetscher
pflegte jedes unnöthige Wort zu vermeiden und gab in gedrängter
Kürze immer nur den Sinn der japanischen Hede, von schlagenden
Bemerkungen begleitet, so dass Frage und Antwort sich drängten
und ein lebendiges Gespräch möglich wurde. Er war an diesem
Tage bei Herrn Harris beschäftigt, welchem die aus Amerika zurück-
gekehrten Gesandten ihre Aufwartung machten.
Zu einem längeren Besuch erschien am 4. December H o r i
mit dem O m e t s k e allein; M i s o g ü t s i war schon wieder von seinem
Posten entfernt und zum Commandeur der kaiserlichen Leibwache
erhoben, sein Nachfolger aber noch nicht ernannt'worden. Die
Herren überbrachten Geschenke des T a ü k ü n für Seine königliche
Hoheit den Regenten: zehn Kasten mit weissen und rothen Seidenzeugen,
— dem schwersten Crepe, — und zwei Kohlenbecken mit
gewölbten Drathgittern darüber aus silberglänzendem Metall, auf
Untersätzen von feiner Lackarbeit ruhend. Den Gesandten beschenkten
die B u n y o ’s mit einigen Kleinigkeiten, Bronze und Lacksachen,
und erhielten dagegen Bernstein- und Achatarbeiten, die ihnen viel
Vergnügen zu machen schienen. Ganz erstaunt waren sie aber, als
Graf Eulenburg im N amen des Regenten die in Berlin gefertigte Stempelpresse
zum Druck des kaiserlichen Wappens übergab. Die Japaner
nehmen mit Stolz jedes Zeichen von der Bekanntschaft der Europäer
mit ihrem Vaterlande als einen schmeichelhaften Beweis von dessen
Ruhm und Grösse auf; so schien sie auch unsere Kenntniss von
dem Wappen der M in a m o t o freudig zu überraschen. Graf Eujenburg
fragte nach dem Namen der Pflanze, deren Blätter das Wappenzeichen
bilden: H o r i nannte sie »H a v e « , und der anwesende Botaniker,
Regierungsrath Wichura, erkannte darin ein Asarum. Er holte aus
seinem Herbarium ein solches und die B t jnyo’s bestätigten seine
Vermuthung; ■ nur gehöre das Blatt des Wappenbildes zu einer
anderen Species. als der von Wichura gefundenen. Wie eine so
unscheinbare Pflanze zu der Ehre gekommen ist, das Zeichen des
berühmtesten japanischen Fürstenhauses zu werden, wird eben so
dunkel sein als die Entstehung der alten abendländischen Embleme.
Das Wappen der M in a m o t o scheint für besonders geheiligt zu gelten:
einige Tage vor dem Besuche der B u n y o ’s zeigte der Gesandte die
Presse unserem guten S e b i , dem Lackfabrikanten, und gab ihm
einen Abdruck; S e b i fuhr zurück wie von einer Natter gestochen,
als er das Wappen in seiner Hand sah, verbrannte es sogleich über
dem Kohlenfeuer, legte geheimnissvoll den Finger auf den Mund
und schien sehr erschrocken, —unbegreiflicherWeise, da man das
Bild in vielen japanischen Büchern findet, die in Jedermanns Hand
sind! Oder witterte er Hochverrath? Seine Gebehrden schienen anzudeuten
dass er unwürdig sei etwas so Heiliges zu berühren. Bald
aber übermannte ihn die Neugierde: nachdem er sorgfältig geforscht,
ob hinter der Tapete kein Landsmann lauschte, ging er sc&üchtern
an die Presse, besah sie von allen Seiten, machte sich endlich
selbst einen Abdruck und verbarg ihn geheimnissvoll in sein
Taschenbuch.
Unter den Geschenken H o r i ’s — lauter Kleinigkeiten —
befand sich eine Anzahl niedlicher Puppen, welche er mit dem
Bemerken überreichte, sie stellten seine Kinder dar; der Gesandte
möge sie als Andenken an ihn und als Muster japanischer Trachten
bewahren, Bei jedem Geschenk lag nach Landessitte ein Stückchen
getrockneten Fisches, sauber eingewickelt und mit rothen und
silbernen Papierschnüren zugebunden. Dieser Gebrauch wird verschieden
gedeutet, gewöhnlich als Erinnerung an die magere Kost
der Vorfahren und als Mahnung zur Einfachheit. Gegenseitiges
Beschenken ist in Japan bei allen möglichen Gelegenheiten üblich,
der jährliche Consum der getrockneten Fische und bunten Schnüre
muss bedeutend sein. H o r i sagte auf Befragen des Gesandten, dass
man einander bei allen freudigen Ereignissen und bei Todesfällen
beschenke; der Fisch bedeute einen Glückwunsch und werde bei
Condolationsgeschenken weggelassen. Wie alles Andere, so hat
auch das Schenken in Japan seine festen Formen und Regeln, und
ist zum Tlieil n u r Sache der Convenienz; die Neujahrs-, Hoch-
zeits- und andere Festgeschenke müssen in jedem Stande einen