
und schreibt den wässerigen Geschmack aller bei Yeddo gezogenen
Obstsorten der Armuth des Erdreiches zu,
Eine Jahrtausende lang fortschreitende Cultur muss allerdings
die Beschaffenheit des Bodens wesentlich verändert haben, dass sie
denselben aber nicht erschöpft, darf man wohl der durchaus
rationellen Bewirthschaftuag zuschreiben. Der japanische Landmann
nimmt nach dem Urtheil von Sachverständigen jährlich aus dem
Acker nur das was er ihm gibt, nicht mehr und nicht weniger.
Dieses System scheint seit Jahrhunderten ohne Streit und Neuerung
im ganzen Lande befolgt zu werden und erhielt seine Ausbildung
wahrscheinlich schon in der frühen Blüthezeit der japanischen Cultur.
Eme gewisse Summe der Kenntniss ist sicher mit der koreanischen
Einwanderung vom Festlande herübergekommen; die japanische
Landwirthschaft stimmt in so vielen wesentlichen Puncten mit der
chinesischen überein, dass man auf eine Ableitung aus derselben
wohl schliessen muss. Ihre Entwickelung aber ist eine eigenthümliche,
dem Lande angemessene, gewesen, und scheint, zur völligen Reife
gelangt, jede fernere Neuerung abzuweisen. Die Kartoffel, welche
sicher an vielen Stellen des japanischen Reiches gedeihen würde,
hat sich niemals Eingang verschaffen können, und wird noch heut
in verschwindender Menge nur für die wenigen Fremden gebaut.
So begierig, in allen anderen Zweigen der angewandten Naturwissenschaft
von den Europäern zu lernen, hält man deren Landwirthschaft
kaum der Beachtung werth. Sie beruht freilich auf ganz anderen
Grundlagen: unsere Oekonomen würden in einem Lande, wo es
keine Weiden6) und in Folge dessen keinen Viehstand gibt, in grosse
Verlegenheit gerathen, und auch unsere landwirthschaftlichen
Maschinen hatten bei der starken Bevölkerung und billigen Arbeit
für die Japaner bisher keine Wichtigkeit Jetzt, da nach Erschliessung
des_ Reiches die Preise der Lebensmittel und in Folge dessen der
Arbeitskraft bedeutend gestiegen sind, wird es fraglich, ob sie bei
ihrem alten Systeme bleiben können, oder sich zur massenhaften
Erzeugung derjenigen Artikel werden verstehen müssen, die ihnen
am besten bezahlt werden, um dagegen von den Fremden diejenigen
zu kaufen, welche sie so wohlfeil im Lande nicht herstellen können.
Die gesteigerten Preise der Lebensmittel fordern gebieterisch eine
erhöhte Productionskraft des Landes, und es ist fraglich ob sie
6) Dr. Maron konnte bei fünfmonatlichem Aufenthalt in Y okuhama kein einziges
Trifolium entdecken.
nicht zu den bei uns angewandten Mitteln werden greifen müssen.
Bis jetzt war die Bodencultur der Japaner immer das Staunen und
die Bewunderung aller europäischen Reisenden, und Sachverständige
haben behauptet, dass wir viel von ihnen lernen können. In welchem
Verhältnisse sie aber die constanten Erfolge ihrem System, oder der
Gunst des Klimas und der Fülle der Arbeitskraft verdanken, würde
sich mit Sicherheit erst feststellen lassen, wenn man auch unsere
Art der Bestellung dort practisch versucht hätte. Allem Anschein
nach leistet der japanische Landwirth mit kleinen Mitteln Bedeutendes;
Inventar ist kaum vorhanden; sein ganzes Geräth besteht, soviel
wir bei Y e d d o sahen, in einer Haue, einer Zinkenhacke, einem
kleinen Spaten und einer Harke. Die Haue ist das behebteste
Instrument; sie dient zur Umarbeitung der Aecker, zugleich als
Spaten und Harke und wird mit wunderbarer Geschicklichkeit
gehandhabt. Den schmalen Spaten benutzt der Landmann nur zu
kleinen Arbeiten, zum Räumen der Wassergräben und Glätten der
Borde an den aufgeworfenen Beeten und Dämmen. Mit der krallen-
zähnigen Harke werden bei der Arbeit zwischen den Reihen Wurzelrückstände
oder Unkraut aus dem Boden gezogen. In anderen
Landestheilen gibt es Pflüge und Eggen; hölzerne Walzen sah der
Verfasser auch bei Y e d d o , aber nur in Gartenwirthschaffcen, wo sie
zum Ebenen der Wege dienen. — Wahrscheinlich verdankt der
japanische Landmann seine grossen Erfolge hauptsächlich der Spaten-
wirthschaft und der starken Parcelhrung der Grundstücke.
Von der Garten- und Gewächshebhaberei der Japaner ist
schon früher die Rede gewesen; selbst in der Stadt, in den engen
Gassen der Handelsquartiere von Y e d d o hat fast jedes Haus sein
grünes Fleckchen mit Duodezbäumen. Vielleicht führte grade die
Beschränkung des Raumes auf die Erzeugung von Zwergpflanzen,
die sich zur raffinirten Spielerei ausgebildet hat. Der Handelsvorsteher
Meylan sah 1826 eine Schachtel von einem QuadratzoU Grundfläche
und drei Zoll Höhe, in welcher ein Bambusrohr, eine Tanne
und ein Pflaumenbaum, letzterer in voher Blüthe, wuchsen und
gediehen; für diese Curiosität wurde der Werth von 1200 Gulden
gefordert. Die starke Verkrüppelung der Bäume scheint vorzüglich
durch gehemmte Circulation der Säfte und Beschränkung , vielleicht
auch Erkältung der Wurzeln in flachen porösen, von aussen stets
feucht gehaltenen Töpfen erreicht zu werden. Man wählt die kleinsten
Samen der kleinsten Exemplare, biegt und bindet den Stamm im