Das Gespinst zeigt sich dem bloßen Auge als eine halbdurchsichtige, weiße, seidenartige Membran
und erscheint u n te r dem Mikroskop als ein dichtes Netzwerk von annähernd zylinderförmigen
Fasern. Da und dort finden sich stärkere Fäden von verschiedener Länge und Dicke, die zum Befestigen
dienen, sie bestehen aus einer Anzahl parallel angeordneter Fasern, wie solche auch das Netzwerk
bilden und darin miteinander anastomosieren. Die Fasern sind zum Teil überaus fein, so daß
sie bei sehr starker Vergrößerung k aum zu sehen sind, zum Teil gröber, so daß sie schon bei schwacher
Vergrößerung leicht sichtbar sind.
Uber die sehr verschiedenartige, wechselnde Gestalt des Gespinstes von Haploembia solieri je
nach der Umgebung, in der es sich befindet, macht Fr i e d e r i c h s (1906) sehr genaue Angaben, die ich
hier wiedergebe, da sie wohl auch für die ändern Arten annähernd zutreffend sein werden.
Kleine Gespinste sind meist in der Form eines Schlauchs (Röhre, Galerie) angelegt, verlaufen
gerade oder gekrümmt und sind verzweigt oder einfach. Neben der Schlauchform spielt aber auch die
Form einer Decke oder dem Boden mit der offenen Seite aufliegenden Rinne eine Rolle. Vielfach
vereinigt ein Gespinst mehrere Grundformen, indem es teils schlauch-, teils decken- und rinnenförmige
Partien enthält. Solche großen Gespinste können sich mit Einrechnung der freien Zwischenräume
über eine Fläche von fast 1 Quadrat-Dezimeter erstrecken, sie erscheinen völlig wirr und regellos gefertigt.
Vertiefungen in der Erde z. B. Spalten werden geschickt benützt und einfach nur mit Fäden
überdacht. Ein 10 cm langer Schlauch war seitlich noch mit Nebengängen versehen, die aus überdachten
Spaltrissen des Bodens bestanden. Auch hohle Stengelteile, größere Rindenstücke, der
Raum zwischen Graswurzeln oder trockenen Halmen, die noch an den Pflanzen befindlich dürch
den Stein, unter dem sich das Gespinst befindet, flach auf den Boden gedrückt sind, werden beim
Nestbau in mannigfacher Weise benützt. Besonders häufig verlaufen Schläuche zwischen parallel am
Boden liegenden, noch mit der Pflanze zusammenhängenden Stengeln. An allen diesen G egenständen
wird das Gespinst durch seitliche, oft sehr zahlreiche Fadenbündel befestigt, die, wenn in einer bestimmten
Art angeordnet, blinde Seitenröhren darstellen.
Das Gespinst, ob Decke oder Schlauch, weist immer zahlreiche rundliche Löcher auf, die als
Ein- und Ausgänge dienen. Sie sind an der U nterseite des Schlauchs offen, an der Oberseite durch eine
zweite Lage von Seide mehr oder weniger übersponnen. An den Enden sind Schläuche und Rinnen
offen und einem Teil der Löcher entsprechen Erdschlupflöcher, in die sich die Embie bei Störungen
schnell zurückzuziehen pflegt. Im Gegensatz zu den bei Ha'ploembia solieri, Oligotoma saundersi
an beiden Enden offenen Schläuchen, sind dieselben bei Anisembia texana nach M e l a n d e r (1903)
an einem Ende geschlossen.
Im Neste sind immer trockene Kotreste in Form von Kügelchen zu finden und oft in Massen
an den Seiten des Nests angehäuft. Außerdem finden sich zernagte Pflanzenteile, Holzstückchen in
solchen Nestern, wo Eier abgelegt wurden. In Nestern von Embia mawritamca, in denen sich Eier
befanden, waren nach V o s s e l e r s Mitteilung namentlich zarte Blütenteile, insbesondere Staubfäden
niedergelegt.
Die Embien zeichnen sich durch große B e w e g l i c h k e i t und noch besonders dadurch aus,
daß sie ebenso g u t nach vorwärts wie nach r ü c k w ä r t s laufen können. Hervorzuheben ist ferner,
daß sie auch an senkrechten Glaswänden sich g u t bewegen können. Wenn die Embie in ihrem Schlauch
läuft, in dem sie sich geschickter und schneller als auf dem Erdboden bewegt, h ä lt sie nach der Beobachtung
von G r a s s i und S a n d i a s das letzte Tarsenglied der Mittel- und Hinterbeine aufgebogen,
so daß die Krallen die Wände nicht berühren und sich nicht in der Seide verwickeln können,
dagegen berührt sie mit den Tarsenpapillen, die als Söhlchen funktionieren, die W andung des Schlauchs.
Die sehr beweglichen Vorderbeine vermeiden, zumal das klauentragende Endglied der Tarsen sehr
kurz ist, und seine Krallen klein sind, leicht die Wandung und besitzen deshalb auch keine Papillen
an der Sohle der Tarsenglieder.
Uber die Art des F l u g s der AA fehlen genauere Mitteilungen. Sie sollen übrigens gewandt
fliegen, aber zumeist nur bei Nacht und werden dabei gelegentlich durchs Licht oft sehr zahlreich
angelockt. Nach W o o d - M a s o n flog Oligotoma saundersi in Calcutta eine Zeitlang rund um die
Lampe, setzte sich dann auf den Tisch und lief unbeholfen in seltsamer Haltung, an der sie sofort
zu erkennen ist u nd die mit dem Bau der Vorderbeine zusammenzuhängen scheint, auf dem Tischtuch
herum. Im Kongo-Gebiet soll Oligotoma hova nach der Mitteilung (i. 1.) M u e 11 e r s abends oft zu
Hunderten zum Licht fliegen, ähnlich berichten B l a c k b u r n und P e r k i n s von Oligotoma
insidaris auf den Hawaii-Inseln.
In den Nestern finden sich die erwachsenen Tiere häufig einzeln, aber auch vielfach zugleich
mit den Larven in größerer Zahl zusammen, auch einzelne Larven je unter einem Stein kommen vor.
Im Freien außerhalb des Nestes sammelte S c h a u m nach H a g e n (1866, 1885) Oligotoma
nigra bei Kairo in einigen Exemplaren (A $) abends an Gräsern mit dem Fangnetz Ende Januar.
L u c a s (1849) und V o s s e 1 e r (i. 1.) fanden die geflügelten AA von Embia mauritanica in Algerien
an Pflanzen sich frei herumtreibend im Juni mitunter zahlreich vor und der letztere tra f eine Anzahl
derselben, die dabei zufällig ins Wasser von Wassergräben gefallen waren und teilweise noch lebend
darauf schwammen. Ebenso sah W o o d - M a s o n bei Jubbulpore in Indien im Juli auf sandigen
Plätzen Embien-Larven (Oligotoma saundersi?) zw. Dutzenden sehr behende herumlaufen, daneben
fand er sie aber auch unter alten Ziegelsteinen.
Daß die Embien dennoch vorzugsweise als N a c h t t i e r e zu bezeichnen sind, geht, abgesehen
von ihrer düstern Färbung, aus den nächtlichen Ausflügen der AA und daraus hervor, daß A und ?
bei Tage doch meist in den Nestern anzutreffen sind, so daß sie zur Nahrungssuche wohl hauptsächlich
die Nacht benützen müssen.
Die N a h r u n g besteht wohl vorzugsweise aus pflanzlichen Stoffen wie Detritus, Mulm,
Blütenteilen, Blattresten, Wurzeln, aber auch tierische Kost wird n icht verschmäht, d e S a u s s u r e
meinte, daß der Formunterschied zwischen den Mandibeln des A und denen des $ sowie der Larven
mit der Ernährungsweise Zusammenhänge und daß die AA ausschließlich Fleischfresser, die $$ und
Larven dagegen Pflanzenfresser (oder Allesfresser?) seien, eine Ansicht, der auch F r i e d e r i c h s
beistimmt. Wasser trinken sie gerne, wie der Letztgenannte bei gefangenen Exemplaren beobachten
konnte.
Über s c h ä d l i c h e s A u f t r e t e n berichten Mi c h a e l , der über das Benagen von
Orchideenwurzeln in einem Gewächshaus zu London durch Oligotoma michaeli klagt und ausgedehntere
Fraßspuren an den Wurzeln durch eine Abbildung versinnlicht, sowie d e Sa . u s . s u r e , der
mitteilt, daß nach den Beobachtungen U r i c h s auf der Insel Trinidad Olyniha urichi und Oligotoma
trinitatis ebenfalls Orchideen durch Anfressen der Wurzeln beschädigen. Auch auf Ascension soll
Oligotoma saundersi „schädlich“ aufgetreten sein, ebenso Oligotoma insidaris auf den Hawaii-Inseln.
Die B e g a t t u n g hat Me l a n d e r (1903) bei Anisembia texana in der Gefangenschaft beobachtet.
Bei einem flügellosen A fiel zunächst die Aufregung auf, indem es im Gegensatz zu seiner
sonstigen Ruhe mit hin und her bewegten Antennen und zitterndem Körper hierhin und dorthin lief
und am Gespinste nagte. Zuletzt lief es an die Seite des stillehaltenden $ und streichelte mit dem
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