Ihre Augen sind verhältnismäßig klein, wenig gewölbt und von elliptischem, seltener schwach
nierenförmigem Umnß. Antennen meist perlschnurförmig, kürzer, infolge der kürzeren Einzelglieder.
F ü r beide Geschlechter hebe ich noch besonders hervor, daß die Größenunterschiede zwischen
den einzelnen Individuen einer Art sehr bedeutend sein können: neben riesenhaften Exemplaren
finden sich an demselben Fundort oft wahre Zwerge, die von den Larven der größeren Individuen an
Länge weit übertroffen werden. Die Dimensionen sind daher zur U nterscheidung der Art beziehungsweise
der einzelnen Stadien einer Art nur mit Vorsicht zu verwenden.
6. Verwandtschaft.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß wir es bei den .Embien nach ihrer Gesamtorganisation mit
einer sehr alten Insekten-Gruppe zi: turi haben, die mit den Thysanuren, Blattiden und Forficuliden
zu den am niedersten stehenden Insekten gehört.
Während die Bildung des Kopfs, namentlich der Mundteile und Antennen, die Stellung der
le tz tem am Kopf, die Gliederung der Beine und des Abdomens mit seinen wohlausgebildeten' Cèrei
die häufige Asymmetrie der d äußeren Genitalien und ihrer Umgebung, die v entrale Lage d e rG e n i t a l öffnung,
sodann ganz besonders auch die anatomischen Verhältnisse und die Embryonal- und Post-
embryonal-Entwicklung auf eine Verwandtschaft mit den niedrigen Orthopteren, vor allem den
Forficuliden, Blattiden, Mantiden hinweisen, sprechen die 4 gleichförmigen, nicht faltbaren Flügel
für eine solche mit den Termiten.
Dies drückt sich auch in der Stellung aus, die sie im System bei den einzelnen Forschern erhalten
haben. Die Mehrzahl derselben wie d e S a v i g h y , L a t r e i 11 e, A u d ó u i n, W e s t w
o o d , B u r m e i s t e r , B a m b ù r, H a g e n , E n d e r l e i n, V e r h o e f f stellt sie entweder z u -
den Termiten selbst oder unmittelbar neben Sie als eine diesen gleichwertige Familie, Unterordnung
oder Ordnung, d e S a u s s u r e bezeichnet sie zwar als Pseudoneuropteren aber „als verwandt mit
den Forficuliden und Blattiden“, andere wie Br a u e r , W o o d - M a s o n, Gr a s ,s i u n d S a n d i a s
B 1 a h d f o r d, M e l a n d e r sprechen sie als echte Orthopteren an.
Ich schließe mich den le tz tem an und betrachte s ifp n d em ich die Gesamtorganisation und
Entwicklung für wichtiger halte als die Flügelform, als ein Glied der großen Gruppe der O rth o p
te r e n (Dermaptera d e G e er), das die meisten verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Forficuliden
ha t, von denen es dann wieder einen Übergang zu den Blattiden und Mantiden bilden würde.
Dadurch wird auch eine Brücke zu den Termiten hergestellt, denn wir wissen, daß diese zu den
Blattiden in näher Beziehung (Mastotermes darwiniensis !) stehen.1)
In jedem Falle müssen sie aber als völlig selbständige Gruppe angesehen werden. Sie sind daher
den Dermaptera s. str. (Forficulidae), den Dictyoptera (Blattidae e t Mantidae), den Isoptera (Termi-
tidae) als gleichwertig gegenüber zu stellen und können ebenso wie diese zu einer eigenen Ordnung
„E m b i i d i n a“ oder „E m b i o d e n tl erhoben werden.
‘1 v eh J - Des n e u x , A propos de la Phylogénie des Termitides, jri: Ann.Soc. entomol. Belgique (Bruxelles) V. 48.
1 S 0 4 . p . 2 7 8 .' ,
7. Vorkommen und Lebensweise.
Auch, in bezug auf Vorkommen und Lebensweise läß t sich eine gewisse Übereinstimmung mit
den Forficuliden, natürlich abgesehen von dem diesen fehlenden Spinnvermögen, feststellen. Wie diese
sind auch die Embien hauptsächlich Bewohner der Tropen und leben an pflanzenreichen Örtlichkeiten,
wo sie an Baumstämmen auf und u n te r der R inde, an Pflanzenwurzeln und Blättern, im Innern hohler
Äste, auch im Pflanzenmulm und faulem Holze, unter Steinen, in Gesteinsritzen, gelegentlich auch an
Mauern ihre Gespinste anlegen. In der gemäßigten Zone ziehen sie mäßig feuchte, auch sandige
Örtlichkeiten v or und sind im trockenen Gelände hauptsächlich unter Steinen zu finden, unter denen
der Boden sich feuchter hält. Beim Trockenwerden des Erdbodens ziehen sie sich der Feuchtigkeit
folgend in tiefere Erdspalten zurück, ohne aber selbst Erdhöhlen anzulegen.
Wo sie sich auch auf halten mögen, verfertigen sie sich ein G e s p i n s t, das ihnen zur Wohnung,
als B ru tstä tte und zum Schutz gegen Feinde dient. Dies letztere ist wohl der Hauptzweck des Gespinstes.
Die Ansicht von Lu c a s (1859), daß es ähnlich dem Spinnennetz als Fangapparat für kleine
Insekten diene, beruht auf der falschen V oraussetzung, daß die Embien räuberische Tiere seien. Auch
die Meinung von G r a s s i und S a n d i a s, daß der Zweck des Gespinstes die Herstellung einer Art
feuchten Kammer für die Embie sei und diese vor Trockenheit bewahre, dürfte wohl kaum mehr als
eine Hypothese sein, denn die Embie spinnt ja in den feuchten Tropengegenden geradeso ihr Nest,
wie in der trockeneren gemäßigten Zone.
Gegenüber der unrichtigen Annahme H a g e n s (1885), daß die Embien ihr Gespinst mittelst
Spinndrüsen, die in den Mund auslaufen, anfertigen, gelang G r a s s i und S a n d i a s dank ihrer
sorgfältigen Beobachtungen und Untersuchungen der Nachweis, daß sie, und zwar sowohl die jungen
Tiere als auch die Erwachsenen, ihr Gespinst mittelst eines Spinnorgans im Metatarsus der Vorderbeine
anfertigen.
Zum Beweis, daß das Spinnorgan wirklich in den Vorderbeinen seinen Sitz hat, brachte G r a s s i
(1893—94) je 10 frisch gefangene Embien in 2 separate Glasbehälter, nachdem er den einen 10 Exemplaren
die Vorderbeine abgeschnitten hatte, während er sie bei den ändern 10 unberührt ließ. Letztere
h a tten nach kurzer Zeit ihr Gespinst begonnen und nach 12—15 Stunden fertig gebracht, erstere lebten
weiter, versteckten sich zwischen die Erde, spannen aber nicht m ehr („ma non emettono più seta“ !).
Würde die Seide von den Mundteilen abgesondert, so müßte, fügt er bei, doch irgend ein Faden auch
bei ihnen zu finden gewesen sein.1)
Das spinnende Insekt s teht dabei fest und bewegt die Vorderbeine in den verschiedenen Richtungen
mit großer Geschwindigkeit. Es gebraucht abwechslungsweise ein Bein, bisweilen arbeiten
beide zusammen, aber mit Ruhepausen.
In ein Gläschen mit etwas Erde gebracht sucht die Embie zunächst einen passenden Platz aus
und beginnt schon nach 2—3 Minuten mit dem Spinnen eines Schlauchs. Nach einer Viertelstunde
is t derselbe schon im Groben entworfen, vollständig fertig ist er nach 12—15 Stunden. Da sie am
Glase g ut laufen können, befestigen sie das Gespinst auch an den Wänden des Glases und machen d aran
kürzere Schläuche.
l) Aus mehr theoretischen, aber kaum stichhaltigen Gründen leugnet E n d e r 1 e i n (1909) trotz allem, daß es sich
hier um ein Spinnorgan handle: Der Bau der Lobi interni des La'biums, das dünnflüssige Sekret in den DrüSeri, die dünnen
Ausführungjskanäle, insbesondere., durch die Borsten hindurch und das Fehlen einer. Einrichtung zum Auspressen des Sekrets
sind seine Gegenargumente. Er meint dagegen, daß das Sekret der Metatarsen zur Erhärtung (I) des aus der Unterlippe
kommenden Spinnfadens diene und daß die Vorderbeine nur dessen Verarbeitung (I) übernehmen, durch ihr flüssiges Sekret
zugleich vor Verkleben mit dem Spinnfaden geschützt (1).; n-1