
86 Zwerghimd. Kurzschwänzige Katze.
Schädel und scharf abgesetzter, naseweis aufgerichteter, kurzer
Schnauze. Dieses — ich möchte sagen — embryonale Aussehen,
besonders am präparierten Schädel auffällig, bestätigt die von meinem
Freunde Dr. Hensel öfters hervorgehobene Regel, dass, wenn zwei
nahe verwandte Thiere sich bedeutend in der absoluten Grösse
unterscheiden, wie die verschiedenen Hunderassen, oder Katze und
Tiger u. s. w., die “kleinen auch im Alter eine mehr jugendliche
Form des Schädels beibehalten, als die grossen, namentlich in der
runden Wölbung des Hirntheils und seinem verhältnissmässigen
Ueberwiegen über den Schädeltheil. Mit der absoluten Grössezunahme
steigt auch die Modification der Form. I
K a tz e n , japanisch neko, sind nicht selten, fast alle gescheckt,
meist schwarz und weiss, zuweilen auch dreifarbig, schwarz, roth-
gelb und weiss, selten nur rothgelb und weiss; nur einmal sah ich
eine gestreifte,' und auch diese hatte mehr Gelb in ihrer Farbe, als
unsere gestreiften, den wilden so ähnlichen zahmen Katzen in
Europa. Diese starken Abweichungen in der Färbung vieler japanischer
Hausthiere von den uns bekannten nächststehenden wilden
Arten könnte darauf hindeuten, dass sie schon seit sehr langer Zeit
nur als Hausthiere, ohne Einfluss fremden Blutes, bestehen, wenn
es nicht vielleicht nur in einer besonderen Vorhebe und daher Bevorzugung
für scheckige Individuen beruht. Alle japanischen Katzen
haben einen sehr kurzen und arg verdrehten Schwanz, es sieht oft
aus, als ob er zusammengeknotet wäre; dasselbe gilt von manchen
chinesischen Katzen und in geringerem Grade auch von denen des
indischen Archipels; zuweilen scheint bei einer japanischen Katze
der Schwanz auf den ersten Anblick gar nicht vorhanden, aber
immer, wo ich sie in die Hände bekommen konnte, fühlte ich noch
ein paar Wirbel bogenförmig aneinander gereiht. Narben, wie vom
Abschneiden eines Stückes, sah ich nie, und auch die von mir
befragten Japaner wussten nichts davon; die Katzen werden so
geboren. Nichtsdestoweniger erscheint es so unnatürlich, dass man
sich des Gedankens nicht erwehren kann,, es sei einst eine künstliche
Verstümmelung und Verdrehung des Schwanzes durch viele
Generationen hindurch Mode gewesen und dadurch zuletzt erblich
geworden. Dass Verstümmelungen, welche die Eltern während dep
Lebens erlitten, auf die Kinder als angeboren übergehen können,
wird zwar principiell geläugnet, aber ist in einzelnen Fällen nachgewiesen,
also an sich nicht unmöglich. (Zool. Garten IV. 219. V. 54,344.)
Kallinchen und Meerschweinchen.
K a n in c h e n sieht man in Japan selten, häufiger in ihren
Bilderbüchern; ihre späte Einführung, wahrscheinlich durch Europäer,
zeigt sich schon darin, dass sie keinen eigenen und allgemein gültigen
Namen haben, sondern eben nur als Bärenhasen, weibliche Hasen
oder weisse Hasen bezeichnet werden. Eben so ist das amerikanische
M e e rschw e in ch en , Cavia <jobaia, auch schon nach Japan gekommen
und figurirt sogar in der Encyclopädie, wo ich das Kaninchen
vermisse. Sie nennt es madara-netsumi, gescheckte Maus, und hat
es ihrer chinesischen Vorgängerin entlehnt, welche, wie mir Prof.
Hoffmann nach Abel-Remusat mittheilte, von 1714 datirt, also einer
Zeit, wo es längst in Europa akklimatisirt war. Ausdrücklich wird
es. hier als »in neuerer Zeit« eingeführt bezeichnet, und dieses,
zusammen mit der Farbenbeschreibung: gescheckt aus mehreren
Farben: weiss, gelb und schwarz, lässt keinen Zweifel darüber, was
gemeint sei, trotzdem dass die Abbildung der japanischen Encyclopädie
es mit einem langen Rattenschwanz darstellt, offenbar weil es
zu den Mäusen gerechnet wird. Dieses bestätigt eine Vermuthung,
die sich auch bei anderen Abbildungen desselben» Werkes aufdrängt,
dass die Abbildungen zuweilen nur nach dem Namen gemacht, d.li.
erfunden sind. Die Encyclopädie bildet eben Alles ab, selbst
Cyclopen und Fischmenschen, und wo sie kein Original oder
richtige Abbildung findet, erfindet sie -eine.
3. Vögei Japans.
Japanische Vögel erhielt ich auf dreifachem Wege zur Anschauung
und theilweise in Besitz. Erstlich durch eigene Exkursionen
in den Umgebungen von Yokohama, noch mehr durch
solche einiger Reisegefährten, welche eifrigere Schützen waren,
und unter denen ich vor Allen den Gärtner Otto Schottmüller,
sodann den Commodore Sundevall und die Seecadetten Graf Schack,
Deinhard, Lindequist dankbar zu nennen habe; zweitens durch kleine
Menagerieen lebender Thiere, hauptsächlich Vögel, in Yokohama
sowohl als Yeddo; drittens durch Besuch der Wildpret- und Geflügelhändler.
Die erste Quelle ergab zunächst die in der Umgehung von
Yeddo häufigeren Arten, Stand - oder im Herbst (namentlich October,
wo der bald gestörte Jagdeifer blühte) vorhandene Zugvögel. Zu
den häufigsten Vögeln des Feldes gehört hier, wie bei uns, eine
Rab en .a rt, von Bonaparte als eigene Species Corvus Japonensis