
einen Wiedehopf, wie es mir schien, nicht von der europäischen
Art verschieden.
Wie diese Gattung, so sind auch die G e ie r von Europa und
Afrika his Siam verbreitet, ohne auf die Inseln des indischen
Archipels überzugehen. Weder auf diesen, noch in China oder
Japan hatte ich Geier gesehen. Die Buddhisten verbrennen die
Leichen, in Bangkok ist eine eigene geräumige Tempelanlage, Wat-
Saket, dafür bestimmt. Aber dieses Verbrennen ist mit Sporteln
an die Priester verknüpft und wenn solche nicht bezahlt werden,
wie in der Regel bei armen Leuten, bleibt die Leiche unbeerdigt
liegen, den Naturkräften zur endgültigen Besorgung überlassen.
Diese stellen sich denn auch alsbald in Gestalt von herrenlosen
Hunden, Raben und Geiern ein; von allen dreien ist eine ansehnliche
Menge in Wat-Saket angesiedelt, hinreichend, um ihren Dienst
mit einer gewissen Regelmässigkeit und Promptheit zu thun. Auseinandergerissene
Skelete und einzelne Knochen findet man in den
etwas abgelegneren Stellen von Wat-Saket daher in Menge umherliegend,
und die Hunde knappem in Ermanglung neuen Stoffes noch
lange daran. Einmal sah ich aber auch eine frische angefressene
Menschenleiche, die eine Hälfte von Gesicht und Brust noch so
wenig verändert, als ob der Mensch schliefe, die andere schon bis
an die Knochen abgefressen, ein Anblick, der auch den an anatomische
Zergliederung .Gewöhnten durchschauern kann. Die Geier
sassen, so lange keine Beschäftigung für sie war, klumpenweise
beisammen auf den Dächern der kleinen HeiligÜiümer, anscheinend
gleichgültig, aber doch stets Wache haltend. Ein angeschossener
suchte durch Sprünge uns zu entkommen und vertheidigte sich,
eingeholt, mit Schnabel und Krallen nachdrücklich und respekt-
erregend bis zum letzten Augenblick. Es war Vultur leuconotus
Gray, grösser und heller gefärbt als der südeuropäische röthlich-
fahle Gänsegeier,. V. fulvus, sonst demselben sehr ähnlich. Alle,
die ich in Wat-Saket gesehen, schienen derselben Art anzugehören.
Sein siamesischer Name ist ren.
Schwärme graublauer Tauben, unsern zahmen sehr ähnlich,
Columba intermedia Strickl., beleben die grosse in einen Buddhatempel
umgewandelte Höhle bei Petshaburi.
Die wilden Hühner bilden bekanntlich einen bezeichnenden
Zug der indischen Länder, aber da sie mehr in Wäldern, als in
bewohnten Gegenden leben, hat der Reisende weniger Gelegenheit
sie zu sehen. Dem englischen Consul, Sir Robert Schomburgk, war
eine neue Art derselben gebracht worden, aber zur Zeit unserer
Anwesenheit nur erst das Weibchen; dieselbe ist unterdessen als
Diardigallus Crawfurdii Gray beschrieben worden, eine Verwandte
des 40 Jahre früher vom französischen Reisenden Diard in Cochin-
china entdeckten Gallus Diardi.6) In Käfigen bei den Eingeborenen
sah ich öfters den javanischen beo, Gracula religiosa L., Turteltauben,
Columba tigrina Tem. und striata L. und den weissgetüpfelten
Bengali, Estrelda amandava L. Letzterer ist wahrscheinlich
der von Pallegoix Colibri genannte Vogel, der in Siam hochgeschätzt
und ein Ausfuhrartikel sei. Nach demselben gehen auch die schönen
blauen Bälge der Eisvögel, siamesisch pik nok katen, als Handelsartikel
nach China zu Kleiderverzierungen, das Hundert zu drei-
bis fünfhundert Francs; hiezu fange man die Vögel, indem man
einen lebenden am Ufer in einem Käfig aufstelle, auf dessen Stimme
andere eifersüchtig herbeieilen und mit den bereit gehaltenen Netzen
berückt werden. Pfauen und Papageien (Palaeornis) sollen im
Innern des Landes leben; wir sahen keine derselben. Die Menge
der Webervögel bei der alten Hauptstadt Ayutia wird schon von
altern Besuchern erwähnt.7)
6. Wilde Säugethiere.
Unter den vierfüssigen Thieren spielt selbstverständlich der
E le p h a n t, siamesisch tshang, die Hauptrolle. Im Innern soll er
noch häufig sein; in Bangkok besitzt meines Wissens nur der König
Elephanten, wir sahen deren mehrere in den königlichen Ställen,
sie wurden regelmässig des Abends an den Fluss in die Schwemme
geritten. Nur wenige hatten grosse Zähne. Da hier noch aller
Verkehr zu Wasser geschieht, so haben sie wenig zu thun und
scheinen mehr nur der Pracht wegen gehalten zu werden. Weiter
aufwärts, im unebenen Land, sind sie das hauptsächlichste Transportmittel
für Reisende und Lasten. Der sogenannte weisse Elephant,
in einer eigenen Abtheilung des königlichen Palastes gehalten, war
ein junges Thier von merklich hellerer Farbe als die ändern, aber
immer noch mittelgrau. (Vgl. Reisebericht IV., S. 275.) Zu seiner
Unterhaltung sind ihm ein paar Meerkatzen beigegeben; im Allgemeinen
führt er aber ein einsames langweiliges Leben, und ist daher
. auch oft verdriesslich gestimmt. Die Hauptmasse seiner Nahrung
besteht, wie bei den ändern Elephanten, in Gras oder Heu; Gras