
214 Siamesische Schlangen — Landschildkröte.
neben der Mutter im Bette verschlungen habe. Neben der Brillenschlange,
Naja tripudians, welche nach Pallegoix auch hier wie in
Vorderindien zum Tanzen abgerichtet wird, ist die einzige Giftschlange,
welche ich in die Hände bekam, der hellgrüne breitköpfige
Trigonocephalus albolabris Gray, nu kio, er war im Garten eines
der europäischen Ansiedler wiederholt vorgekommen. Die Siamesen
halten aber auch viele andere Schlangen für giftig nnd erzählten
dem Bischof Pallegoix Schauergeschichten von Schlangen, deren
blosse Berührung versengt, und anderen, die ebenso mit dem Schwanz
wie mit dem Kopf beissen, ganz wie man es in den Mährchen der
Alten vom Prester und von der Amphisbaena findet. Das letztere
beruht augenscheinlich auf flüchtiger Beobachtung der kleinköpfigen
Schlangen, wie Calamaria, Cylindropliis, Typhlops, bei denen das
Kopfende dem Schwanzende ähnlich scheint, die aber alle giftlos
sind. Dryiopbis prasinus Reinwardt, die ich zu Petshaburi erhielt,
ist ihrer grünen Farbe wegen gefürchtet, worin sie dem vorhin
erwähnten Trigonocephalus gleicht, während der scharf zugespitzte
Kopf diese unschuldige Schlange sogleich unterscheidet. Noch
schöner, mit Goldgelb, Grün und Schwarzbunt gezeichnet, ist Chryso-
pelea ornataShaw., nu kiauoder die Sonnenstrahlschlange der Siamesen.
In dem Hause eines europäischen Kaufmanns zu Bangkok fand ich
einmal alle Bewohner in Aufregung, weil eine Schlange des Morgens
im Zimmer gesehen worden war; vergeblich suchte ich nach derselben
in allen Winkeln und hinter den Möbeln’, endlich fand ich
sie behaglich zusammengerollt unter dem Fussteppich: es war eine
unschuldige Natter, Elaphis virgata. Eine bekannte Kröte, Bufo
melanostictus Schneid., lebt unter losen Steinen auf der grossen
Pyramide, Phra-prang, als ob dieselbe zu ihrer Wohnung gebaut
wäre.
Die meisten der genannten Reptilien finden sich auf den
Inseln des indischen Archipels wieder. Die weiter oben erwähnte
F ühlfadenschlange, Herpeton, dagegen scheint Siam eigenthiimlich
zu sein und ebenso ist Siam das einzige Land, in welchem ich
während meines Aufenthaltes in Ostasien eine L a n d s c h ild k rö te
zu sehen bekam; einer unserer Cadetten hatte sie im Walde an der
Küste von Simaharadsha (Ostseite des Golfes) lebend gefunden; sie
war noch nicht handgross, und ein junges Exemplar von Testudo
elongata Blyth. Auch Pallegoix spricht von kleinen Landschildkröten,
die so wenig selten seien, dass in Ayutia sein dazu dressirter
Siamesische Vögel. 215
Hund ihm fast jeden Tag eine solche in den Feldern auffand und
zuschleppte.6)
5. Vögel.
An Vögeln ist der von uns besuchte - Küstenstrich Siam’s
reich. In der Hauptstadt selbst sieht man wieder den ostasiatischen
Sperling, Passer montauus, und sehr zahlreich einen Raben, Corvus
macrorhynchus Ternrn., siamesisch ka, über dessen Zudringlichkeit
Bischof Pallegoix viel zu klagen weiss; besonders des Morgens und
Abends hörte man sein Krächzen und sah einen nach dein ändern
über unsere Wohnung wegziehen, von oder nach dem Nachtquartier,
wie ich es einst in Stuttgart von der Rabenkrähe gewohnt
war. Im Gras an den Wassergräben, nahe der Stadt, sahen wir
öfters einen schwarzweissen Staar, Acridotlieres nigricollis Paykull,
und auf hohen Bäumen an den Ufern der Kanäle, in der nächsten
Umgebung von Bangkok, nisteten zahlreiche weisse Reiher, Ardea
nigrirostris Gray, und ein Riesenstorch oder Marabu, Leptopila
capillata Tem. Wir sahen mehrmals Flüge des letzteren in V-förmiger
Ordnung wie die Kraniche über uns hinziehen; er ist unter seinem
siamesischen Namen nok-karien schon von älteren Reisenden erwähnt.
Auf der Fahrt durch die Binnenkanäle nach Petshaburi
zeigten sich neben den weissen und ändern Reihern, nok-kasa,
auf den Zweigen der Ufergebüsche bald grössere oder kleinere
blaue Eisvögel, Halpyon Capensis L. sp. und Alcedo Bengalensis
Gmel., bald der zimftttbraune, weissköpfige Seehabicht, Haliastur
Indus, bald ein Pelikan, P. Philippinensis Gmel., nok-pang, bald
Tauben, Drosseln oder der schon von Linné als siamesisch gekannte
Scheerenvogel, Dicrurus paradiseus L. sp. Um Petshaburi
sahen wir besonders häufig einen braunen langschwänzigen Vogel,
den meine Gefährten mit einem Fasan verglichen, weil wir ihn
meist am Boden trafen; aulgescheucht aber flüchtete er mit niedrigem,
etwas schwerfälligem Fluge ins Gebüsch; als einer erlegt
wurde, zeigte sich, dass es ein Spornkukuk war, Centropus
Bengalensis Gmel., nok-ut von den Eingeborenen genannt. Ferner
schossen wir daselbst noch andere Arten kukuksartiger Vögel,
z. B. Eudynamis nigra L. sp., nok-kauau, wahrscheinlich nach seiner
Stimme genannt, Blauracken, Coracias affinis, siamesisch salega,
Bienenfresser, Merops Philippinus, Bartvögel, Megalaema caniceps,
einen dunkelköpfigen Grünspecht, Picus (Gecinus) dimidiatus und