
gültige Regel, dass die Giftschlangen an dem breiten, vom Hals
deutlich abgesetzten Kopf zu erkennen seien, reicht für diese Gegenden
nicht aus, und ein holländischer Offizier zu Ambarawa
musste diese Halbheit seiner zoologischen Kenntnisse kurze Zeit vor
unserer Ankunft auf Java mit dem Leben büssen, indem er einen
Bungarus semifasciatus seines kleinen Kopfes wegen für unschädlich
hielt.31) Dieser Fall ist übrigens der einzige von einem durch
Schlangenbiss getödteten Europäer, wovon, ich während meines
anderthalbjährigen Aufenthalts im Archipel hörte; freilich setzen
sich die Europäer einer solchen Möglichkeit weniger aus, und bei
den Eingebornen mag es öfters Vorkommen, ohne dass die Kunde
davon über die nächste Umgebung hinausgeht; doch auch ich wurde
nie von einer Schlange gebissen, obgleich ich, die anfängliche Vorsicht
bald vergessend, sehr oft sorglos genug in abgefallenem Laub
handirte, Steine umdrehte und den nur leichtbeschuhten Fuss in
Dickicht und Gestrüpp setzte.
Die Giftschlangen des Archipels gehören den Gattungen Elaps,
Bungarus, Naja und Trigonocephalus, im weiteren Sinne genommen,
an. Alle indischen _ Arten der erstgenannten zeigen helle Längsstreifen
auf dunkelem Grunde und können ihres kleinen Mundes
wegen kaum einen Menschen verwunden, sind also praktisch nicht
gefährlich, obwohl Dr. A. B. Meyer bei einigen derselben eine kolossal
entwickelte Giftdrüse nachgewiesen hat.32) Die Arten von Bungarus,
ular belang auf Java genannt, sind weiss und schwärzlich geringelt,
theils vollständige Ringe, theils am Bauch unterbrochen;
Schlangen derartiger Zeichnung also sind es, die neben den dickköpfigen
besonders zu meiden sind. Da Vorderende und LIinterende
auf den ersten Blick bei denselben nicht allzu verschieden aussehen,
so hält das Volk sie hier für doppelköpfig, und warnt vor den
doppelköpfigen Schlangen als besonders gefährlichen, ein Aberglauben,
deö'wir ebenso bei den alten Griechen, wenn auch durch
andere Gattungen veranlasst, finden und dem der Name Amphis-
baena seine Entstehung verdankt. Beide Gattungen, Bungarus und
Elaps, sind in einigen wenigen Arten über die drei grossen Sunda-
Inseln verbreitet; auf den Molukken sah ich sie nicht. Ebenso die
mit Vorderindien gemeinsame Brillenschlange, Naja tripudians, im
Leben daran kenntlich, dass sie in Gefahr den Vorderleib aufrichtet
und den Hals durch Aufwärtsziehen der vorderen Rippen schildartig
verbreitert. Valentyn beschreibt sie als »Bergschlange« von
der Insel Bali, deren Fauna ja überhaupt nahe mit derjenigen von
Java übereinstimmt; weiter östlich ist sie noch nicht mit Sicherheit
bekannt. Im östlichen dagegen wie im westlichen Theil des Archipels,
von Malakka bis Amboina und Timor, finden sich die theils
grünen, theils braunen Trigonocephalus (einschliesslich Tropidolaemus)
mit breit dreieckigem Kopf, ähnlich dem der Klapperschlange;
sie können den Rachen so weit aufsperren, dass Ober- und Unterkiefer
fast in einer Ebene stehen und er bietet dann mit den spitzen
aus dem rosenrothen Zahnfleisch vorstehenden Giftzähnen einen
allerdings erschreckenden Anblick. Gleichmässig mit kleinen Schuppen
bedeckt ist der Kopf (Tropidolaemus) bei dem grünen quer gebänderten
T. Sumatranus Raffl. (Wagleri Sehleg.), ular kapok auf Malakka,
Sumatra und Celebes, dem einfarbig grünen T. viridis Daud.
(gramineus Shaw) v.on Sumatra (ular daun) bis Timor (ular kesan)
verbreitet, sowie bei dem rothbraunen T. puniceus Schlegel von
Java und Sumatra. Grössere Tafeln auf dem Kopfe, wie die meisten
unschädlichen Schlangen, zeigt der ebenfalls bräunliche T. rhodo-
stomus Reinw., ebenfalls auf Java und Amboina (ular kawa); Borneo
hat einige verwandte Arten. Eine neuholländische, in unserem Gebiet
bis jetzt erst auf Ceram beobachtete Form von Giftschlangen
ist der hochäugige braune Acanthophis cerastinus Lacep.
Unter den f ro s c h a r tig e n Reptilien, malaiisch kodoq oder
lantji, treten auch hier als drei Hauptformen die Laubfrösche mit verbreiterten
Zehen, die eigentlichen Frösche und die Kröten hervor.
Die ersteren sind auf den Sunda - Inseln (Celebes und Timor) hauptsächlich
durch die Gattung Polypedates vertreten, nebst einigen anderen
selteneren, wie Hylorana, Ixalus, Rhacophorus, Cornufer und Hy-
laedactylus, während den Molukken all diese fremd sind und dafür
der neuholländische Calamita (sive Pelodryas) caeruleus White33)
auf Ternate, Buru und Amboina auftritt, der seinen Artnamen »blau«
von der Farbe der in Spiritus aufbewahrten Exemplare europäischer
Sammlungen hat, da er doch im Leben so grün wie unser einheimischer
Laubfrosch ist. Micryla ist die einzige Gattung des Archipels
mit unausgebildetein Ohr, schliesst sich aber im Uebrigen an
die Laubfrösche an.
Die eigentlichen Frösche zeigen auf den Sunda-Inseln die
Gattungen Oxyglossus und Rana, von welch letzterer auch je eine
Art auf Amboina und Timor Vorkommen soll, nebst den selteneren
Hornfröschen: Megalophrys und Ceratophryne. Zahlreicher sind