
Gorgonien-reichen Westindien. So erhielt ich hier die zarte Prymnoa
gracilis Gray, wohl nicht verschieden von der Art des Mittelmeers,
und sah mehrere Exemplare von Antipathes subpinnata Solander,
auf deren Zweigen sich eine interessante Cirripede, Oxynaspis celata,
einnenistet hatte, ferner drei Arten grösserer Sternkorallen, in denen Ö . . o
allen ich europäische Arten wiederzuerkennen glaube: Dendrophyllia
ramea L. sp., mit gestreiftem Stamm und kurzen dicken Endästen,
D. cornigera Blainville, deren Endäste etwas länger sind, von ihrer
Basis gegen ihr freies Ende zu an Umfang zunehmen und fast rechtwinklig
vom Stamm abgehen, endlich Oculina (Lophelia M. E.) pro-
lifera Pallas sp., ausgezeichnet durch ihre tiefen, seitlich zusammengedrückten
Kelche mit sehr ungleichen, am Rand übergreifenden
Lamellen, ohne Mittelsäule. Diese ist auch in der Nordsee zu
Hause, die anderen im Mittelmeer.14)
Zahlreiche kleine nackte Mollusken, namentlich von den Gattungen
Doris, Polycera und Aeolis, aus dieser Region wurden von
Herrn Johnson beobachtet. Es ist bemerkenswert]!, dass die vorherrschenden
Farben derselben vorzugsweise zwischen Gelb und
Roth sich bewegen; auch die Farbe der Dendrophyllien im frischen
Zustande scheint pomeranzengelb zu sein, nach dem einen vor nicht
langer Zeit aufgefischten Exemplar, das mir gezeigt wurde, zu ur-
theilen. Wie Blau bei den auf hoher See lebenden Thieren, so
scheint Roth nahe der untern Gränze der Ebbe (Corallina offtci-
nalis, Asteriden, Kellia rubra) und das schwächere Gelbroth in
der Region der Stemkorallen eine häufige Farbe der Thiere zu sein.
Als Resultat aus dem, was man bis jetzt über die Thiere
M a d e i r a ’s kennt, lässt sich aussprechen, dass die Fauna dieser
Insel, ihrer geographischen Lage entsprechend, im Allgemeinen und
Grossen sich zunächst an die Fauna des Mittelmeerbeckens an-
schliesst, ja in Bezug auf die Mehrzahl der Thierclassen derselben
zugezählt werden darf; die Abweichungen von derselben bestehen
hauptsächlich darin, dass
bei den grösseren Landthieren sich dieselbe Armuth wie bei
allen vom Festland entfernteren Inseln geltend macht;
bei den kleineren dagegen, namentlich Schnecken und Käfern,
ein grösser Reichthum an eigenthümlichen nicht nur Arten,
sondern auch Formen (Gruppen, Untergattungen oder ldeinen
Gattungen) hervortritt, so dass man genöthigt ist, für
diese Classe die Insel als eigenes Reich oder Verbreitungs-
Centrum zu betrachten;
die Süsswasserthiere womöglich noch schwächer als auf den
grössem Inseln des Mittelmeers vertreten sind;
bei den Meerthieren der obern Litoralzone die Uebereinstimmung
mit der Mittelmeerfauna mehr auf Aehnlichkeit als Identität
der Arten beruht (Patella, Trochus, Haliotis) und durch
Auftreten einiger tropisch - atlantischen Gattungen gestört
wird (Pedipes, Plagusia). Interessant in dieser Beziehung
sind zwei der häufigeren Litoralschnecken, welche die Fauna
M a d e i r a s nach verschiedenen Seiten hin verknüpfen: Purpura
haemastoma ist hier viel häufiger als in dem fluthlosen
Mittelmeer und erinnert an die eben so häufige Purpura
lapillus der oceanischen Küsten Europa’s bis Norwegen,
und sie selbst ist an allen tropisch- atlantischen Küsten zu
Haus; Litorina striata hält im Allgemeinen in ihren Kennzeichen
die Mitte zwischen der grössern Art der Nordsee,
L. htorea, und der ganz kleinen des Mittelmeers, L. neri-
toides L. sp., zeigt aber auf ihren obem Windungen die
ersten Spuren einer Sculptur, welche bei der westindischen
L. muricata L. sp. vollständig entwickelt ist. Trochus co-
lubrinus ist einerseits nahe verwandt mit dem westeuropäischen
crassus und dem Tr. Olivieri des Mittelmeers,
andererseits mit Tr. Tamsii der Capverdischen Inseln.
Unter den eigentlichen Meerthieren zeigen sich neben
solchen, die vollständig mit denen des Mittelmeers übereinstimmen,
einzelne mit denen der Nordsee identische (Oculina
prolifera) oder nächstverwandte (ein von Johnson gefundener
neuer Platycarcinus), aber auch einzelne mehr an
(¿ie Tropenwelt erinnernde, wie Pecten corallinoides und
Madracis.