
10 Vartheilung und Verwandtschaft der Landschnecken.
H. adspersa entsprechend, scheinen zu fehlen. Die kleine, an den
dürren Südabhängen am Boden häufige, zierliche Helix polymorpha
erinnert zugleich an unsere europäische H. rotundata und lapicida,
ihr Vorkommen gleicht dem der H. rotundata. Die halbbedeckten,
viel Feuchtigkeit verlangenden Vitrinen (V. nitida Göuld und Rui-
vensis Couthouy) sind in den höheren Waldgegenden zu Hause,
beide sind grösser, als die europäischen Arten. Nacktschnecken
sind auch nicht selten, ich sah kleine hellbraune Arion (ater L.?),
unseren deutschen Limax agrestis, dann die südwesteuropäischen
L. gagates Dr. und (wahrscheinlich) L. Sowerbyi Fer. Neben diesen
sind noch einige kleine Mulmschneeken, wie Hyalina cellaria, mit
Europa gemeinsam; ferner Stenogyra decollata L., die aber hier so
wenig wie dort verwandte Arten findet; ich habe die letztere nur
in der nächsten Umgehung Funchals gesehen und werde dadurch
in der Meinung bestärkt, dass sie eingeschleppt sei; sie ist hier
viel dünnschaliger, mehr glänzend, durchscheinend und gelb, als
gewöhnlich in Italien, offenbar fehlt es ihr an Kalk. Die Cyclostomen
sind nur durch zwei Arten einer kleinen, Europa fremden Gruppe,
Craspedopoma, repräsentirt, deren dritte Art auf den canarischen
Inseln lebt. Es sind dieses übrigens kleine Erdschnecken, in der
Lebensart unserem Cyclostoma ähnlich, in Humusboden zu finden.
Die Gattung Pomatias, früher für rein europäisch gehalten, bis in
der neuesten Zeit Eine Art auf den canarischen Inseln gefunden
wurde, wird auf M a d e i r a (bis jetzt) vermisst; dieses scheint sich
daraus zu erklären, dass es kalkliebende Felsschnecken, und unsere
Insel keine Kalkfelsen hat, daher überhaupt die specifischen Felsschnecken
sehr zurücktreten, so ist z. B. die Gattung Pupa zwar
zahlreich vertreten, aber durch lauter kleine Mulmschnecken;
Analoga unserer Pupa avena und frumentum scheinen ganz zu
fehlen. Clausilien sind jedoch mehrere vorhanden, darunter fand
ich eine mit sehr dickem Mundsaum, CI. Lowei, in der Waldregion.
Die zwei Hauptregionen M a d e i r a ’ s treten auch in dem Vorkommen
der Landschnecken deutlich aus einander: der unteren
warmen und trockenen des bebauten Landes und der dürren steinigen
opuntienreichen Abhänge gehören die mehr eigenthümlichen H. un-
data, nitidiuscula, polymorpha; der höheren feuchten Waldregion
die Nacktschnecken, Vitrinen und Hyalinen, Craspedopoma, Pupa
und Clausilia, also grossentheils den europäischen ähnliche oder
gleiche Formen. Von eigenen Strandschnecken konnte ich nichts
Süsswasserschnecken. Insekten. 11
sehen, obwohl Lowe’s Gruppenbenennung Ochthephila darauf deutet,
sie dürften mehr in Portosanto auftreten.
S ü s sw a s s e r s c h n e c k e n sind sehr sparsam, ich fand nur
zwei, Limnaeus truncatulus und Ancylus aduncus Gould (exp. shells
p. 41), in kleinen Rinnsalen und Bächen; ersterer ist europäisch und
der zweite einer europäischen Art sehr ähnlich und beide gerade
unter allen anderen europäischen dadurch ausgezeichnet, dass sie
zuweilen auch über dem Wasser, nur im Feuchten, leben, was für
die hiesigen. Verhältnisse vollkommen passt. Herr Johnson zeigte
mir eine dritte bei Funchal gefundene, Planorbis glaber Jeffr.,
unserem PL albus sehr ähnlich, auch in der schiefen Mündung,
aber ohne Haare.6)
Die benachbarte Insel Portosanto besitzt mehrere grössere
dickschalige Arten von Landschnecken, welche M a d e i r a fehlen, so
z.B. H. Portosanctana, wahrscheinlich auf Kalkboden; von 64 Arten,
welche Portosanto besitzt, sind nur eilf mit M a d e i r a gemeinschaftlich.
Auch die Desertas haben eine oder zwei eigenthümliche Formen,
neben einigen gemeinschaftlichen.
In s e k te n . Wenn die Vögel durch ihre leichte Beweglichkeit,
die Landschnecken durch ihre örtliche Beschränktheit die zoologische
Geographie interessiren, so finden wir bei den Insekten Beispiele
für beides. Auf den ersten Anblick bieten die Insekten M a d e i r a ’ s
nichts Besonderes dar, man findet keine schon dem Laien auffällige
eigene Form, da und dort kleine schwarze Käfer am Boden, hie
und da einen Schmetterling, wie sie in Europa auch sind oder sein
könnten. Jedoch eine nähere Untersuchung führt zu anderen Resultaten.
Herr Wollaston hat mehrere Jahre hindurch nur die Käfer
der Insel mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt und'ein eigenes
schönes Werk darüber herausgegeben. Die hervorragendsten Züge
sind hiernach, dass unverhältnissmässig viel ungeflügelte Arten Vorkommen,
dass die Familie der Melasomen hier besonders reich
vertreten ist (Schmarda wählt sie als die bezeichnende für das
Mittelmeerbecken), und dass der Verbreitungsbezirk der einzelnen
Arten sehr beschränkt ist; in jeder Schlucht findet man wieder
andere, nicht nur Portosanto, sondern auch die einzelnen Desertas
haben eigenthümliche Arten. Die meiste Verwandtschaft und Artengemeinschaft
findet auch für diese Classe mit den Ländern- um das
Mittelmeer Statt. Dieselbe Aehnlichkeit tritt in anderen Ordnungen
durch das Vorkommen der italienischen Termite, Termes lucifugum