
I.
MADEIRA.
VOM 30. MAERZ BIS 12. APRIL 1860.
Durch den englischen Kanal und die unruhige biskayische See
hatten uns die schönen Silbermöven in grösserer Anzahl begleitet;
als am 26. März Cap Finisterre hinter uns lag, der Himmel klar,
die See still wurde und die ersten sogenannten Passatwolken sich
zeigten, wurden sie seltener; die letzte zeigte sich am Nachmittage
des 28., in 37^ Grad Nordbreite; die Temperatur war in diesen
Tagen rasch gestiegen, des Morgens um 6 Uhr yon 8° K. auf 14,
des Mittags von 10 bis 12 auf 20, des Abends 10 Uhr von 8 bis 9
auf 15 bis 17. Jeder beeilte sich, die warmen Winterkleider, die
sowohl des Windes als Regens wegen in der spanischen See so
gute Dienste gethan, mit der leichtesten, hellsten Sommertracht zu
vertauschen. Unter solchen Eindrücken kam uns M a d e i r a in Sicht,
in Begleitung der drei eckigen Felseninseln, las Desertas, von kleinen
Sturmvögeln (Puffinus?) umflogen. Aller Augen, unbewaffnet oder
bewaffnet, waren nach der Insel gerichtet, gegen welche die abnehmende
Briese uns nur langsam hintrieb. Sie verdient auch jetzt
noch ihren Namen, von materia, Bauholz, wegen der dichten Bewaldung
der höheren Gegenden; die höchste Spitze, der Pico Ruivo
(rothe Spitze), blieb von Wolken verhüllt; terrassenartige Abstufungen,
von fern an die der schwäbischen Weinberge erinnernd, zeigten,
wie hoch die Bodencultur an den Bergen hinaufreiche; einzelne
gelbe Streifen wurden als Zuckerrohrfelder gedeutet. Der weisse
Fleck unten, der Funchal sein sollte, nicht ohne Grund von einem
früheren Reisenden mit einem Haufen ans Ufer geworfener Austerschalen
verglichen, entwickelte sich mehr und mehr zu einer ansehnlichen
Stadt, in welcher wir bereits die einzelnen Dattelpalmen mittelst
des Fernrohrs zählen konnten. Kaum war der Anker gefallen,