
Sprüchworte, dass das Meer nichts behalte; auch todte Fische,
nur wenige Algen. Die einzigen lebenden und geniessenden Wesen
zwischen diesen Leichen sind flüchtige Asseln mit langen Gabelschwänzen,
L ig ia (Baudiniana M. E.?), sehr zahlreich und in sehr
verschiedener Grösse. Wo man steht und geht, sieht man vor sich
dieselben aus einander eilen, tun sich zu verbergen; man muss rasch
zugreifen, um sie zu erhaschen, und doch vorsichtig, um sie nicht
ganz zu verderben Denn sie laufen an der Luft sehr schnell,
weniger schnell unter Wasser, wohin sie sich gelegentlich flüchten,
ohne zu schwimmen. Sie wissen sich vortrefflich in kleine Spalten
zu verstecken. Die grössten fand ich immer dicht über dem Wasser,
in grösseren Gesellschaften bei einander und stillsitzend, bis sie
aufgeschencht wurden; kleinere sieht man öfter freiwillig umherstreifend
und weiter vom Meere entfernt, an Mauern ziemlich hoch
hinauf, so dass sie mit den ersten Landpflanzen Zusammenkommen.
Aber an süssem Wasser oder überhaupt fern vom Meere habe ich
sie nie gesehen, so wenig als ihre europäischen Schwestern, L.
ooeanica L. sp. und L. italica E.; ihr Vorkommen an einer ummauerten
Stelle des Sees von Rodrigo verrieth mir allein schon
den Salzgehalt desselben, ehe noch der Geschmack ihn bestätigte
und ein Blick auf die Karte ihn erklärte.
Nach den Ligien und bei Ebbe noch ausser Wasser findet
man kleine Strandschnecken, Litorina lineata Orb. Phil., blassblau
mit feiner dunkler Zickzackzeichnung, auch von ihnen die kleineren
Exemplare zahlreicher und weiter oben, die grösseren fast immer
unter Wasser; es scheint nicht, dass sie hier die gewöhnliche Fluth-
gränze nach oben überschreitet.5) Noch etwas tiefer treten gelbliche
kleine Meereicheln (Chthamalus?) auf,, besonders zahlreich in
einspringenden Ecken. Schon hier verweilt zuweilen eine glatte,
dunkelbraune Krabbe, Grapsus cruentatus Latr., in einer der Spalten
zwischen den schief gelagerten Steinschichten, wo sich das Wasser
von einer Fluth zur anderen erhält. Aufgeschreckt, läuft sie entweder
längs der Spalte hastig, auf Taschenkrehsmanier seitlich
gehend, abwärts dem Meere zu, oder sie schmiegt sich, von diesem
abgeschnitten, noch enger zwischen die Steine, regungslos und nur
die Scheeren dem Feinde bietend, die sie auch Heber verliert, als
sich daran herausziehen lässt. Bei Praya forinosa hatte ich eine
Krabbe (Eriphia) erhascht, welche nur noch Eine Scheere hatte;
der Verlust musste noch neu sein, da noch keine Spur von Nachwachsen
zu sehen war, und das Thier schien zu leiden, denn es
bewegte sich merklich langsamer, als die übrigen.
Auch einzelne grössere Schnecken, Purpura haemastoma L.
sp., findet man schon hier an den Felsen sitzend.
An der Ebbegränze, dicht unter dem Chthamalus, findet sich
ein breiter schwarzer Streifen von kleinen gekrümmten Miesmuscheln,
Mytilus Charpentieri Dkr., untermischt mit einer eben so kleinen,
glatten Modiola, ähnlich dem Mytilus minimus Poli des Mittelmeeres,
der eben so am Meeresrande wohnt. Seihst hier noch keine AlOg en,■
ausser vereinzelten Exemplaren von Ulvaceen (Phycoseris und
Enteromorpha). Die letzteren sind neben kleinen Ligien auch die
einzigen Bewohner der kleinen Schlammpfützen zwischen Steinen,
an der Stelle, wo eine neue Strasse längs des Strandes angelegt
wird.
Steingrund.
Die nächstfolgende, nie vom Wasser entblösste Tiefenregion,
lernte ich nur durch einige Schleppnetzzüge kennen, dicht bei einer
niedrigen Klippe in der kleinen Bucht nordöstlich von der Stadt; diese
brachten aus ein bis zwei Faden Tiefe zahlreiche Seeigel, Psam-
mechinus variegatus, einige Encope emarginata Gmel. sp., und noch
viel zahlreichere, mit verschiedenem Lebendigen besetzte Steine
heraus; der grösste Theil derselben war mit kleinen Meereicheln
(Baianus) und mit einer Pantoffelschnecke, Crepidula aculeata Chemn.,
bedeckt, oft mit beiden zugleich, indem auf den grösseren, also
älteren, Crepidulen selbst ein Baianus aufsass. Die Schale dieser
Schnecke ist dunkelrothbraun, in der Jugend mit divergirenden
Reihen weisser Stacheln besetzt, im Alter mehr oder weniger abgenutzt;
sie klebt so fest an den Steinen wie Patella, so dass sie
nur durch Unterschieben einer Messerklinge oder dergl. davon zu
trennen ist, und scheint noch weniger beweglich, als die Patellen,
denn ihr Rand schmiegt sich genau allen Unebenheiten des Steines
an, so dass er an jedem Individuum verschieden ist, und die ganze
Schnecke hinterlässt nach ihrer Entfernung eine polirte Stelle als
Spur ihres Sitzes. Dazwischen fanden sich kleine Chiton, kleine
Serpulen, roth in weissem Gehäuse, und einige andere Rothwürmer,
ganz kleine Krabben, seltener einzelne Isopoden, und verschiedene,
meist kleine Conchylien, so Venus flexuosa L., Cerithium atratum
Born6), Fissurelia sp., ■ letztere zwei fast immer von Bryozoen über