
Von den zwei häufigsten Landschnecken in der Umgebung der holländischen
Hauptstadt Timor’s, Kupang, schliesst. sieh die eine, Helix
argillacea, entschieden zunächst an ähnliche, reicher entwickelte
Arten des nördlichen Australiens an, aber die andere, Bulimus
contrarius, gehört einer enggeschlossenen Artenreihe an, welche von
Sumatra über Java, Sumbawa und Flores bis liieher verbreitet ist und
weder in Australien noch selbst auf den Molukken Verwandte findet,
wohl aber auf allen Sunda-Inseln und auf dem hinterindischen Festlande.
Hierin stimmt also Timor mehr mit Java und Asien überein
als selbst die Molukken, Die Landschnecken haben im Allgemeinen
eine geringe Verbreitungsfähigkeit und sind beispielsweise innerhalb
Europa nach den verschiedenen Ländern weit verschiedener als. die
hohem Thiere, und eben deshalb für die Begränzung der Faunen
von besonderer Brauchbarkeit.4)
Wie limor an Neu-Holland, so und noch mehr schliessen
sich die Molukken an Neu-Guinea, einigermaassen auch das nördliche
Celebes und nordöstlichste Borneo an Mindanao, West-Borneo an
Siam (vgl. oben S. 225), sehr entschieden endlich Sumatra an Malakka
in ihren Landtieren an. Die Meeresfauna dagegen ist durch
den ganzen Archipel eine mehr übereinstimmende, ein Theil der
grossen indo-pacifisclien, welche von Ost-Afrika bis Polynesien
herrscht.
1. Land-Säugethiere.
Die Affen sind auf den drei grossen Sunda-Inseln (Sumatra,
Java und Borneo) zahlreich und manmchfaltig, schwinden aber rasch
im Osten. Der eigenthümlicliste ist der O ra n g -u ta n , nicht .ganz
• selten in den Ulerwäldern im mittleren Laufe der grossen Ströme
auf Borneo und angeblich auch in Sumatra zu Hause. Auf letzterer
Insel bekam ich ihn nicht zu Gesicht, auf ersterer sah ich mehrmals
junge, vor Kurzem eiugefangene, von den eingeborenen Soldatenweibern
mit nahezu mütterlicher Zärtlichkeit aufgezogen und ihnen,
wie sie sagten, um keinen Preis feil. Das langsame, unbehülfliclie
und zärtliche Wesen des jungen Thiers iu seinen ersten Jalireu,
ganz das Gegentheil des leidenschaftlich-beweglichen so vieler anderer
Affen, lässt ihn neben seiner Menschenähnlichkeit in der That
als grossen Säugling erscheinen. Im Klettern und Balanciren auf
schwankem Seile zeigt er sich als ächten Allen und weiss die langen
Arme dabei, wenn auch nicht besonders rasch, doch ausgiebig fürdernd,
öfters wie Enterhaken, zu benutzen. Der Name Orang-utan
ist malaiisch und bezeichnet Waldmensch (nicht Orang-utang, was
verschuldeter Mensch bedeuten würde), kann aber nicht als einheimischer
Name des Tliieres gelten, denn wo er lebt, wenigstens in
Borneo, ist die einheimische Sprache nicht die malaiische, und der
Malaie denkt sich unter jenem Ausdruck nicht gerade diesen Affen,
sondern wirkliche, in Wäldern lebende, d. h. uncivilisirte Menschen,
gtwa das, was bei uns der gemeine Mann unter dem Ausdruck
»Wilde« sich denkt. Die Eingeborenen im Innern von Borneo haben
eigene Namen für ihn, je die verschiedenen Stämme verschiedene,
so mias, mawe etc.
Die drei Gattungen der langarmigen Affen, Schlankaffen und
sogenannten Makako (Macacus Cuv., Inuus Wagn.) sind den grossen
Sunda-Inseln mit dem indischen Festland gemein, die Arten öfters
-den einzelnen Inseln eigenthümlich oder Sumatra und Borneo gemeinschaftlich
(Macacus nemestrinus), die javanischen aber den
suinatranischen öfters sehr ähnlich (Semnopithecus Maurus dem
pruinosus). Die la n g a rm ig e n Affen hörte ich öfters des Morgens
während der Landreise durch Sumatra in den Wäldern, es war ein
vielstimmiges, lustiges, helltönendes Gebell, das der betreffenden
Art (Hylobates variegatus) hier die Benennung ungko, ungka, im
westlichen Borneo (H. concolor) kalampiauw, auf Java die von
»Wauwau« eigentlich uwa -uwa verschafft hat. Die grösste Art, den
schwarzen Siämang, H. syndactylus Raffl., sah ich nur einmal auf.
Sumatra und zwar einen allein, hoch oben quer über meinen Weg
von einem Baum zum ändern, ungefähr 20 Fuss weit, sich schwingend.
Unter den langgeschwänzten Schlankaüen oder ernsten Affen
(S em n o p ith e c u s Fr. Cuv.), die im ernsten Wesen dem Orang-
utan sich nähern, ist auf Java der häufigste der schwarze lutung,
Semnopithecus Maurus L. sp. (vgl. oben S. 52); auf Sumatra sah
ich als Gefangenen den ähnlichen etwas helleren S. ptuinosus Desm.
(cristatus Raffl.) ebenfalls lutung, aber auch tshing-kau genannt,
und den sch warzsch opfigen simpai, S. melalophos Raffl., letzterer
schon ein mehr aufgeweckter, lustiger Spielkamerad. Der eigentümlichste
ist der Nasenaffe, S. nasica Schreb., der in den Uferwaldungen
des Kapuasstromes auf Borneo nicht selten sein soll,
also Gesellschafter des Orang-utan, dem er auch in der rothbraunen
Haarfarbe und der für seine Gattung bedeutenden Grösse etwas
ähnelt; auch er verräth sich oft von ferne durch seine laute Stimme,