Die Elemente der Facettenglieder.
Der in der äusseren Kugelschale suspendierte Augenkörper baut sich aus drei Lagen
von Zellen auf, welche bei allen Polyphemiden in gleicher Weise gruppiert sind. Die innerste
Zelllage bildet die Retina. Ihre Zellen ordnen sich so, dass immer sieben auf ein Facettenglied
kommen. Fü n f davon, die „Retinulazellen“ stehen in gleicher Höhe; sie sind stark in die Länge
gestreckt und rund um das Rhabdom herum angeordnet, welches als Differenzierungsprodukt ihres
Plasmas anzusehen ist. In den kurzen Gliedern sind die Rhabdome keulenförmig (Fig. 21), in den
langen dagegen regelmässig cylindrisch, stabförmig (Fig. 13, 23). Ihr Querschnitt is t kreisförmig
bei Bythotrephes (Fig. 8), Podon (Fig. 32) und Evadne (Fig. 29), unregelmässig fünfeckig bei Pöly-
phemus (Fig. 22) und Leptodora (Fig. 26) und lä sst ste ts einen intensiv gefärbten Kern von einem
glashellen Mantel unterscheiden; das proximale Ende is t stets etwas zugespitzt. Ueberall lässt sich
bei ihnen die Plättchenstruktur nachweisen, am gröbsten is t dieselbe bei Pölyphemus (Fig. 21, 23).
D ie Retinulazellen liegen natürlich dem Rhabdom dicht an und bilden eine geschlossene Scheide
um dasselbe, er st an ihrem distalen Ende sind sie deutlicher von einander geschieden und sogar
stark verbreitert; ihre Kuppen ragen noch beträchtlich über das Rhabdom hinaus (Fig. 13, 21, 25).
Der Querschnitt der Retinula is t daher am proximalen Ende kreisförmig (Fig. 2, 8e, 31), am
distalen Ende rosettenartig (Fig. 8 a —d, 22, 26, 32). In den angeschwollenen distalen Enden der
Zellen liegen ungefähr in gleicher Höhe auch die .grossen runden Kerne. Das Pigment, welches
nicht an besondere Pigmentzellen gebunden ist, sondern in den Retinulazellen ausgeschieden wird,
lä sst in der Regel diesen Teil der Zelle frei, nur bei Pölyphemus und im Frontauge von Bythotrephes
sind auch die Kerne dicht in Pigment eingehüllt (Fig. 1, 13, 20, 21).
Ueber den Ein tr itt der Nervenfasern vergl. pag. 40.
Unmittelbar an das Rhabdom schliesst sich dann nach aussen der Kry sta llkeg el an, so-
dass seine Spitze noch von den keulenförmig verbreiterten Enden der Retinulazellen umgeben
ist. Diese weichen hier, wie bereits bemerkt wurde, auseinander, und in die dadurch entstehenden
Zwischenräume drängen sich die beiden letzten der erwähnten 7 Zellen mit ihren zipfelartigen
proximalen Enden hinein (Fig. 7, 8 a und b). D ie Rosetten der Retinulazellen erscheinen daher auf
derartigen Querschnitten nicht regelmässig polyedrisch, sondern erinnern in ihrem Aussehen sehr
an die unregelmässige Blumenkrone von Viola. D ie fünf Blätte r sind nämlich in zwei Gruppen
zu zweien und dreien gestellt, zwischen denen jene beiden Zellen sichtbar sind. Mit Ausnahme
von Pölyphemus sind diese nicht pigmentiert und stets mit nur wenigem körnigen Plasma erfüllt,
welches gerade ausreicht, die ansehnlichen ovalen Kerne in der Mitte ihres Lumens zu suspendieren
(n. stz. Fig. 7, 13, 20, 21, 25, 27 c, 28, 30). Ihre Membranen sind dagegen stark entwickelt,
und ihre Aufgabe besteht allem Anschein nach nur darin, die Zwischenräume zwischen
den Spitzen der Kry sta llkeg el auszufüllen und den Stielen derselben einen Halt zu geben. Dafür
spricht auch ihre regelmässige epithelartige Anordnung. A u f dem Querschnitt erscheinen sie,
oberhalb der Retinulazellen, rechteckig und umfassen den Kegelstiel gerade, wie die Backen einer
Holzklemme eine Glasröhre (Fig. 7, 18). Wo die Stiele, wie in den Frontaugen von Bythotrephes
und Podon besonders stark entwickelt sind, reichen sie nicht bis zwischen die Endkegel hinauf,
sondern bilden eine nach aussen v ö llig ebene und mit der Cornea parallel verlaufende Zellplatte
um die Retina herum (Fig. 1, 30). Der noch übrig bleibende Raum zwischen den Kegeln wird
dann von der schon erwähnten blutähnlichen Flüssigkeit erfüllt (vergl. pag. 14). S am a s s a bildet
diesen Ranm naturgetreu ab (1. c. Taf. VI, Fig. 36, S P.), deutet aber die ihn erfüllende Substanz
„als eine bindegewebige Pla tte, welche vom Bindegewebe des Kopfes entspringt und bogenförmig
in gleichmässigem Abstande von den Enden der Pigmentbecher nach vorne zieht und sich hier an
der Hüllmembran des Auges befestig t“ (1. c. pag. 118— 119). Jedenfalls hat S am a s s a die auf
Schnitten in der Substanz sichtbar werdenden rundlichen farblosen Körperchen für Kerne angesehen
(hlr. Fig . 1, 13). Diese sind meiner Meinung nach aber nichts anderes als Vakuolen, die
sich bei der Gerinnung gebildet haben und welche man in ganz derselben Weise auch in der
übrigen Blutflüssigkeit findet. Uebrigens entspricht diese Erklärung auch völlig den von C la u s
(1879, pag. 74) an Phronima und von C h u n (1. c. pag. 218) an Arachnomysis gemachten Befunden. —
Ueberall, wo die Facettenglieder kürzer sind, wird der Raum zwischen den Krystallkegeln allein
von jenen beiden Zellen erfüllt, welche sich also in diesen Fällen auch nach oben hin zuspitzen
müssen. Sie erscheinen dann bisweilen ausserordentlich gestreckt, ihre Kerne liegen aber immer
in der Nähe der Retina in gleicher Höhe angeordnet. Besonders bei Pölyphemus fallen die beschriebenen
Zellen in ihrem Verlauf zwischen den Krystallkegeln bis zu deren distalen Enden in
die Augen, da sie hier pigmentiert sind und das Pigment bei dem geringen Plasmainhalt der Zellen
auf Schnitten hauptsächlich den Rändern derselben angelagert erscheint ; die Mitte bleibt ziemlich
klar (Fig. 20, 21). '
D ie Deutung dieser Zellen, welche bisher nur von W e i sm a n n (1874, pag. 364) und
C a r r i è r e (1. c. pag. 174) bei Leptodora gesehen, aber nicht in ihrer Zahl besimmt worden sind,
kann verschieden ausfallen, je nachdem man auf das eine oder andere Merkmal Gewicht legt.
Ihre Pigmentierung bei Pölyphemus, sowie ihre Lage um die Krystallkegel herum, auch ihre
Zweizahl lassen sie als den sog. Hauptpigmentzellen entsprechende Gebilde erscheinen. Andererseits
is t aber ebensowohl die Auffassung berechtigt, sie als nach oben geschobene Retinulazellen
anzusehen, welche aus diesem Grunde ihre ursprüngliche Funktion aufgegeben haben. Ihre engere
Beziehung zur Retina ergibt sich daraus, dass sie in den genannten Frontaugen von den Endkegeln
zurückweichen, nicht aber von der Retina und auch hier tie f zwischen die Retinulazellen
eindringen. Ich neige mich der letzteren Ansicht um so mehr zu, als bei den meisten
Arthropoden sich sieben Zellen an dem Aufbau der Retinula beteiligen.
Die zweite Zelllage des Augenkörpers dient zur Erzeugung des dioptrischen Apparates.
J e fünf Zellen derselben kommen auf ein Facettenglied und gehen fast ganz in der Bildung
eines Krystallkörpers auf. Am meisten ist dies der F a ll bei Pölyphemus und den kurzen Gliedern
von Podon, am wenigsten bei Leptodora. Von dieser sa g t C a r r i è r e (1. c.) sehr anschaulich:
„Der Krystallkegel is t in seiner ganzen Länge von einer Anzahl Zellen umgeben, dem
Umhüllungsschlauche L e y d i g s ; am äusseren Ende bilden sie eine zusammenhängende sackartige
Hülle um die Basis des Kegels, in deren Umfang auf einer Schnittebene bis zu vier Kerne sichtbar
werden, so dass deren Zahl wohl auf fünf geschätzt und dieser Teil der Hülle mit den Kernen
als die Reste der Kegelbildungszellen betrachtet werden dürfte.“ In der That wird es auf Querschnitten
(Fig. 4, 5, 6, 19, 27) überall vollkommen deutlich, dass man es mit fünf getrennten Zellen
zu thun hat, da die längst bekannte Fünfteilung des Krystallkörpers sich auch auf den ihn umhüllenden
Zellmantel erstreckt. Die fünf seitlich zusammengedrückten Kerne (n. k. in den Figuren)
liegen an den Seiten des Krystallkörpers, diesem dicht angelagert ungefähr an der dicksten Stelle