Hieraus ergiebt sich also, dass die längsten Facettenglieder bei Polyphemus noch nicht
dreimal so lang sind, als die kürzesten.
Das stärkste Wachstum erleiden, wie man sieht, die Rhabdome. Sie sind an den kurzen
Facettengliedern noch kürzer, als die Krystallkegel, übertreffen dieselben aber in den vorderen
Facettengliedern bei weitem an Länge (vergl. dagegen Bythotrephes pag. 19). D ie Länge der
eigentlichen Kegel verändert sich nur wenig (9 : 13). Die S tiele erreichen nicht annnähernd die
Grösse, wie bei Bythotrephes.
3. Podon intermedius Lilljeborg.
Der Augenkörper dieser Polyphemide ist, wie pag. 16 bemerkt wurde, durch die schon
äusserlich sichtbare Trennung seiner Krystallkegel in drei isolierte Gruppen charakterisiert (vergl.
die Abbildungen von P. E. M ü l l e r 1868, Taf. V, Fig . 22 und C la u s 1878, Taf. VII, Fig . 23).
Genaueren Aufschluss über die Anordnung und Bedeutung der einzelnen Gruppen von Facettengliedern
vermögen auch hier erst wieder Schnitte durch das Auge zu liefern, da die Retinulä
sämtlich in einem einheitlichen Pigmentballen verborgen liegen. Nur die beiden Nebenaugen
(vergl. pag. 16) ragen aus demselben hervor.
Dass wir es bei Podon in der Hauptsache mit einem wohlentwickelten Frontauge zu thun
haben, lässt sich schon aus der Gestalt des in der Seitenansicht keilförmig erscheinenden Pigmentkörpers
erraten. A u f Längsschnitten erhält man denn auch ein B ild , welches dem in
Fig. 1 dargestellten Frontauge von Bythotrephes überraschend ähnlich sieht (Fig. 30). Fü n f bis sechs
Facettenglieder strahlen von einem Punkte des ventralen Augenrandes aus und erstrecken sich
diametral bis zum dorsalen Rande. D ie Länge der Rhabdome, S tiele und Endkegel entspricht
ziemlich den Verhältnissen bei Bythotrephes (vergl. pag. 19, 24). D ie Pigmentierung is t auch hier
nur auf die Retinulä beschränkt, zwischen denen wieder die bekannten Nervenbündel in senkrechter
Richtung zur Achse des Auges deutlich sichtbar verlaufen. D ie Pigmentkörnchen sind
bei Podon aber viel dünner ver te ilt, als bei Bythotrephes, so dass auf den mit Karmin gefärbten
Schnitten die Retina des Frontauges, w ie die übrigen Elemente des Auges, gleichfalls ro t erscheint
mit Ausnahme von drei in der Mitte gelegenen Retinulen, welche sich merkwürdigerweise
vor allen ändern durch recht dichte, schwarzbraune Pigmenthüllen auszeichnen. Es ist
diese in allen Augen mit grösser Regelmässigkeit wiederkehrende Erscheinung nach meiner Meinung
kein Kunstprodukt. Durch die Anhäufung des Pigmentes heben sich auch sofort die nicht
zum Frontauge gehörenden Retinulä von diesem ab. Sie bilden, wie es die Anordnung der Kry sta ll-
kegel lehrt, drei an der vorderen Mantelfläche des Frontauges gelegene Reihen. D ie erste dem
letzteren dicht anliegende Reihe (V, Fig . 30) is t am stärksten entwickelt. Sie entspricht im a llgemeinen
den obersten Retinulen im Ventralauge von Polyphemus in bezug auf Grösse und Stellung
zum Ganglion. Nur sind die ihnen zugehörenden Kry sta llkeg el durch einen Zwischenraum von denen
des F rontauges getrennt, da ihre Achsen mit der Richtung der Rhabdome einen stumpfen Winkel bilden.
Die beiden untersten Reihen von Facettengliedern (V2 Fig. 30) lassen sich nach ihrer ganzen
Beschaffenheit den letzten kurzen Gliedern des V entralauges von Polyphemus vergleichen. Ihre Rhabdome
sind nur kurz, fa st senkrecht zur Achse des Frontauges gestellt, und ihre Spitzen liegen derjenigen
des letzteren unmittelbar an. Ihre Krystallkegel sind fa st ungestielt und noch nicht ein
Viertel so lang wie die des Frontauges. Der von den Kegelzellen ausgeschiedene Krystallkörper ist
eiförmig und fü llt dieselben vollständig aus, is t infolgedessen fast breiter als derjenige in den
langgestreckten dorsalen Kegeln, eine Erscheinung, die auch für die ventralen Kegel von Polyphemus
(vergl. pag. 21) zutrifft. Diese beiden Reihen bilden, wie erwähnt, eine Gruppe für sich,
da ihre Kegel von denen der ersten Reihe wieder durch einen Zwischenraum getrennt sind.
Schwer fä llt es nun, auf Längsschnitten die erwähnten Nebenaugen zu finden. Trotz
vieler Bemühungen is t es mir nicht geglückt, sie einmal in ihrer ganzen Ausdehnung zu Gesicht
zu bekommen. Von ihrem Vorhandensein überzeugt man sich am besten durch Untersuchung
des Auges in toto. Man sieht dann deutlich, wie C la u s es beschreibt (1877, pag. 144), auf jeder
S eite am hinteren Rande des Augenkörpers oberhalb des Pigmentballens einen kleinen dunkeln
Pigmentfleck, dem ein winzig kleiner Krystallkegel aufgelagert is t und in welchen ein langer,
zarter Nerv eintritt.
Dass es sich, wie C la u s vermutet, um „einen losgelösten Abschnitt des grossen Doppelauges“
handelt, scheint mir nach allen meinen Beobachtungen zweifellos. Ich glaube sogar nicht
fehl zu gehen, wenn ich diese Nebenaugen als abnorm entwickelte Facettenglieder des Frontauges
deute. Sie gehören meiner Ansicht nach der hintersten dorsalen Reihe an, die ja auch
bei Polyphevhus Abweichungen zeigte, und scheinen auch bei Evadne in etwas anderer Form vorhanden
zu sein.
Ich versuchte nämlich auch hier wieder, auf Horizontalschnitten die Anzahl der Facettenglieder
festzustellen, was bei der Kleinheit des Objektes allerdings schon mit beträchtlichen
Schwierigkeiten verbunden ist, und fand, dass die Anordnung der Facettenglieder des Frontauges
ganz analog derjenigen bei Bythotrephes is t (Fig. 31). Man unterscheidet wieder eine mittlere
Reihe von fünf Gliedern, welche im Vergleich zu Bythotrephes um ein Intervall nach dem Ganglion
zu verschoben ist, und je sechs seitliche Reihen, von denen die beiden mittelsten aber sta tt sechs
nur fünf Glieder enthalten. Dadurch wird die Krümmung der vorderen Fläche des Frontkegels
etwas geringer, während die hintere wächst. Man hat nicht mehr den halbkreisförmigen Querschnitt
wie in Fig. 2, sondern einen mehr ovalen. Da nun hiernach die Zahl der Facettenglieder
dès Frontauges nur 55 beträgt, überall aber (auch bei Evadne) 57 Glieder vom Ventralauge abgesondert
sind, so glaube ich, lieg t es am nächsten, die beiden Nebenaugen als die in der Mitte
fehlenden dorsalen Facettenglieder zu deuten, welche aus der hinteren Querreihe durch das Zurückweichen
der mittleren Reihe herausgedrängt wurden. D ie erwähnten ihnen zugehörenden
Nerven gehen jedenfalls vom hinteren dorsalen Rande der Retina aus und biegen dann seitlich
um, so dass die kleinen Krystallkörper rechts und links von den Kegeln des Frontauges in der
Höhe der Stiele an die Cornea stossen. Da ich, wie gesagt, keine Totalansicht dieser sonderbaren
Gebilde erhalten konnte, woran auch zum Teil wohl die Beschaffenheit des Materials
schuld war, so kann ich mir nur eine ungefähre Vorstellung von ihrem Aufbau machen und
wage daher nicht eine Abbildung und genauere Beschreibung von ihnen zu geben. Ich w ill jedoch
bemerken, dass ich auf einigen Schnitten deutlich den kleinen konischen Krystallkörper
wahrnahm, dessen Länge ungefähr gleich der Breite der ventralen Kegel ist, und auf ändern
wieder den unter ihm gelegenen ebenso langen schwach pigmentierten und aus mehreren Zellen
zusammengesetzten Abschnitt beobachtete, dessen Kerne von beträchtlicher Grösse sind. Es scheint
also der Bau dieser Nebenaugen von ¡dem der übrigen Facettenglieder im Prinzip nicht abzuweichen:
sie sind nur ausserordentlich reduziert. Eine besondere Funktion is t ihnen aber damit
wohl kaum abzusprechen.