- 118 -
S c h l u s s - U e b e r s i c h t .
Ein so unvollständiges Bild auch die h ie r beschriebenen Pflanzen von d e r F lo ra lie fe rn , die einst
u n te r dem Schatten d e r Bernstoinbäume und mit ihnen zugleich entspross, so d ü rfte es doch nicht unpassend
seyn, einige allgemeine Resultate aus ihnen zu ziehen, da bis je tz t noch niemals eine so grosse Menge vegetabilischer
Reste im B ern stein z u r Untersuchung vorlag u nd n u r von ganz besonders glücklichen Umständen
eine bedeutende Ve rmehrung derselben e rw a rte t werden dürfte .
B ie Zahl sämmtlicher beschriebenen und mit eigenen Kamen bezeichneten Arten beläuft sich au f 54,
die in 19 Familien und 24 Gattungen v e rth e ü t sind. Die grosse »lehrz ahl derselben, 42, gehört den Diko-
tyledonen, n u r eine den kryptogamischen Monokotyledonen und 10 den Akotyledonen o der den Zellenpflanzen
an. Die eigentlichen o der phanerogamischen Monokotyledonen en tb eh ren gegenwärtig noch eines R ep rä sen tanten.
Rechnen wir von denselben die 10 A rte n ab, welche d e r Brauiikohlenlbrmation P re u s se n s angehören
(Juglandites Schweiggeri und J . H a g en ian u s, Quercites p rim a e v u s , P in ite s P ro to la rix , P . Thomasianus, P .
brachylepis, P . sylvestris nnd P . Pumilio, T ax ite s Ayckei und T . affinis), so bleiben noeh 44, die h ie r auch
n u r Gegenstand we ite re r Vergleichung se y n so lle n , da mein v e re h rte r H e r r Mita rbe ite r in d e r Einleitung
zu diesem W e rk e genügend gezeigt h a t, dass die im B e rn ste in entha ltene F au n a und F lo r a ä lte r als die
ersten ist und am passendsten wohl zur M o l a s s e g erechne t werden dürfte , ln dem oben angegebenen
Verhältnisse wird übrigens auch, nach Abrechnung je n e r 10 A r te n , n u r eine geringe Ve rände rung h e rvorg
ebracht, da n u r 2 phanérogame F amilien mit 2 Gattungen wegfallen, also 1? Familien mit 22 Gattungen
in B e tra ch t kommen. Die Zahl sämmtlicher bis je tz t bekannter fossilen P flanzenarteii beträgt nach meiner
im J a n u a r 1845 abgeschlossenen Bereclmung 1792, folglich die Beriisteinflora nahe an ‘Ai d e r gesammteii
fossilen F lo ra . Einförraig und d e r Mannigfaltigkeit entbehrend* finden w ir die F lo r a in den älteren F o rm a tio
n en , wie z. B . die Uebergangsflora mit 8 F amilien und 52 A rte n , die S te inkohlcnflora mit 18 F amilie«
und 816 Arten u. s. w. E in e grösse re Mannigfaltigkeit treffen w ir e r s t im Grüiisand oder Quadersandstein
in 15 Familien mit 59 Arten, die sich nun immer m eh r ste ig e rt und in den M itte l- , O b e r -T e r t i ä r - und
M olasse-Schichten ihren höchsten Gipfe l e r re ic h t, 52 Familien mit 527 Arten. U n te r den verschiedenen
lokalen F lo ren , welche zu d e r letzte ren g eh ö ren , is t die bekannteste die d e r Süsswasserschichten zu Oeningen,
welche schon in älteren Zeiten bekannt, gegenwärtig besonders von A l e x a n d e r B r a u n zu Carlsruhe
erforscht worden is t (G e o l. und Mineral, von W . ß u c k l a n d , 1. Band. 1839. S. 373). B r beobachtete
36 A rte n , die 25 Gattungen und ohngefahr 17 Familien an g e h ö ren , u n te r ihnen 29 D ikotylcdoiien, nur
3 phanerogamische Monokotyledonen und 4 kryptogamische Monokotyledonen. Die Mehrzahl derselben ist
zu Gattungen zu re ch n en , welche noch gegenwärtig in d e r Umgegend wa chsen, ab e r die Arten sind v e rschieden
und stimmen e h e r mit den in Nordamerika lebenden als mit den europäischen überein. E s giebt
aber auch in Oeningen Ga ttungen, welche in d e r heutigen deutschen F lo ra unbekannt sind, z. B. das Genus
Diospyrus und a n d e re , die nicht einmal in E u ro p a , sondern zum T h e il in Nordamerika v erk omm e n , wie
T ax o d ium , L iq uidambar, Ju g la n s , Gleditschia. Diese Skizze passt in vie le r H in sich t au f die Zusammensetzung
d e r Bernsteinflora. E in seh r grösse r T h e il d e r in diesem W e rk e beschriebenen A rte n gehört
G a ttungen an, welche h eu t noch in d e r F lo r a P re u s sc n s o der Deutschlands einheimisch s in d , jed o c h gelang
es n ich t, sie a u f lebende Arten zu rü ck zu fü h ren , viele a n d e re , wie C u p re s s ite s , T h u ite s , T a x o d ite s , sind
der jetzig en F lo ra Deutschlands fremd und lassen a u f e in , einige G rad e wä rmere s Klima sch lie ssen , und
noch andere sind gänzlich n e u , o der rich tig e r: erscheinen dem gegenwärtigen Stande m einer Kenntnisse
neu, indem es vielleicht sp ä te r gelingen d ü rfte , ih re analogen F o rm en nachzuweisen. (Vergl. S. 45, 5 8—60,
wo diese Resultate au sführlicher mit den aus d e r Untersuchung d e r thierischen Organismen gewoimeiieii
zusammengestellt sind.)
E r k l ä r u n g de r Tafeln.
T a f e l 1.^)
F i g . I . W ciss liclie ftindo e ines jü n g e re n A ste s od e r Stammes des Bernsteinbaumes mit ans Lenticellen en tstandenen Qiicrrisscn,
die hö ch st wahrscheinlich auch a ls L a g e r v o n Fru ch ten einer O p cg rap h a anznaehcn s in d , wie insbesondere bei d e r mit a
b ezcichueteii S te lle (L . 1 1 1 8 meiner Sammlung).
l ü g . 2. A cltero Rinde d e s Bernsteiiibaujiies. a die schwa rae k o h llg c R in d e , schon mit einzelnen taicHörmigen Ah h lälteruiigcn,
h d e r d a ran h än gen d e Be rn stein (L. 6 8 7 ).
F i g . 3 . Bernstein zwischen den Riiidenschichten e rg o s se n , a die dunkleren Stellen Riiidciireste, b Bernstein (Im fllineralienkabinct
der U n iv e rsität Berlin).
F i g . 4. Bruchstuck e ines jü n g e re n , schwach g e b räu n ten A s te s d e s Bernslciiibaiiines. a R in d e , b B e rn s te in , der sich ansserhalb
de rselben a u f ilir, nnd c Be rnstein, d e r sich zwischen ihr, und d d e r e rs ten llo lz la g e , befindet, die auch noch, wie hei dd,
du rch den E rg u s s d e sselben in einzelne Abthciliingen g e tre n n t wird. D e r Bernstein is t so du rclisiclitig , dass man von
der, Oberfläche bei e die Rinde vo n d e r inneren, dem Holze zn g ek eh rte ii S e ite deutlich erk en n t (L . 1 088 und 1 0 8 9 ).
F i g . 5. S tü ck d e s Bernsteinbanmes ohne Rinde, d e ssen H o lz rin g e überall durch v e rsch iedenfarbigen Bernstein von e in ander g e tre n n t
sind, a die äiisse rs tc durch sich tig g e lb e B c rn s tc in lag e , b der e rs te H o lz - od e r Ja h re s rin g , c der zweite von dem Bernste
in d n rcliselz te Ho lz riiig , so d a ss dadurch die einzelnen T h eile d e sselben von einander g e tre n n t ersclieinen, und d w eisslich
g e lb e r zum Th eil u n d u rchsichtiger Bc rnsteiu. Das Holz is t schwach v e rk o h lt (L . 1 1 4 2 .)
F i g . 6 . ln glän zen d schwa rze sp rö d e Kohle v e rw an d e lte s Bru ch stü ck des Bernstcinbaiiines a , überall von Be rnstein b, durchsetzt*
bei c die g ro s sen H a rzg e fä s sc (L . 1 2 2 ). ’
F i g . 7. Trefflich e rh a lte n er, n u r schwach g e b rä u n te r A s t des Bern stein b anme s, d e r a uf allen Serien durch Rollen a b g eru n d et e rscheint.
Bei a sie h t man die Ja h re s rin g e au f d e r h o rizontalen Fläche w en ig e r deutlich weg en d e r g ro s sen M en g e Bernste
in , d, welche a u f de rse lb en sic h tb a r wird und das g a n z e Stämmchen in jed er Rich tu n g du rch se tz t. A u f d e r horizontalen
Fläch e e rscheinen die B e rn stein - o d e r Harzb eh äller bei b wie rn nde g e lb lich e K reise, von d e r S e ite in der L än g s rich tu n g
h ei c ülierall wie ähnlich g e fä rb te linienlorinigc Stre ifen .
F i g . 8 . S ta rk g e b rä u n te s Bruchstück des Bcrnsleiiibaumes mit zwischen den Ja h re srin g en in v e rsch ied en e r F a rb e abgesondertem
Bernstein, a äiisse rs te L a g e Be rnstein, b e rs te r Ho lz rin g , c zwe ite L a g e d e s Bernsteines, d zwe ite H o lz lag e (L . 1 1 0 1 ).
F i g . 9. D ass elb e Stück von d e r S e ite g e z e ic h n e t, um die oben erwäh n te A b la g e ru n g deu tlich er zu bezeichnen, a , h, c, d wie
bei F ig . 8.
F i g . 1 0 . Holz vom Bernstcinb aiiin e, vou Wü rm e rn z e rfre s s e n , in wasserklarem Be rnstein, a das H o lz , mit a a den W u rmlöchern
lind bb W u rm g ä n g en , b der d a s Holz um g ebende Be rnstein, ( ln der Sammlung des H errn Ob erleh re r iM c n g c zu D an z ig .j
i t i g . 1 1 . Be rnstein, hei a mit Ab d rü ck en d e r J a h re s r in g e , d e r ollenbar auf d e r S p itz e e in es abg eb ro ch en en A s te s d e s Be rn stein baumes
g e s e s s e n hat. ( ln de rse lb en Sammlung.)
F i g . 12. Be rn stein in P latten , die zwischen der Rinde und dem Holze g e se s se n haben und d a h er a u f ihrer* Oberfläche die Abdrücke
d e r E n d ig u n g en d e r Ma rk strah len , a , wie sie im R in d en län g ssch n itt erscheinen, z eig en und v e rg rö s s e rt a u f T ab . II. F ig , 8
a b g eb ild e t sind.
l ü g . 13. Ein ähnlicbcs S tü c k , zum T h e il noch L e ib mit R e sten der Ilo lz scliich t, die durch den B e riiste in c rg u ss von einander g e ris
s e n ward. s . S . 113. (Im Besitz des H errn R e g ie r.-R a th und Pro f. H a g e n zu K ö n ig sb e rg .)
F i g . 14. Bernstein, d e r zwischen dem Holz in der Rich tu n g d e s Mark strah lc iilän g ssclin ittcs g e se s se n h a t und d a h er in v e rtik a le r
Rich tu n g die Abdrücke d e r Ja h re s rin g e a a n f se in e r Oberfläche z e ig t (L . 5 5 4 ).
F i g . 15. Ein Uliidenbi'uclistücfc d e s Bernstcinbaiiines in d u rchsichtigem Bernstein.
F i g . 16. Ein T iie il d e r z e llig en Oberfläche d e r v o rig en Rinde v e rg rö s se rt.
F l g . 1?. Ein Stü ck R in d e , wahrscheinlich auch vom Beriistcinhaum, d a s im niacccrlrtcn Zu stan de vom Bernstein umflossen ward,
d a h er die Zellen an den meisten Stellen von e in ander g e tre n n t erscheinen.
F i g . 1 8 . z e ig t die Riniienzellen s ta rk v e rg rö s s e rt (2 3 0 I. V.) mit ihren sta rk punktirten Wan d u n g en a und h ö ck erig en Räiiilcrn h.
F i g . 19. Mit Rhiile v e rseh en e s Stanimbniclistück vo n Piniis A b ie s , um zu z e ig e n , dass auch hei unseren Coniferen g rn s s c Lücken
zwisch en den J a h re s rin g en Vorkommen, die hei b mit Harz erfiilit sind, a d e u te t H a rz c rg u s s zwischen den Rin d en -
scliicliten an.
F i g . 2 0—22. Anatomie des H o lz e s vo n P i n u s A b i e s :
F l g . 20. H o rizo n ta l- od e r Q u erschnitt. — Die prosenchymatosen H o lz z e llen ; a die w eiteren, welch e sich im .\n fa n g e d e s Frü h lin g s
und im S om m e r, nnd a a die e n g e r e n , weiche sich g e g e n d e s Sommers Ende und im H e rb s t bilden und die Grenze des
Wachstlinms bezeichnen, a b die Tü p fel o d e r P o r e n , welche gcwühnlicli n u r a u f den beiden g e g e n ü b e rlieg e n d en , den
M a rk strah len p a rallelen Wan d u n g en d e r Prosenchymzelle und mir ausnahmsweise, wie bei a c , auch a n f den üb rig en v o r-
') Alle Bern.Memstucke mit organischen EiiiscliliLsscu sind durch gelbes Colorit keimiiich geiimciit und die in ilmen befiiidliclien Originale immer
m niilurlicber (iiosse d a rg e sle llt. Säiniiitliclie Stücke, deren Aiifbewniiriingsort nicht angegeben wurde, befinden sich in meiner S.-immliing.
' i '
Wi: , l i i