B i t t a c u s . Latr.
Die GaltmiE B ittac u s fe h lt gegenwärtig d e r P ren ssisch e n F au n a gänzlich. E in e Art kommt jed o c h im
ganzen südlichen E n ro p a v o r, ist bei Wien noch m itu n te r s e h r häufig nnd selbst im H a rz angetroffen. Die
B e rn s te in -F a u n a ze ig t zwei A rte n , d eren eine den g rö sse ren exotischen Arten nahe kommt.
1. B i t t a c u s a n t i q u u s . Pictet. Tab. VII. Fig. 23. — Tab. VIII. Fig. 22.
Lo n g . corp. 1 4 mill. E x p . alar. 3 0 mill.
Be s c h r . Nach den vorliegenden 4 S tücken, deren wenigstens zwei re ch t schön erh alten sind, würde
sich mit Leich tig k e it eine ausführliche und genaue B e schreibung und Zeichnung liefe rn lassen. Ich gestehe
a b e r, dass mir selbige überflüssig sch e in t, denn nach m ehrfacher und seh r so rgfältige r Ve rgleichung init
ß . italicus finde ich die fossile Art in jed em B e tra ch t so genau wie die lebende gebildet, dass ich nur
Unterschiede entde cken kann. Die G rö sse von B. antiquus ist konstant u nd s e h r beträchtlich g e rin g e r (H ü g e l
von B . italicus 21 m ill.; B. antiquus m ill.; S chiene von B. ital. 8 m ill.; von B. an t. 5 m ill.)
Die F lü g e l sind in B e tre ff von F ä rb u n g , F o rm und G e äd e r bis in die k leinsten De ta ils identisch, n u r hn d et
sich bei B . italicus u n te r dem P te ro stigma s te ts eine aus zwei Q u e era d ern gebildete Z elle, w ä h r ^ d bm B .
n u r eine einzelne Q u e e ra d e r das P te ro s tigm a mit d e r zunä chst laufenden Ader verbinde t. De r H in te rle ib ist
n u r bet einem Stü ck e vollständig erhalten. Die verdickte S pitze mit hackenförmigen A n h ä n p n bezeichnet
ein Weibchen. H ie r scheinen nun allerdings die H a ck en an d e rs geformt zu sein als bei B . leider
ist ab e r d ie se r T h e il so wenig d e u tlic h , dass es unmöglich wird mehr zu s a g e n , als dass je n e 1 heile nicht
die gleiche Bildung zeigen. P ic te t konnte n u r ein schlechtes Stück von B . antiquus u ntersuchen. E r sagt
d e r K o p f sei länge r und schmäle r als b e iB . italicu s, hauptsächlich d e r v o r den Äugen gelegene T h e il d es se lb e n ;
auch sei die Ob e rlip p e viel k ü rz e r. Obwohl im Uebrigen beide T h ie re gleich geformt s e ie n , h ä lt e r die
angegebenen Merkmale fü r genügend, sie als Arten zu tren n en . Ich gestehe , dass ich mich von d e r G e g enw a rt
die se r Merkmale nich t ü berzeugen kann, ich finde bei beiden A rte n den K o p f gleich gebildet, bei B . antiquus
wie das ganze T h ie r kleiner.
ne i n i e r Kleiner. . . . .
V e rw . Obwohl B. antiquus im S y stem dem B . italicus s e h r nahe zu stellen i s t, zweifle ich doch
V e rw . Obwohl B. antiquus im Jsystem aem d . iiaiit
nicht „ic h t an se in e r Art Ve rsch ied en h eit. Von In te re s se fü r die F lu g z eit
e it d e r fossilen Art i s t, dass sie mit
T . antiquus und T e rm e s Bremii (va r deciduus) im selben S tü ck e liegt.
3 , B i t t a c u s v a l i d u s . H a g en . Tab . V III. F ig . 23.
Ex p . a lar. g e g e n 5 0 mill.
B e s c h r . E s lagen zwei F ragm en te d ie se r A rt v or. Das eine Stück en th ä lt d re i F lü g e l und den
dazwischen liegenden Leib . L e id e r is t die Basis (wohl gegen «/a d e r ganzen Länge ) abgebrochen, und überdies
das Uebrige durch Ablagerung von S chwefelkies undeutlich gemacht. Die F lü g e l sind ungefärbt, durchsichtig,
mit kräftigen dunklen Adern. Das P te ro stigma neb st d e r neben ihm d e r F lü g e lsp itz e zu gelegenen Z e lle und
dem d a ru n te r gelegenen Raum sch e in t dunkelschwarz gewesen zu sein. Doch ist ge rad e h ie r d e r F lü g e l so
undeutlich, dass eine genaue D a rstellu n g unmöglich wird. Die grösste B re ite d e r F lü g e l ist zwischen 4 und
5 mill. Die e rh alten e Län g e d e r F lü g e l b eträ g t 17 mill. Die F o rm des F lü g e ls , seine G rö sse und die
Ve rth eilu n g d e r Adern en tsp ric h t dem j e tz t lebenden B . testac eus Klug.
S o weit es möglich w a r, habe ich es genau abgezeichnet. D e r erh a lten e T h e il des L eib e s misst
beinahe 13 mill. E r is t cy lin d risch , die S p itz e kolbig au fg e trieb e n , übrigens so stark mit Schwefelkies
um la g e rt, dass eine we ite re Beobachtung nich t gelingt.
Mit diesem S tü ck e verein ig e ich e in an d e res (c o ll. B e r .) sch lec h ter e rh a lten e s F ragm en t. Von
einem F lü g e l ist ein Th e il (1 8 mill.) e r h a lte n , dessen G e ä d e r einem Bittacus an g e h ö rt und dem d e r vorhin
e rw äh n te gleich erscheint. Doch ist das F ra gm e n t so u n b ed e u ten d , dass eine Gewisshe it unmöglich wird.
Drei S tü ck e von B itta c u s -F ü s se n liegen dabei. Vom Schenkel is t n u r die S pitz e (7 ra iH.), eine S chiene
wohl des H in te rfu s se s ganz ( 1 2 m ill.) , mit einem S p o rn Iheilweise und dem Anfang des T a rsu s erhaUen.
Ve rw. Nach so mangelhaft vorhandenem Material ist eine we ite re Vergleichung unmöglich. Wie es
sche int ist die fossile Art dem B. testac eus ähnlich gewesen. Ih r e G rö sse so n d e rt sie sich e r von B . antiquus.
Zweite fsiebente) Familie. P h r y g a n i d e n . ([Tiichoptera. Leach.)
Die Familie d e r P h ry g an id en ist so reichhaltig als die vorigen d ü rftig u n te r den B ern stein - Insekten
v e r tr e te n , wie sich leicht aus folgenden Zahlen entnehmen lässt. Un ter beinahe 120 N e u ro p te re n , welche
mir Vorlagen, befanden sich 65 P h ry g a n id e n , und u n te r 50 A r te n , die von mir beschrieben s in d , gehören
22 zu d ie se r Familie. Üeberdies ist es b em e rk en sw e rth , dass das V e rh ä ltn iss d e r Untcrabtheilungen zu
ein a n d er von dem h eu te zu T ag e bestehenden bedeutend abweicht. Die Abtheilung d e r Hyd ro p sy c h id en ist
auffällig re ic h e r , denn während sie gegenwärtig kaum den fünften Th e il d e r bekannten Arten umschliesst,
en th ielten die 65 B c rn s te in -P h ry g a n id en zu meinem grössten E rstaunen mehr als 40, welche zu den H y d ro psychiden
gezogen we rden müssen.
Das Studium d e r B e rn s te in -P h ry g a n id e n bildete den schwierigsten Th e il dieser Arb eit, da die zahlreichen
A r te n , welche wir davon erhalten fin d en , nich t immer h inreichende Merkmale d a rb ie ten , um ihre
G ränzen mit S ic h e rh e it aus ein a n d er zu h alten. E s ist bekannt, wie schwierig die kleinen Arten der H y d ro psychiden
und Rliya cophiliden zu sondern s in d , se lb st wenn zahlreiche und gut e rh alten e Stü ck e zu Gebote
stehen. Diese Schwierigke iten wachsen um ein bedeutendes bei den B e rn s te in -In se k te n , denn meistens liegt
n u r eine kleine Zahl von Stücken derselben Art v o r. die wichtigeren Organe können öfters nur ungünstig
beobachtet werden, die B rechung des B ern s te in s macht die V e rh ältn isse zweifelhaft, die F a rb e n sind z e rstö rt
und die H a a re fehlen oft ganz. E s is t d ah e r vorauszuscbicken, dass in diesem lelzten T h e ile d e r B earbeitung
oft Zweifel au fg estellt we rden mussten. J a sogar nicht einmal alle Stü ck e konnten beschrieben w e rd en , da
fü r einige die Ungewissheit zu bedeutend w a r, und es v o rth e ilh a fte r erschien Lücken zu lassen als F e h le r
zu schaffen. Die aufgeslellten Arten h alte ich fü r vollkommen sicher, doch is t es wenig wahrscheinlich, dass
sie einen vollständigen Ka ta log bilden.
Die Ve rgleichung d e r fossilen A rte n mit den lebenden, ein H a u p tp u n k t j e d e r palaeontologischen Arbeit,
lie fe rt bei mehreren T h ie re n eine wichtige Bestätigung des Unterganges d e r Arten d e r tertiären Bildung und
ein e r neuen Schöpfung von ganz verschiedenen T h ie re n . Bei ande ren Arten konnte diese Vergleichung nicht
so g e fü h rt w e rd e n , dass die R e su lta te schlagend zu nennen wären. Die Kenntniss d e r kleinen Arten ist zu
s e h r z u rü c k , und in einigen F ä llen war es unmöglich Unterschiede nachzuweisen. Zugleich muss jedoch
e rk lä rt we rden, dass in allen F ä llen , welche genügende ü rth e ilsm om en te darboteii, s e h r treffende Unterschiede
zwischen den lebenden und den B e rn s te in - In s e k te n dargethan werden konnten. P ic tet.
Die Zahl d e r von mir u n tersu c h ten P h ry g a n id e n is t mehr als siebenmal so gross als d ie , welche
P ic te t beschrieben hat, es lagen 471 In d iv id u en v or. L e id e r kann auch ich P ic te ts Äusspruch nur bestätigen,
das Studium d e r P h ry g an id en bildete den bei We item schwierigsten und zugleich am Wenigsten gelungenen
T h e il d ie se r Arbeit. Alles was die U n tersuchung d e r frü h e re n F amilien e rs c hw e rte , B ernsteintäuschung.
üble L ag e des Objekte s etc. v e rm e h rte bei diesen subtilen Ge schöpfen die H in d e rn isse in hohem G rade.
Üeberdies zeigte mir eine sorgrällige Ve rgleichung d e r T y p e n P ic te ts mit seinen Beschreibungen, dass selbst
die von ihm als absolut sich er aufgestellten Arten nicht immer stichhaltig blieben. Bei ände rn sind die von
ihm an ge führten Merkmale d e r A r t , dass mir das E rk e n n en und Bestimmen d e r von ihm selbst bez ettelten
und gez eichne ten S tü ck e nicht gelingen wollte. W eit e n lfe rn t ihm diese Einzelheiten zum V orwurfe zu machen,
gesteh e ich offen, dass ich n u r bewundere, wie P ic te t aus einem so kleinen Sla terial so Vieles und so Schönes
schaffen konnte.
Um d ie B eschreibungen so kenntlich als möglich zn machen und den aufgestellten Arten ih re R echte
zu s ic h e rn , suchte ich zu v ö rd erst nach positiven Kennzeichen. Die Bewaffnung d e r ,F ü s s e , die G e g enw a rt
o d e r d e r Mangel d e r Nebenaugen (P o ly c e n tr o p u s ) , die Ve rhältnisse und Zahl d e r G lie d e r, d e r T a s te r und
F ü h le r, d ie Anordnung des G e ä d e rs und die Form d e r F lü g e l bieten n u r gene rische und sexue lle Differenzen,
und sind deshalb auch h ie r s te ts in den Vord erg ru n d g e rü ck t worden.
Bei den Artbe schre ibungen is t die F ä rb u n g d e s K ö rp e rs , Kopfes und se in e r O rg a n e , d e r F ü s se , d er
F lü g e l, des H a a rk le id e s und dann die v e rsch ied e n a rtig e B eh a a ru n g d e r T h ie r e von den sämmtlichen S ch riftstellern
b en u tz t worden. Die F a rb e m u s s te , wie fa st stets bet den B e rn s te in -E in s c h lü s s e n ganz bei S eite
gese tz t w e rd e n , und zwar h ie r um so m e h r, da die F ä rb u n g d e r P h ry g an id en mit wenigen Ausnahmen in
ihrem za rten dichten Ha arkleirie en th a lte n und dieses so vergänglich i s t, dass es fast einem Hauche weicht.
Ich habe u n te r d e r b edeutenden Anzahl von B e rn s te in -P h ry g a n id e n kaum d re i an g e tro ffen , von denen mit
e iniger S ic h e rh e it sich behaupten lässt, ihre F a rb e sei ganz unverän d ert. S e lb s t d e r bloss häutige H in te rle ib
und die meist haarlosen F ü s s e ze igen n u r ä u s se rs t s elten ih re natü rlich e F a rb e und sind entweder tin te n arlig
g eschwärzt o d e r von d e r erwähnten B e rn s te in fa rb e , welche mitunte r selbst beim z a rtesten H a a rk le id e jed e s
Hä rch e n einzeln um sch lie s s t, in ände rn F ä lle n g rö s se re o d e r g eringe re H a a rp a rth ie n leimarlig üb erzieh t und
verk leb t. Die G e g enw a rt d e r H a arb ek le td u n g ü b e rh a u p t und ih re S tä rk e und Bescha ffenheit geben h ie r ein
unsicheres und deshalb wenig brauchbares Merkmal. Dass d e r gewaltsame T od in dem halbflüssigen Bernstein
und die vielfachen Ve rsuche d e r T h ie r e sich aus d e r H a ft zu befreien, meistens mit dem Ve rlu ste des H a a r