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teil S ch ich ten , eine V c rmuthung, die durch das überall v erb re ite te z e rs treu te Vorkommen d e r die R rc id e -
formation cha rakle risircnden F e u e rs te in e genügend u n te rs tü tz t wird. Dass sie in unserem Küslenlandc
n icht natürlich g e la g e rt, n ie iils schreibende K re id e u nd n u r selten als K re id em e rg c l, zu T ag e tritt,
e rk lä rt sich aus d e r Masse von Diluviallrümme rn und A llu v io n en , die in d e r Näh e des Meeres aufgesch
ü tte t lie s t. Alles noch so tie fe Graben und alle Bo h rv crsu ch e haben in W e s t-P r e u s s e n , u nd meines
Wissen s auch in Ost - P re u s s c n und im östlichen P om m e rn , *) zwar immer a u f ehemaligen S e e g ru n d , ab e r
nie a u f re in e Kreide g efü h rt. E s stimmt mit ihrem Vorkommen in einem grossen T h e ile P o le n s , d e r
nordka rpathischen L ä n d e r und Süd - Russlands auch die häufig ausge sprochene Ansicht ä lte re r u nd n e u e re r
R e ise n d e r: dass das mehrentheils flache L ä n d e r- und unabsehbare S te p p e n -G e b ie t zwischen dem baltischen,
dem schwarzen, dem kaspischen und dem weissen S le cre ein s t ein g rö sse r Ocean war, und dass die jetz ig e n
Bassins des schwarzen und des kaspischen Meeres n u r schwache Ue b e rre ste desselben s in d , s e h r passend
überein. In g ra u e r Vorzeit w a r E u ro p a wahrscheinlich d urch einen Ocean von Asien g etren n t.
S chiifstrümincr sind au f d e r H ö h e d e r K a rp a th en gesehen.
Die We ich sel u nd klein ere F lü s s e schwemmten während e iniger Jah rta u sen d e g rosse Quantitäten
k a rpathischcr F e lsg e rö lle , Schlamm und vorzüglich Sand in das flache je tz ig e Polen h e r a b , durchschnitten
d o rt den Ju rak alk , die K re id e und die mächtige diluvische Lehmformation, bildeten aus allen diesen Stoffen,
v erbunden mit dem an O rt und Ste lle vorhandenen Material, Anschwemmungen und B ä n k e , v e rän d e rten fa st
a lljährlich einen T h e il ih re r B e tte n und ih re r lockeren U f e r, wie man solches in ebenen L än d e rn an allen
nicht eingedämmleu F lü s se n s ic h t* ), stre c k ten an ih re n Mündungen imme r län g e r we rd en d e U f e rrän d e r in
das J l e e r hinein, u nd schoben die Küste allmählig w e ite r gegen N orden vor. A u f solche W e ise wuchs das
A real des L an d e s und das zurückgedrängte M ee r He ss, gleichsam als H a u p tslatio n en seines langsamen W c i-
ch c n s , die beiden Höhenzüge zurück, welche vom ü r a l in w e stlich e r Richtung das nord eu ro p äisch e Tiefland
durchziehen. D ie von den Gebirgshöhen h e rab g e fü h rteu und im flachen L an d e d urch unzählige sp ä te re
Stromüberschwemmungen v e rb re ite te n Massen 'w urden mit den einheimischen Erz eu g n issen des Bodens u n te r
einander geworfen, u nd durch den längs dem S tran d e unaufhörlich hinzukommenden Mee resschutt und Meere
ssau d in ein sich immer h ö h e r schichtendes L a g e r v e rwande lt. D e r Zerstö ru n g sp ro ce ss d e r Diluvialzeit
und die sp ä te ren Alluvionen und Flussüberschwemraungen haben A e lte re s und Jü n g e r e s , F rem d e s und E in heimisches
, b u n t durcheinander gemengt. S o is t u n se r Boden, gegen Nord en langsam wachsend, z u e rs t in
P o le n , dann im südlichen P reu s sc n und zuletzt in den noch jü n g e re n be rn ste in fü h re n d en baltischen P ro v in zen,
zu seiner je tz ig e n Oberfläche gelangt.
Die ä lteste Mythe vom Ursp rü n g e des B ern s te in s gedenkt schon eines nordischen Oceanes, u nd alle
T rad itio n en d e r G rie ch en und d e r Römer, die den B e rn s te in angchcn, h a lten die Hinwe isu n g a u f In se ln und
Mee resküsten fe s t. S agen v e rb ü rg en keine Gew issh e it, ab e r s ie bewahren E rin n e ru n g en auf. Omnes fabu-
lae, sagte schon N a t a l i s C o m e s , h ab e n t aliquam h isto riae p artem tanquam fundamcntura. Das ü e b e rc in -
stimmeude in ih re n B ild e rn W'eckt V e rtra u e n , und eben die E rin n e ru n g an ein d e r damaligen Z e it noch
n äh e r liegendes Ere ig n iss v e rle ih t dem gemeinsamen Objekte einen hohen G rad von h isto risc h e r W a h rscheinlichkeit.
U n te r solchen Umständen h ö rt die Mythe a u f ein blos geträumte s Ncbclbild d e r P lia n ta sie
zu seyn. D ie E lek trid e ti d e r G rie ch en u nd die Giessa rien d e r R öme r gehören demungcachtet in das Gebie t
d e r mythischen Geo g rap h ie. S ic kommen nie als Eigennamen v o r , sondern n u r als Beinamen derjen ig en
Inse ln im nördlichen Ocean, a u f welchen B e rn s te in — ^lexrqoyj glessum, succinum — gefunden wurde. S o lch
e r B e rn s te in - In s e ln w urde von vielen S ch rifls le ile rn gedacht. P y t h e a s ') aus d e r alten gallischen
G r ie c h e n -S ta d t M assilia , d e r 330 J a h r e v o r C h r., im Z e ita lte r A lex a n d e rs , eine R eise nach Britannien
u n te rn a hm , e rw äh n t ein e r vom Meere oft durchbrochenen K ü sten s tre ck e Monlonomon, und d e r eine T ag ere
ise w e ite r gelegenen B ern stein - In s e l Abalus. Monlonomon i s t, nach P l i n i u s , das Küstenland der
Ostsee von d e r cimbrischeii H a lb in s e l, dem heutigen D ä n em a rk , bis zur W e ic h s e l-M ü n d u n g , und Abalus
w ahrscheinlich das heutige Samland. U n te r allen D eutungen h a t diese die meiste Glaubwürdigkeit.
T im ä u s bez eichne t die B e rn s te in - In s e l mit dem Namen Baniiomana, B au iio n a, auch Raunona- Unter
B altia — B a sile ia des D i o d o r u s S i c u l u s — k a n n , nach sorgfältige r P rü fu n g und Vergleichung sämmtlicher
S te lle n im S t r a b o , D i o d o r u s S i c u l u s und P l i n i u s , n u r S chweden geme int gewesen sein.
P t o l o m ä u s s a g t, dass S candien aus v ie r In s e ln , e in e r grossen und d re i kleineren, bestehe . A d a m v o n
B r e m e n sp rich t von d re i baltischen In s e ln , deren eine e r Sconia insula (S c h o n e n - In s e l, S k a n - e y ) und
deren d ritte e r Samland nennt. C e l s i u s e rz ä h lt, dass man vor zweitausend J a h r e n noch aus dem
botlmischen Meerbusen in das weisse M ee r geschifft sei. Botanisch und geogiiostisch erwiesen ist e s , dass
Salzpflanzen in d e r we iten E b en e des m ittleren S chw e d en s, und dass Seemuscheln ellenlioch im Boden d er
schwedischen B in n en seen v o rh a n d en s in d , wodurch es sich auch von dieser S e ite d o k um en tirt, dass die
schwedische E b e n e v o r n ich t g a r lange r Z e it noch vom Meere bede ckt w a r, und dass d e r iMälar-, d er
W e n e r - und A V c tte r-S e e ehemalige Mee resbuchten sind. ^) — D a d e r europäische Norden v o r etwa
zw eitausend J a h r e n viel w a sse rre ich e r wa r als j e t z t , und da durch die S trom - und Meeres-Absätze, so wie
durch die allgemeinen u nd vielen p a rtie lle n Emporlicbungen dos L a n d e s , während eine s solchen Zeitraumes,
die K ü s te n -U m ris s e und die plastische B o d e n -G e s ta ltu n g to ta l v e rä n d e rt we rden m u s s te n , so würden wir
die E lek trid e n d e r Alten h eu le vergebens su ch e n , h ä tte P y t h e a s ih re geographische L ag e auch zu
e rmitteln und mit mathema tische r Schärfe zu bestimmen gewusst. Und welche Umgestaltung des nordischen
K iis te n -P ro iilc s s te h t ohne Zwe ifel w ied e r in den nächsicn zwei Jah rta u sen d en b e v o r, da d e r Umfang
d e r in d e r Nordse e befindlichen S andbänke schon h eu te u n g efäh r ein F ü n fte l ih re s ganzen F lä ch en raum es
b e trä g t? Die V e rgangenheit is t d e r S piegel d e r Zukunft.
H isto risch erwiesen sind m eh re re geographische Ve rän d e ru n g en am norddeutschen L itto r a l:
Ho llan d und das nördliche Deutschland wurd en im J a h r e 340 v o r Chr. durch die cimbrische F lu th z e rstö
rt; die Iiiselzalil, die sich vom T e x e l bis z u r W e s e r - Mündung e rstreck t, h a t sich s e it P l i n i u s Z e it um
ein D ritte l v e rä n d e r t; i. J . 1277 entstand d e r g rosse D o lla rt, wobei das M ee r an fünfzig S tä d te und
Dö rfe r verschlang. Doch warum in d e r F e rn e S päne sammeln, da die He im a th eine F ü lle b eu t!
D e r dunkle S c h le ie r, we lc h e r des B crnsteinlandc s ä lte ste Ge schichte d e c k t, wird e r s t im d re izehnten
J a h rlu u id e rl durch die Ankiiiift d e r deutschen O rd e n s -R itte r in dem damals heidnischen P reu s sc n ,
ein wenig g elü fte t. D ie B e ric h te des ältesten preussischen Chronisten P e t e r v o n D u s b u r g beginnen
») l i e f D r s t e h i a. a . 0 . Bd. 5 . S . 356.
F r . K l e e d e r llr/,iistand d e r E rd e nnd die H y p o th e se von e iner stattg-elialitcii Aciiderini*? d e r P o le . A n s d. Dan. üh c rs. von
Je n s s e u -T u s c h . Stiittg-. 1 83. S . 7 6 .
3) I l a a c z y n s k i liistoria n a tiiralis ro g n i Po loniae. Sandom. 1 7 2 I . Vol. I. S . 1 02.
•*) Veränderun8;cn des S trom b ettes sind in den meisten preussisch en Fliissth älc rn h emcrkhar, nnd hei einlg-en F lü s s e n , •/.. B. dem
P r e g c l , h isto ris ch e rwiesen. B o c k a. a. 0 . Bd. 2 . S . 5 0 . Auch d e r lliiciii tliesst heule th e ilwciac in einem an deren B e tte
als z u r Rom erze it. S . die K arte zu I l o u h e i i ’ s römischem Antiqiiariiiiit. Xanten 1 8 3 0 .
' ) P y t h e a s w a r Mathemati?;er, Astronom nnd Natiirfo rse lier, dev die Polliülie zn hereehnen v e rs ta n d , die schiefe Richtung' der
Ekliptik hestUligte tind z u e r s t den Einfluss d e s Mondes a n fE b b e und Fluth beo b ach tete , a lso ein mög lich st g la n hw ü rd ig c rZ e u g e .
S e it ilim wu rd e d e r Eridainis „ h a llis c h e s -Meer“ g enannt. N älicres über seine Re ise hc lin d et sich ii. a. in B a r t l i ' s U rg e sch
ich te Deiitsclilaiids. E rlan g e n 1 8 4 0 . S . 4 4 1 . Rcrrenidcii wird U a r t h ’ s Verinuthiing, da ss die Aiirsiichiing des Beriistein-
landea der "■ahrscheiiiliche Zweck je n e r R e ise g ew e sen s e y , nin so w e n ig e r, wenn man b e d en k t, d a ss die u n teriielimungssiich-
lig c n Ph ö nizier b e re its d rei liui.dert J a h re frü h e r Afrik a muschiflten.
2) F o r c h h a m m e r über Gescliiehehildiingcn und Dilu v ia l-S c h ram m e n in Danemark
N r. 4. S . 6 3 8 - 6 4 3 .
In Po g g cn d o rlTs Annalen 1 8 4 3 .
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