Aber in Ansehung des endlichen Zielp u n k tes alles Suchens und F o rs c h e n s : des Baumes selbst,
blieb das Riithsel noch immer ungelöst. Man gefiel sich in Aveit hergeholten Id e en u nd ü b e r s a h , Avas nahe
lag ; man ta d e lte , Avas die schlichten A lten , namentlich P l i n i u s , *) auch h ie rü b e r T re ffen d es gesagt, und
stellte irrtliümlichc Ansichten, als verme intlich „ g e s c h e u te re “ , *) auf. J e k ü n stlich er eine H y p o th e se , desto
kürz er ist mehrentheils ih re D auer. „S implex sigillum v eri.“ Auch die von H a s s e sinnreich durch g efü h rtc
Beh au p tu n g , dass d e r Baum eine P alme gewesen s e y , sank gleich d e r , dass e r eine P a p p e l Avar, in Avohl
verd ien te Vergessenheit, und n u r das Aloexylon taucht, beschützt d urch seine exotische Nebelkappe, noch in
einzelnen H a ndbüchern und Abhandlungen auf. E r s t durch B o c k , und vorzüglich durch W r e d e und
S c l n v e i g g e r , gCAvann die Meinung des P l i n i u s , dass d e r B e rn s te in das P ro d u k t eine s P in u s sey, Avieder
mehr Ansehn und F estig k e it. — Auch ich hielt von je h e r diese Ansicht fe st und spra ch meine Ueberzeugung
schon v o r vierz ehn J a h re n (in meinen I n s e k t e n im B e r n s t e i n . Danzig 1830. S. 2 4 ) und seitdem in
meh re re n Aufsätzen und B erichten ®) aus. Mir schien d ie se r P u n k t v o r allen übrigen ein e r kritischen B e leuchtung
und vAlssenschaftliclien F es ts te llu n g zu b ed ü rfe n ; meinen eigenen Beobachtungen a b e r n ich t gehörig
tra u e n d , Avandte ich mich an H e rrn P ro fe s so r G ö p p e r t mit d e r B itte , die anatomische U n tersuchung des
Ben isto in h o lz es und die systematische Bestimmung d e r vom B e rn s te in umschlossenen Vegetabllien zu ü b e rnehmen.
Flein Wunsch ist e rfü llt; gediegenere Unterstü tzu n g h ä tte ich nich t zu finden v e rmo c h t: d e r Baum
wurde aus seinem Holze e rk an n t und dadurch die z e ith e r schwankende Ve rmuthung in fe ste FVahrheit v c r-
Avandelt. Die systemasüsche Aufstellung des B aumes als Pinltes S U C C in i f e r G ö p p . & B e r . u nd die
genaue Beschreibung se in e r einzelnen T h e i l e , so Aveit solche aus eben n ich t zahlreich vorliegenden B ru ch stücken
möglich iv a r, ist von meinem v e reh rte n F re u n d e in d e r v ie rte n Abhandlung d ieses Bandes n ie d e rgelegt.
Das P rä d ik a t s u c c i n i f e r kommt d ie se r P in u s -S p e c ie s mit vollem R e ch te z u , d ü rfte a b e r doch
in sofe rn noch als C o lle k tiv -N am en zu betra chten s e y n , da im Bernsteinwa lde, nach den im B e rn s te in eingeschlossenen
Nadelblättern, Avenigstens v ie r P in u s -A r te n e x is tirten , da sich nich t nachweisen lässt, AA'elches
von diesen Nadelblättern unserem P in u s succinifer a n g e h ö rte , un d sich eben so Avenig m it Bestimmtheit
e rg ie b t, ob n u r e in e , o d e r nich t vielleicht m e h re re , j e n e r P in u s -A r t e n B e rn ste in sec ern irten . ^
D ie Annahme e in e r Har/ausschAvitzung im urAveltlichen Wa lde h at schon an sich Nich ts Avider sich
u n d findet in d e r JelztAvclt manches p assende Analogon. Coniferen h aben d e r nördlichen gemä ssigten Zone
durch alle Schöpfungsabschnitle d e r B raunkohlenzelt angehört. Die specifische V e rsch ied e n h e it d e r bei
G räb e re ien häufig vorkommenden fossilen P in ite n -Z a p fe n und die mannigfachen Va rie tä ten d e r im Schoosse
des Meeres und des L an d e s ru h e n d e n , dem B e rn ste in mehr o d e r Aveniger verAvandten, Ha rzk lum p en geben
se it d e r E n tsteh u n g des B e rn ste in s das sp re ch en d ste Zeugniss da fü r. W ie d e r B e rn s te in aus urAveltlichen
P in iten quoll, so erzeugen sich noch h eu te in Avärmeren Himm elsstrich en d e r C o p al, das Anime-, Dammar-,
E lemi-, B en zo e -H a rz und d e r Mastix. L e tz te re r Avird a u f Chios bekanntlich geivonnen, indem man den aus
E in sch n itten in die Rin d e fliessenden S a ft von P ista c ia L en tiscu s L . am F u s se d e r S tämme in G ru b en
rin n en und d o rt e rh ä rte n lä s s t, ein treffende s Bild von d e r En tsteh u n g sweise d e s B e rn stein s. U n te r den
Gummiharzen haben F ly rrlie, G u tti, We ih rau c h , Euphorbium, Flanna und das Gummi u n se re r K irsc h en - und
P flaum en -Bäume ; u n te r den P fla n z e n -B a lsam e n d e r C o p a iv a - , P e ru - , To lu -B alsam und d e r flüssige S torax
ein ganz ähnliches E n ts teh en . E s Aväre leich t die Z ah l d ie se r Gleichnisse noch zu v e rd o p p e ln , ab e r es
gen ü g t zu r H e rv o rh e b u n g d e r Eigenthüra lichkelten des B e rn s te in s un d zu r beabsichtigten P h y s io g rap h ie
>) liis to ria n a lu ra lis Hb. X X X V II. X I. „N a s c itiir aiitem d e finente medulla p inci g e n e ris a rb o rib iis , u t ginimii in c o ra s is , resina
p in is . Eriimpit bumoris ab iin d an tia, den satiir rig o re vcl te p o re autiimnall A rc b c la iis , qui reg n a v it in Cap p ad o c ia , illinc
pinco corticc iniiaerentc trad ii ad v ch i ru d e Liqiildiini primo d e s tilia r c , arg u n ien to siin t quacdam intus tran s liic en tla, ut fo rniicae,
a u t culices, la ccrtaeqiie, quas a d b ac sisse musico non e s t dubluiii e t inclusas indiirescenti. “
*) G r o s s e in d e r Ucb c rs eUu n g d e s Plin iu s. Frankf. 1788. Bd. 1 2 . S . 3 4 (A n n i.)
3 ) 1.. B. in den T ra n s a c tio n s o f tb e Entomologica] S o c ie ty in Lo n d o n . London 1 8 3 6 . Vol. I. p. 3 . S . 13 4 & 135.
e iniger se in e r äu sse ren Merkma le, schon die Nebeneinauderstelluiig mit einem je n e r H a rz e , aaozu ich den
Copal wählen w ill, da d ieser in p h y sik alisch er Rücksicht ihm am nächsten steh t und mit Recht als sein
h eutiger R ep rä sen tan t b e tra ch te t AAcrden darf. — W a s a b e r die Qu an tität des urAveltlichen Harzes betrifft,
so ist die GegenAvart auch in d ie se r Beziehung nicht arm an ähnlichen Beisp ielen und s tellt in allen Zonen
analoge Ersch ein u n g en a u f : v . S p i x un d v . F l a r t i u s fanden in Brasilien u n te r den Pfahlwurzeln von
Hymenä en sechs bis acht P fu n d schw ere Ha rz in a s se n ; Aehnlichcs is t bei P in u s Dammara bemerkt;
P in u s S trobus und P in u s balsamea ergie ssen im südlicheren E u ro p a beträ chtliche Qu a n titä te n ; G ö p p e r t sah
in den schlesischen W ä ld e rn faustgrosse Klumpen u n te r den P fah h v u rzcln von P in u s A b ie s, und sogar im
hohen Norden sammelt bekanntlich d e r L a p p e das aus F ic h ten tröpfe lnde H a rz .
E s h e rrsch t in d e r Kenntniss d e r ausländischen H a rz e manche U nsiche rheit und Ve rwirrung;
ih r Ursp ru n g u nd ih re Diagnose sind noch immer nich t hin reich en d fe stgestellt. D e r Copal z. B. kommt
uns aus d re i W e ltth e ilen z u : aus W e s tin d ien u nd B ra s ilie n , aus Ostindien und auch aus Afrika. Als P r o dukt
d e r J e tz tw e lt offenbart e r die Quelle seines E n ts te h e n s , die Baumgaltung d e r e r angehört.
De r brasilianisch - Avestindische stammt nach v . M a r t i n s von m eh re re n Arten d e r Ga ttu n g e n Hymena ea
Trachylobium und V o u a p a , d e r ostindische und afrikanische nach älte ren Angaben von R h u s Copallinum L .,
nach sp ä te ren von Elaeodafpus copa lifer R e tz ., und d e r au f Madagaskar, nach P e r r ö t e t , von Hym c -
naca verrucosa . Durch seine G e b u rts s tä tte a u f beiden H em isp h ä re n , mehr ab e r noch durch seinen beglaubigten
U rsp ru n g aus s eh r versch ied en en B aum g a ttu n g en , erk lä re n sich die grossen Unähnlichkeiten
sein er Substanz in H in s ich t a u f L ö s lic h k e it, H ä r t e , Durchsichtigkeit u. s. av. D e r brasilianische scheint
dem B e rn ste in am n ächsten zu stehen und i s t , Avie ich v e rm u th e , d e rje n ig e , Avelcher vorzugSAveise In sekten
umschÜesst. Auch nach H o p e kommt d e r eigentliche Copal n u r aus S ü d -A m e r ik a von H ym e nae
a C ourbaril, und Anime aus Ostindien von V a te ria Indica L . und Tra chylobium G a ertn erian um ;
nun leu g n e t a b e r H o p e das Vorkommen von In s e k te n im Copal und s a g t: „ A n im é is , like ainbor,
reraarkable fo r th e number o f in sects imbedded in it . . . A n im é is v e ry tra n sp a re n t“ . . . ’) Alles H a rz
welches i c h u n te r dem Namen Anime kenne, ist undurchsichtig, mit Aveisslichem, mehlartigem Staube bedeckt
und etAvas fe ttig an z ufühlen, Avodurcli es an den F in g e rn einige G lä tte und einen schAAachen H a rz geruch
h in terlässt. E s w ü rd e , meines E ra c h te n s , AA'eit le ich te r mit Olibanum und D am m a r-H a rz , als mit
dem h ä r te re n , in seinem Bru ch e glän z en d e ren , ölklaren Copal zu verAvechseln seyn. In se k te n habe ich im
Copal seh r häu fig , ab e r im An im e-H a r z e nie gesehen. Ic h kann mich von d e r Richtigke it d e r Hope schen
Nomenklatur also nich t überzeugen, und es Avird, avo ich Aveiterhin von diesen inclusis spre che, n u r von Copal-,
aber nie von Anime-Insekten, die Rede s ey n . Man s te llt sogar die Ve rmuthung auf, dass auch das Dammarund
Anime-Harz von dense lben Bäumen komme und n u r durch die E inwirkung von L u ft un d W’as se r etwas
v erän d ert sey. *) — D a je d e s ausschAvitzende Baumharz n u r die seinen mütte rlichen Stamm bcAvohnenden
oder umflatternden Insekten inAolviren k an n , so müssten im Copal doch ohne Zweifel Insekten aus drei
FVellthoileii, also von seh r abAvcichendem T y p u s , entha lten s e y n ; ich glaube a b e r, dass man b ish e r n u r
amerikanische in ihm sah. — In Gu in ea soll d e r Copal im S a n d e , an den Flundungen d e r F lü sse ,
gegraben und häufig gefunden AA crden, avo man Aveit und b re it keinen Copalbaum sieht. Wahrscheinlich Avar
d e r afrikanische B e rn ste in des P lin iu s auch nichts Ande res als Copal. Ein ze ln e S tü ck e kommen auch im
heutigen MeeresaiisAvurf d e r O s ts e e , in Ge sellschaft des B e rn s te in s , und sogar in den Diluvialschichten unseres
Lande s vor. E s d rin g t sich aus d ie se r nicht abzulcugnenden Thatsa che die Wahrsche inlichke it auf,
dass Avenigstens e i n e Specie s des Copalbaumes schon eine r frü h ere n S chöpfungsperiode angehört haben
f .
*
») In don eben ang^efiilirten T ran sa c tio n s . Vol. I. p . 3 . S . 138.
®) llan dwö rlerb iic li d e r Choime von L i e b i g - , P o g g c i i d o r f f und W u b l e Braiinsehweig' 1 8 4 3 . R.l. H. Lief. 3 . S . 36.5.
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