Um a u f möglichst festem B oden nunmehr Aveiter zu s c h re ite n , keh re ich fü r Avenige Augenblicke
noch einmal zu ein e r analogen E rscheinung d e r frü h e re n E pochen te rtiä r e r Ablage rungen, zu r E n tsteh u n g
d e r S te in k o h le n -F o rm a tio n , zurück. 3Ian u n tersc h eid et in d e r fossilen PllanzenAvelt bekanntlich drei
P e r io d e n : die d e r S te inkohle , d e r B raunkohle und die d e r u n lermc erischcn W ä ld e r. Das g rosse europäische
S te inkohlenlager zieht sich aus Britan n ien nach F ra n k r e ic h , von da in südöstlicher Ric h tu n g durch die
Rlieinprovinzeii und W e s tp h a le n , durch B ö hmen , Schlesien, Galizien, Ungarn, bis in die T ü rk e i. E s Avird
allgemein angcnoinmcti, dass diese F o rm atio n durch eine überaus üpp ig e Vegetation ih r S la terial empfing,
dass es u rsprünglich In se ln Avarcn, a u f denen diese Pllanzeufttlle g ed ie h , dass diese In se ln ö fte r auf-
tauchtoii, sich jcdesmiil mit e in e r re ichen Vegetationsdecke ü b erzo g en , und sodann im Meere Aviedcr v e rsanken.
N u r a u f diese W^ciso e rk lä rt sich d e r merkAvürdige We ch sel d e r S te in k o h le n lag e r mit submarin
f'cbildcten S chichten. Z u r damaligen Z e it — B i s c h o f f be re ch n e te ih re D a u e r a u f m eh r als eine 3Iillion
von J a h r e n , und N ö g g e r a t h billigte die ß e r e c b n u n g s - flie th o d c , fand ab e r das F a c it noch zu k lein ! —
h e rrsch te ü b e r d e r ganzen Oberfläche d e r E rd e eine gleichmässige und zugleich hö h ere T em p e ra tu r.
Da h e r ru h e n gleiche uiAvellliche Pflanzen je n e r Z e it in den S te inkohlen - F lö lz cn v on N o r d -A m e r ik a und
S ch le s ien , von Blelville - Islan d und E ngland. — Nordöstlich ü b e r dem angegebenen Län d e rz u g e la g ,
noch vom Ocean b ed e ck t, d e r einen Raum von m eh r als 100,000 DM e ilen um fa s s te , zu d e r Z e it die
heutige c is -u r a lis c h e E b e n e ; es Avar die allgemeine T em p e ra tu r d e r E rdobe rflä che Avährend d e r langen
D a u er d e r vorübergegangenen Ep o ch e ab e r schon a u f eine n ied rig e re S tu fe gesunken. Auch aus diesem
S le e re erhoben sich einzelne In s e ln , un d bede ckten sich mit e in e r F lo r a , d ie , den g eä n d erte n V e rh ä ltn
issen g em ä ss, eine Aon d e r frü h e re n ganz versch ied en e Avar. Das aus den F lu th e n h e rv o rtre te n d e
je tz ig e n o rd - e u ro p ä is c h e Tiefland Avurde zum Bezirk d e r B ra u n k o h le n -F o rm a tio n , in d eren Schosse eine
organische Schöpfung r u h t, Avelche d e r je tz ig e n zAvar um ein B edeutendes n äh e r s te h t, als d e r d e r S te in -
kohlenz eit, a b e r ebenfalls eine erloschene i s t , und als solche gleichfalls d e r UrAvclt anheimfällt. Auch
d ie se r Zeitraum is t a o ü u nerme sslicher Län g e und b es teh t Avieder aus m ehre ren A k te n , o der A lte rs s tu fe n ,
die man sich durch die ö ftere W ie d e rk e h r no rd isch e r D iluA 'ia l-F lu th e n in Z e it und Raum von einander
g etre n n t denken kann. Die Bild u n g des B e rn ste in s fä llt in einen d e r m ittle ren Z e itab sc h n itte d e r B rau n kohlen
- F o rmation. Es is t die Aufste llung und U n tersuchung se in e r organischen E in sch lü sse d ah e r fü r
d i e s e n Zeitraum d e r E rd g e sch ich te vo n Avesentlicher B edeutung. — Die versu n k en en uiile rmee rischen
W ä ld e r e n d lich , deren das nördliche E u ro p a m e h re re , z. B . an d en R ü s te n d e r B re ta g n e uiid Aon
L in c o ln sh ire , n eben d e r In se l 3 Ia ii, bei SchlcsAvig u. s. av. b e s itz t, sind jü n g e r als die B raunkohle ,
machen den Uebergang z u r heutigen F lo r a , zeigen Avenig AbAvcichendes A'on d ie s e r , und an einigen
O rte n sogar völlige Uebere inslimmung mit d en a u f nahen K ü sten strich e n noch Avachsenden Bäumen.
Noch d eu tlich e r au sg ep räg t zeigen sich die C haraktere d e r JetztAveit au den in T o rfmo o ren v ersu n k
enen Bäumen u n d W ä ld e rn , die man Aorzüglich in E n g la n d , aber auch in F la n d e rn , O s tfrie s la n d ,
Mecklenburg und nich t se lten auch in unserem P re u s s e n , s ieh t. — „W e n n m an , sag t S t i i d c r , die
Zeiträume zu schätzen v e rsu c h t, die eine je d e d e r jü n g e re n S chöpfungen fü r sich allein v e r la n g t, und
Avenn man zugleich erAvägt, dass in den letzte n zAveiiauseiid J a h re n die Ve rän d e ru n g u n se re r Bodengesta ltung,
gegen frü h e re g e s te llt, beinahe unmerklich i s t , so gelangt man z u r U eb erz eu g u n g , dass u n se re sogenannte
historische Z e it, im Ve rh ältn iss zur diluvialen, verschAvindend kurz geda cht Averdcn muss.“ Nach B i s c h o f f
sind neun Millionen J a h r e verflossen, se it die T em p e ra tu r in Deutschland von 22 ® R. a u f 8 “ 11. herabsank.
Aus dem eben erAvähnten Ocean tau c h te in d e r G e g en d des heutigen Samlandes eine In s e l, o der
eine In s e lg ru p p e , ein In se lla n d o der ein Continent a u f , — man bezeichne cs Avic mau Avill, ich nen n e cs
I n s e l l a n d ! —• Avuchs an Umfang und überzog s ic h , begünstigt von mildem S c c k üm a , mit Vegetation
u nd AVald. D ie se r W a ld Avar die G e b u rts s tä ltc des B e rn s te in s ; in ihm scJiAvilztcn geAvisse Bäume ih r
H a rz in so unbeschreiblicher 3Ienge a u s , dass die versunkene Vo rra th sk a inm c r, d e r ehemalige 33\aldboden,
davon noch j e tz t so e rfü llt zu se y n sc h e in t, als Aväre sie durch die sp ä te r eingebrochenen 3Ie erc sflu th en
un d durch diu unzähligen, den Ocean jah rta n sen d eln n g durchwQhlonden Stü rme e rs t eines g e rin g e n , kaum in
Anschlag zn b rin g en d e n , T h e ile s ih re s In h a lte s beraubt. D e r nordw estliche Hand dieses ehemaligen
In se lla n d es e rs tre ck te sich h ö h e r als die h eu tig e No rdw est - S pitz e Samlands. Neben und ü b e r ih r lag,
meines E ra c h te n s , je n e s urweltlichen W a ld e s g eo graphische r M itte lp u n k t, d e r sich noch heule im V o rkommen
d e s B e rn s te in s als solcher zn e rkennen giebt. lo h stelle d ie sen C en tra lp u n k t in den südöstlichen
T h e il des h eu tig en Ostsee - Beckens u n te r etwa 5 5 « L a t. und 3 7 - 3 8 « Long. aus folgenden G rü n d en :
weil u n te r a llen b altischen K ü s ten die d ieser Geg en d am n ächsten lie g e n d e n , also Samlands Wc st-
s tr a n d , und demnä chst d ie N o rd k n sle d e r frischen N e h ru n g , von je h e r den meisten Bernstein
empfingen un d noch em p fa n g en ; weil S e e s tü n n e ans d ie s e r G e g e n d , also fü r Samland aus W . und
aus W N W ., und fü r die frische N e hrung aus NO. ihn am re ich lich sten b rin g en , und weil Lin ien
an s d en H a n p tfn n d o rten b eide r K ü s te n , in d e r Rich tu n g d e r gü n stig sten S tü rm e seewärts v e rlä n g e rt,
d o rt Zusammentreffen;
weil d e r an beiden K ü s ten an das L a n d geworfene B e rn s te in eine zwar g e r in g e , ab e r fe ststehende,
Abweichung in seinen ä u s s e r e n C h ara k tere n z e ig t, ') und endlich
weil die strah len fö rm ig e V e rb re itu n g des B ern s te in s im we ite ren südlichen H a lb k re is e (s. w. u.) ganz
entsch e id en d a u f d i e s e n Ausgangspunkt hinweiset.
In welchem Umfange das In se lla n d hento von d e r Ostsee bede ckt w ird , oder wie weit es sich
u n te r Samland u nd auch wohl u n te r einem T h e ile dos südöstlichen L ltto ra le s fo rlc rstrcck t haben mag,
bleibt unbestimmbar u nd uuerforschlich. E s gen ü g t d ie Ueberz eugung von se in e r einstmaligen Ex is ten z
und von dem a n f ihm vorhanden gewesenen W a ld e. Vielleicht h a t Samlands W e s tk ü s te einst im Z u sammenhänge
mit dem p ommere llischcn P la te a u und mit dem pommerschen Ilö h e n z u g c gestanden. Die
Aehniichkeit d e r S ch ich teu lag er in d en s te il abge rissenen d o rtig en S tran d h ü g eln und in den hiesigen hoi
lle d la u , Oxh ö ft n . s. w. sp ric h t fü r diese Vorinulhung. D e r fehlende T h e il dos Höhenzuges müsste
demgemäss en twe d er d u rc h die K r a ft d e r von N o rd en anstürmenden Diluvialflulh weggespühll und a u f
solche W e ise d e r Danziger Mee rbusen en tstan d e n s e y n , o der es wä re die H ü g e lk e tte d o rt und h ie r durch
p a rtie lle Massen - E rh e b u n g aus dem Mee re om p o rg o sticg en , während d e r Zwischenraum von d e r Ostsee
bedeckt blich. Die e rs te H y p o th e s e sch e in t mir die w a h rsch e in lich e re zu sey n .
W e lc h ein ü b e rau s lan g e r Z eitra um d e r En h o dazu g eh ö rt h aben m u s s , so immense Schätze zu
häufen, dass dieselben s e it ih r e r In unda tion, also während m e h re re r J ah rta u sen d e , e rs t thcilwcise losgewühlt
we rden kon n ten und s e lb st kü n ftig en Küstenhewohnoru imme r noch e in e , d e r je tz ig e n äh n lic h e , Ausbeute
v erh o isse n , wird le ich te r e rk lä rb a r, wenn man n ich t d en k leinlichen Maasstab d e r Ge g enw a rt an die
E rscheinungen d e r U rw e lt legt. Man bea chte z. R ., dass die Masse des in S ib irien ruh en d en fossilen
Elfenbeines sich noch keineswegs e rsc h ö p ft, und dass d e r , je d e Bere chnung tiberbietende In h a lt d e r b rili-
sd io n Sleinkohlcnflölzo und d e r gallzischen S te in sa lz lag o r, tro tz eines enormen täglichen B e d a rfe s , noch in
vielen J a h rh u n d e rte n nich t mit Mangel droht. So ist auch im S trandgewinno des B e rn s te in e s , so weit
authentische N a ch rich t z u ru c kw e ise t, noch keine e rhebliche Ve rm in d e ru n g e in g e tr e te n , obgleich nicht
g eleugnet worden k a n n , dass die ehemaligen K ü s ten s trich e des gegen Norden p ro g re ssiv anwachsenden
L a n d e s , im Ve rgleich mit den je tz ig e n , weil g rö sse re Q u an titäten empfangen haben müssen. In dem
S amländer S tra n d e rtra g e zeigten fünfzehnjährige D u rch sch n itte vom J . 1661 bis 1 8 1 1 . also L50 J ah re ,
keinen hoachte.aswerlhen Unterschied. «)
*) A y c k e Frag-nionle u. s . w. S . 9.
I l a g c n a. a . 0 . IM. ({. g . g j 7 ^