dafs die obere Blattfläche weit mehr ausdünste, als die untere; auch
müsse sie schon aus dem Grunde mehr zur Ausdünstung dienen, weil
sie der Einwirkung des Lichts mehr ausgesetzt sey. Schon daraus
könne man. schliefsen , dafs H e d w i g mit Unrecht den Spaltöffnungen,
welche sich häufiger auf der untern Blattfläche finden, diese Bestimmung
gegeben habe.
Bey dieser Verschiedenheit der Meinungen schien es mir sehr der
Mühe werth, einige weitere Versuche über diesen. Gegenstand anzustellen,
und wenn gleich die Zahl derselben nur eingeschränkt ist, so
reicht sie doch hin, einige nicht unwichtige Resultate darzubieten;
auch ist jeder derselben mehrmals wiederholt worden, um allen Verdacht
einer Täuschung zu entfernen. An die untere Blattseite einer
sehr gesunden Pflanze von Tussilago fragrans Vinn, legte ich eine
dünne, reine Glasplatte, wobey die Sonne lebhaft und wärmend auf
das Gewächs schien. In kurzer Zeit bedeckte sich das Glas mit einem
Thau und nach einer güten halben Stunde w a r die Oberfläche
desselben so nals, dafs Tropfen herunterflossen, wenn ich es in schiefer
Richtung hielt.. Das Ausgedunstete glich dem reinen Wasser, schien
aber säuerlich, wenigstens etwas zusammenziehend zu schmecken. Die
nehmliche Glasplatte auf die obere Blattseite gelegt und der Sonne
ausgesetzt, zeigte nicht den mindesten Niederschlag, wie lange sie
auch in dieser Lage bleiben mochte. Da jedoch in diesem Falle die
Wirkung der Sonne die Entstehung des Niederschlags hätte verhindern
oder den entstandenen wieder hinwegnehmen können, so gab ich dem
Blattstengel eine solche Drehung, dafs nun die untere Blattseite der
Sonne zugekehrt, die obere von ihr a.bgewandt-war, und beyde wurden
dann mit Glasplatten in Berührung gebracht. Nichts desto weniger
zeigte sich die Ausdünstung in vorigem Maafse nur von der under
Gewächse und deren Organe. 175
tern; jetzt der Sonne zugekehrten Blattseite, und um auch dem Einwurfe
zuvorzukommen , dafs die Veränderung des Apparats hier noch nicht
Zeit gehabt* den vorigen Prozefs aufzuheben, der sich also nur fortgesetzt,
stellte ich das Ganze in den Schatten. Die Ausdünstung liefs
sogleich nach und hörte bald ganz auf, nahm aber bey wiederhergestellter
Einwirkung der Sonne augenblicklich wieder von der untern,
dem Lichte jetzt zugekehrten Blattseite ihren Anfang. Ich trennte nun
das Blatt von seinem Stengel und legte es zwischen zwey Glasplatten
mit gegen die Sonne gerichteter Oberseite. Gleichwohl dauerte die
Ausdünstung noch eine geraume Zeit von der Unterseite fort, bis das
Blatt welk .wurde,-.worauf sie nach und nach aufhörte. Es . waren übrigens
alle diese; Erscheinungen nur im Sonnenlichte bemerkbar; an
trüben Tagen zeigte sich keine Ausdünstung weder der untern, noch
der obern Blattseite, wenigstens keine solche, die an aufgelegten Glasplatten
sichtbar gewesen wäre,
Nach diesen Versuchen schien es mir ausgemacht, dafs Tussilago
fragrans im Sonnenlichte nur von seiner untern Blattseite ausdünste,
ich untersuchte daher die Oberhaut des Blattes und fand, dafs diese
nur an der Unterseite derselben mit zahlreichen Poren bedeckt w'ar,
welche der Oberseite gänzlich fehlten. Es entstand daher die Ver-
muthung, dafs die. Anwesenheit der Poren mit der Ausdünstungsfähigkeit
im Zusammenhänge stehen möge, und zwey Pflanzen,- welche nur
die untere Blattseite mit zahlreichen Poren erfüllt, aber keine auf der
Oberseite haben, nehjnlich Pelargonium tomgntosum und Selinum de-
cipiens W., bestätigten diese Vermuthung: denn diese, unter die nehm-
lichen Umstände wie jene versetzt, dünsteten nur von der Unterseite
aus, s und dieses Resultat, blieb bey allen Abänderungen des Versuchs
immer das nehmliGhe. Bey dem Pelargonium war die Ausdünstung