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die ich den Bildungssaft genannt habe. Jener, wird man sagen, zeichnet
sich durch eine eigene Farbe aus und ist in eigenen Gefäfsen enthalten,
dieser hat keine ausgezeichnete Farb'e und wird nicht in be-
sondern Gefäfsen abgesondert. Gegen diesen Einwurf erinnere ich zuvörderst,
dafs die ausgezeichnete Farbe einiger Milchsäfte kein Grund
seyn kann, sie für verschieden von dem farbenlosen Bildungssaft zu
halten. Jene ist verschieden in blofsen: Varietäten einer und derselben
Pflanzenart, ja selbst in verschiedenen Theilen eines und desselben
Gewächses, wie schon Berniiärdi *) an mehrern Beyspielen gezeigt
hat. Sie kann also nichts Wesentliches seyn. Was aber die eigenen
Gefäfse betrifft, worin die Milchsäfte enthalten seyn sollen, so ist die.fs
ein Punkt, worüber meine jetzige Überzeugung .von meiner frühem
Meinung und von den herrschenden Begriffen verschieden ist , und
über welchen ich mich ausführlicher erklären ' rpufs. ,
Meine neuern Untersuchungen haben mich auf das Resultat geführt,
dafs ~ es keine eigene G e fä fse der Milchsäfte giebt, .sondern dafs
blos von eigenen Zellen umgebene fibröse Röhren die Absonderungswerkzeuge
derselben sind, und dafs in eben solchen Theilen auch der
Bildungssaft der übrigen Gewächse erzeugt wird. Um den Beweis dieses
Satzes zu führen, werde .ich- jene Sekretionsorgane an einigen milchenden
Pflanzen beschreiben, und ^zeigen, dafs nach Abzug alles Unwesentlichen
blos ein Gewebe von engen Zellen und fibröse Röhren
als die eigentlichen Absonderungswerkzeuge der Milch übrig bleiben.
Ich erwähne zuerst des Hieracium grcindifiorum Ai1.1 o v ,, einer
Pflanze, aus deren sämmtlichen Theilen sich, wenn sie verwundet sind,
') A. a. O. S .5g,
5. lieber die Gefäße und den Bildungssaft der Pflanzen. 159
ein weifser, milchiger Saft ergiefst, und woran die Behälter dieser Flüssigkeit
ziemlich leicht zu erkennen sind. Schneidet man die grofse
mittlere Rippe eines Blatts derselben durch, so findet man darin in
der Mitte einen hohlen, mit Luft .angefüllten Cänäl, und um diesen
sechs kreisförmige Stellen, aus welchen die Milch hervordringt. An einem
frischen Blatt fliefst der Saft so stark ans, dafs sich nicht unterscheiden
läfst, ob er aus der ganzen Kreisfläche, oder nur aus einzelnen
Theilen ‘derselben^kömmt. Ist aber das Blatt schon etwas welk
geworden, so sieht man, dafs er sich aus dem Umfang des Kreises ergiefst.
Bringt man einen dünnen Queerabschnitt der Rippe untfer eine
mäfsig vergföfsernde Linse, so zeigen sich die erwähnten Kreise nicht,
wie man vielleicht erwartet hätte, als die Mündungen hohler Röhren,
sondern als die Grundflächen solider Cylinder. Um diese Cylinder liegt
ein Zellgewebe,/ dessen Zellen in der Nähe derselben sehr eng sind,
weiter davon aber immer gröfser werden,, und .Welches zuletzt in ein
weifses, grofszelliges Mark übergeht. Die Cylinder hängen mit diesem
Gewebe so locker zusammen-, dafs sie sich ganz daraus hervorziehen
lassen. Sie bestehen aus einer Röhre, welche grofse Gefäfse einschliefst:
Die Röhre ist aus längslaufenden Fibern zusammengesetzt, zwischen welchen
geschlängelte, sich hin und. wieder mit einander verbindende, fibröse
Röhren herabsteigen ,. die mit einer körnigen Materie angefüllt
sind. Diese Materie ist offenbar der Milchsaft der Pflanze, und jene
Röhren, sind es, aus welchen, derselbe an verwundeten Theilen hervordringt.
Die im Innern der erwähnten Canäle liegenden grofsen Gefäfse
sind theils Spiralgefäfse , theils ' Treppengänge. Diese sind meist
.eng,' jene hingegen zum Theil von beträchtlicher Grofse.
Ganz > derselbe Bau findet beym Sonehus tnacrophyUus W
einer ebenfalls milchenden Pflanze, statt. Doch enthalten hier die Gy»,