Der ungeronnene Eyweifsstoff des Bluts und der Vogeleyer enthält
nichts Organisches. Beym Gerinnen aber bilden sich in ihm Kügelchen,
welche rund und von ^verschiedener Gröfse sind. Diese entstehen
, das Gerinnen mag durch Hitze, durch Alkohol, oder durch
Säuren bewirkt seyn. Ich werde sie Ey w e ifs k ü g e lch en nennen.
Eben so wenig als der ungeronnene Eyweifsstoff zeigt der Schleim
der Lungen und der Nasenhöhlen, der Froschschleim und derjenige,
welchen die Garten - und Wegschnecken (Helix j Limax) ausschwitzen,
organische Theile, so lange er im flüssigen Zustande ist. Läfst man
ihn aber trocknen, und weicht ihn dapn wieder mit Wasser auf, so
findet man darin Streifen, die unter stärkern Vergröfserüngen das Ansehn
höchst zarter, geschlängelter Gylinder haben. Zuweilen sieht man
darin auch Bläschen. Diese aber scheinen blos von eingeschlossener
Luft herzurühren.
' Auch im aufgelösten Leim der Hausenblase lassen sich keine organische
Theile unterscheiden. Unaufgelöste, in warmem Wasser blos
aufgeweichte Hausenblase besteht aus dünnen, geraden, sich nach allen
Richtungen durchkreutzenden Stäbchen oder Fäden, die ich Elementa
r f ib e rn nennen werde. In der aufgelösten und wieder erstarrten
Hausenblase bilden sich die Fäden nicht wieder. Die Gallerte ist also
als’ solche nicht in der letztem vorhanden, sondern entsteht erst während
dem Kochen. Ihre Entstehung setzt aber eine eigene Mischung der
Hausenblase voraus , und von dieser Mischung rührt ohne Zweifel zugleich
die eigene Gestalt ihrer Grundtheile her.
Zusammengesetztere Flüssigkeiten, die in ihrem ursprünglichen Zustande
nichts Organisches enthalten, sind: die Thränen, der Speichel,
die
die Galle, das Fett und die Milch. L e e u w e n h o e k *), der in-der
Galle einer Forelle ( Truta) unendlich kleine Kügelchen gesehen haben
wollte, hat entweder diesen Saft nicht im frischen Zustand untersucht,
oder sich eben so wie beym reinen Wasser getäuscht, das er auch für
eine Zusammensetzung aus Bläschen hielt**). Das Fett theilt sich zwar,
mit Wasser vermischt, in Kügelchen. Aber diese sind ganz verschieden
von den organischen Bläschen des Eyweifsstoffs. Solche Fettkügelchen
sind es auch, die man in der Milch sieht. Man erkennt die
fettartige Beschaffenheit dieser Milchbläschen an ihrer schimmernden
Farbe und ihren zitternden Bewegungen.
Unter den zusammengesetztem Säften sind das Blut und der Saa-
men- die einzigen, die in ihrem ursprünglichen, flüssigen Zustande immer
organische Theile enthalten. Die des Bluts sind die Blutkügelchen.
Man weiis schon aus frühem Beobachtungen, dafs diese bey
den kaltblütigen Thieren eine linsenförmige - Gestalt haben. Eine
ähnliche Form haben nie die Eyweifskügelchen. I Auch fand ich- die
linsenförmigen Körper nie aufserhalb den Blutgefäfsen: Die Blutkügelchen
verhalten sich -ferner ganz anders gegen Reagentien, als die Eyweifskügelchen.
Diese rücken näher zusammen , wenn man in der
Temperatur der atmosphärischen Luft Phosphorsäure auf sie wirken
läfst; jene hingegen werden von dieser Säure in kleinere Kügelchen
zertheilt. Es läfst' sich zweyerley hieraus schliefsen:
1. Dafs'die Blutkügelchen nicht unmittelbar in dié zu ernährenden
Theile abgesetzt werden;
*) Anatomia, scu interiora rerum etc. Lugd. Batav. 1687. p. 103. in Experim.
**) Ibid, pt jo/^%