Aus. diefen Beobachtungen ergiebt fich demnach, dafs die organifche
Materie, welche den einfachften vegetabilifchen Wefen und fonach den Pflanzenkörpern
überhaupt zum Gruude liegt, unter gewiflen Umftänden in Bewegungen
übergehe, welche wir thierifche nennen, weil lie für uns den Charakter
der Willkühr und felbft einer gewiflen Zweckmäfsigkeit haben, indem
z. B. diefe bewegteu Körper das helle Sonnenlicht flohen und lieh in den
Schatten begaben. Diefer Uebergang ift fo unmittelbar, dafs die nehmlichen
Theilchen diefer Materie, welche in der Conferve als Glieder derfelben, oder
als Beftandtheile der Glieder, gereihet waren, durch den blofsen Austritt
aus diefer Verbindung fich als bewegte Körper darflellten, dann aber durch
eine neue Fixirung, Zufammenfetzung und Verlängerung in ihren vorigen
Zuftaud zurückkehrten. Hiebey ift nun fehr merkwürdig, dafs unfere Con-
ferven aufs lebhaftefte fortwuchfen, fo lange fie im fchnellfliefsenden Bache
in fieter Bewegung waren: dafs aber die Ruhe, in welche fie alsdann ver-
fetzt wurden, unter Begünftigung einer angemeflenen Temperatur, fogleich
den Austritt der Theile und deren Bewegungen veranlafste. Hieraus ift zu
urtheilen, dafs dié Kraft, welche die Ausdehnung und Veräftelung des Con-
fervenfadens bewirkt und die, welche den eigenmächtigen Bewegungen der
organifchen Monaden zum Grunde liegt, eine und die nehmliche fey, die
fich auf verfchiedene Weife äufsert: je nachdem fie entweder dem Ganzen
untergeordnet ift, welches die Natur durch die Bewegung erlangt, worin fie
diefes erhält, odes nachdem fie im Einzelnen wirket, welches gefchiehet,
fobald ein Zuftand der Ruhe und des allgemeinen Todes eintritt. Es ift
ferner zu merken, dafs die nehmlichen Körper, welche nach ihrem Austritte
aus dem Gewächfe fich bewegten, daflelbe, nachdem fie wieder in Ruhe
gekommen, reproducirten. Da fie aber zuvor als einzelne Glieder und Körner
integrirende Theile der Conferve ausmachten, wenigftens eine beftimmtc
Stelle im Lebensacte derfelben einüahmen; fo ift zu fchliefsen, dafs die
Kraft, welche die Ausdehnung des Ganzen durch den Anfatz neuer Theile
bewirkt, die nehmliche fey mit der, welche der Erzeugung eines neuen We-
fens gleicher Art zum Grunde liegt, beyde Wirkungen alfo durch blofse
belebte Flüffigkeiten, ohne unmittelbares Zuthun der feilen Theile, vor fich
gehen. Endlich ift in den obigen Verfuchen noch diefes beachtungswürdig,
dafs das aus den Fäden getretene grüne Wefen nach vollzogener Bewegung
immer nur auf der Schaltenfeite des Gefäfses fich anfetzte. Diefes fcheint
nach dem nehmlichen Gefetze zu gefchehen, nach welchem das Saamenkorn
gewöhnlich nur in der Erde keimt, -weuigftens feine Wurzel immer dahin
fendet, überhaupt aber die erften Anfänge orgauifcher Körper die Abwefen-
heit des Lichts erfordern und iu eben dem Maafse mehr von demfelben ertragen
können und verlangen, als fie mehr heranwachfen.
Die Beobachtungen, von denen ich in dem mehrgedachten Auffatze Bericht
gegeben, zeigen, dafs folche aufcheiuend willkührliche Bewegungen der
grünen Materie auch noch bey andern Conferven als den hier angeführten
Statt finden. Es fcheint aber, dafs nach Verfehiedenheit der Arten, oder
Wenn man Vaucher’ s Grundfälzen folgt, der Gattungen diefer Gewächfe,
auch verfchiedene, uns gröfstentheils unbekannte Umfiände nöthig find, um
jene Bewegungen zu entwickeln. So z. B. vermogte ich zu keiner Zeit in
der Conferva dichotoma L. '(Cerarmum Roth., Ectosperma Vauch., die doch
in ihrem Bau fo viele Aehnlichkeit mit Chara flexilis hat, das Geringfte davon
wahrzunehmen. Unter andern hob ich im Anfänge Aprils >8 i5 etwa
ein Dutzend der von Vau eher abgebildeten Früchte diefes Vegetabils *) in
r) Hiß. des fonf, PI. JI. F, I. 4 »