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I
vorliandene sexuelle Differenzirung wurde d u rch die ergänzende Th a tsach e bestätig
t gefunden, dass ande re Sporen n u r A n th e rid ien erzeugen, sie wurde endlich
üh e r jed en Zweifel h inaus erwiesen d u rch den g enialen Versuch d e r U eb er-
trag u n g der Sjierinatien aus den Cu ltu ren män n h ch e r Sporen in die carpogon-
roich en der weiblichen. Sogleich setzten sich die Spermatien an die Trichogyne,
d ie v o r h e r u n g e t h e i l t e n C a r p o g o n e t h e i l t e n s i c h n a c h d e r C o p u l
a t i o n w i e d e r in d e r b e s t im m t e n W e i s e u n d n u n erst wurden P'rucht-
kÖr])er gebildet, wäh ren d die Cu ltu ren sonst steril blieben. D a an d e re Coprinus-
arten ein gleiches V e rh a lten zeigten, so realisirte der ide enreiche Ex p e rim en ta to r
den schönen G ed an k en , eine K reu zu n g von zwei A rten , von Coprinus epheme-
roides u n d Coprinus radiatus, zu erzielen. Die Spermatien von dem einen
Coprinus wurden in carpogontragende Cu ltu ren von dem än d e rn übertragen.
Das lle s iü ta t war ih re Copulation am T rich o g y n , T h e ilu n g des Carpogons in
bestimmter AVeise, u n d Aussprossung der zwei u n te ren Zellen zum PTuchtköiqier.
— Bedurfte es n ach solchen B eo b a ch tu n g en noch d e r A'ersicherung des Autors,
dass er sie n ic h t eh e r d e r Oeffentlichkeit ü bergeben, a ls b is e r s i e i n w i e d e r h
o l t e n A 'e r s u c h e n m i t s t e t s g l e i c h e m E r g e b n i s s e im m e r g e n a u
— » p l e i n e m e n t « — b e s t ä t i g t g e f u n d e n ? — als ob die Summe dieser
übereinstimmenden Beoba chtungen für sich n ic h t ausreichend u n d beweisend
wäre! I.''’nd wer wollte es zu Ungunsten d e r Besclieidcnlieit des H e rrn vmi
Tieghem d euten, wenn er zum Schlüsse d a rau f hinweist, dass e r der eigentliche
En td e ck e r der S ex u ah tä t der Basidiomyceten sei, welche Reess n u r wahrscheinlich
gem acht h a b e ; denn d e r k le in e Umstand, dass die P 'ru ch tk ö rp er n ic h t ganz
vollständig re if wurden, ist von gar k e in e r Bedeutung, weil die sehr ju g en d lich en
Bildungsstadien ih re hutfÖrmige G estalt bereits e rk en n en lassen, wie ic h demn
ä ch st zeigen werde. — Ich k an n aus eigener E rfah ru n g b ez eu g en , dass diese
A rb e it des H e rrn van Tieghem allgemeine A n e rk en n u n g fand, dass die k ritisch sten
F o rs c h e r mit Eifer für sie ein tra ten , b eh au p ten d , dass es ja gänzlich unmöglich
sei, h ie r noch den leisesten Zweifel zu hegen. In a llen wissenschaftlichen
AFreinen wurde die E n td e ck u n g m itge th e ilt u n d du rch Ze itschriften v erb reitet,
Reess') selbst b ee ilte sich sie an zu e rk en n en : er h a tte sie in n eu en A'ersuchen
b estä tigt gefunden.
') Reess, P r in g sh e im ’s J a h rb ü c h e r IS 7 5 , p . 1 9 8 .
y
Die in allen S tücken vollendete A rb e it h a t n u r einen einzigen P'ehler —
es feh lt ih r die AA^'ahrheit; die Vorgänge finden in der AVirklichkeit g a r n ic h t
statt. Das ist e s , was ich d en allseitigen A'erehrern der A rb e it sogleich nach
ih rem E rsch ein en en tg eg en h ie lt, was ich öffentlich in meinen A^orlesungen aussp
rach u n d h ie r wie gegen viele B o ta n ik e r, die mich b e su ch ten , in meinen
P räp a ra ten offen dariegte. Am 15. November 1875') h ab e ich in der hiesigen
Gesellschaft n atu rfo rsch en d er F reu n d e aus me inen damals bereits abgeschlossenen
U n te rsu ch u n g en k u rz h e rv o rg eh o b en , dass die Spermatien k e in e sexuelle Bed
eu tu n g h ä tte n , dass die PTuchtkörper ohne sie entständen. Die ausführliche
Darleg u n g d e r Kesulta te h ab e ich b a ld d a rau f an die botanische Ze itung geschickt,
wo sie im Anfang des Jahres^) 1876 m itg e th e ilt ist.
A n dem v o rerw äh n ten Tage am 15. November 1875 setzte H e rr van Tieghem''’)
die botanische AVelt m it ein er n eu en P u b lic a tio n in Erstaunen. E r w id en ie f
seine b e rü hm ten Beo b a ch tu n g en , n ic h t etwa e in e , sondern die ganze Summe,
mit S tump f u n d Stiel. Die Sperma tien k e im te n , sie sind Conidien n n d die
P'ru ch tk ö rp e r entstehen ohne sie. Da er frü h e r b ei dem Auswachsen seiner
Carpagone (ausser der Copulation der Sp e rra a tie ), k ein e Copulation von P'äden
g e seh en , welche als A ct ein er B efru ch tu n g sich deu ten Hesse, so schHesst er
m it den AVorten: »il p a ra it b ien q u e le fru it se forme sans fécondation.» AVie
die F ru c h t sich b ild e t, ü b e r den waliren V e rla u f ih re r Bildung u n d ih re r
weiteren E n twick lu n g — d a rü b e r e rfah ren wir nichts. — Gleich einer Seifenblase
ist der glänzende Beweis d e r S ex u ah tä t der Basidiomyceten, welche nach
ih re r weit vorgeschrittenen sexuellen Differenzirung mit einem R u ck au f die
H ö h e d e r h e terosporischen F a rn e g ehoben w a ren , erschienen n n d wieder verschwunden,
m it ihm sind die schönen Carpogone n n d die strebsamen Spermatien
jä h verb lich en , n n d die Alykologen sind g enau so klu g , als wie sie vorh er waren.
I n A n k n ü p fu n g an meine P u b lic atio n in der botanischen Zeitung, worin ich
die En twicklungsgeschichte der Basidiomyceten d a rleg te , h a t b ald n a c h h e r HeiT
van Tieghem-') eine Bestä tigung me iner Beo b a ch tu n g en g e b ra c h t, sie schliesst
') B r e fe ld , N e u e C u itu rm e th o d e n z u r U n te r s u c h u n g d e r P ilz e , S itzu n g sb e rich t d e r G e s e lls
c h a ft n a tu r f . F r e u n d e in B e r lin . 15. N o v em b e r 1 8 7 5 .
2) B r e fe ld , B o ta n is c h e Z e itu n g 1 8 7 6 , N r . 4, die E n tw ick lu n g sg e s c h ic h te d e r B a s id iom y c e ten .
3) V an Tieghem, C om p t. r e n d , d e r fra n z ö s is c h e n A k a d em ie in P a r is . J a h rg a n g 1 8 7 5 .
9 V an Tieghem, B o ta n is c h e Z e i tu n g , 1 8 7 6 . N r . 1 1 , N e u e B eo b a c h tu n g e n ü b e r die
F ru c h te n tw ic k lu n g u n d die v e rm e in tlic h e S e x u a litä t d e r B a sid iom y c e ten u n d A s com y c e ten .
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