
Samenschale, die der Aconitumarten nur im Nährgewebe der Samen
vorhanden; die Papaver- und Nicotianaarten beherbergen die Alkaloide
nur in Stengeln und Blättern, während ihre Samen ganz alkaloidfrei
sind. Reichlich treten sie im allgemeinen in den jungen Organen,
z. B. in den Vegetationspunkten, also dort, wo die Lebenstätigkeit am
kräftigsten ist, auf. Den Ort ihrer ersten Bildung haben wir zweifellos
in den Blättern zu suchen, die vielleicht als ihre Hauptbildungsstätten
anzusehen sind, aus denen sie sich dann in regelmäßigem Strome in'
die übrigen Teile der Pflanze verteilen und an einzelnen Orten anhäufen.
Letzteres besonders im Parenchym, in besonderen Behältern
(z. B. den Milchröhren), ferner im Mark in der Peripherie des Stengels
und in der Rinde.
Verbreitet finden sich die Pflanzenbasen in fast allen Gruppen
des Pflanzenreiches, besonders bei den höheren Pflanzen. Durch
R e ic h tum an g if tig e n A lk a lo id e n z e ic h n e n sich a u s : die
L ilia c e e n (Colchicum, Veratruin, Fritillaria), R a n u n c u la c e e n (Del-
phinium, Aconitum), P a p a v e r a c e e n (Papaver, Chelidonium), P a p ilio
n a c e e n (Cytisus, Colutea), ü m b e l l i f e r e n (Conium, Aethusa, Cicuta),
S o la n a c e e n (Niootiana, Atropa, Datura, Hyoscyamus, Lycium,
Solanum), C u c u rb ita c e e n (Bryonia). Sie finden sich aber a u c h h e i
d e n P ilz e n , z. B. im Mutterkorn, im Fliegenpilz u. a.
Selten findet man dieselbe Base in mehreren FAmilien verbreitet,
meist, ist ihr Vorkommen auf eine Pflanzenart oder doch auf eine
bestimmte Familie beschränkt und oft charakteristisch für dieselbe;
so kommt das C o lc h ic in nur in Colchicumarten, das glykosidartige
Alkaloid S o la n in in den Solanumarten, das N ik o tin in Nicotiana
vor. Arten oder Gattungen, die sich durch Alkaloidreichtuni auszeichnen,
enthalten oft nicht eine einzige, sondern mehrere, sich
chemisch nahestehende Basen, die einen gemeinsamen Ursprung haben
oder leicht ineinander übergehen, z. B. die Opiumbasen: M o rp h in ,
C o d e in , T h e b a in , P a p a v e r in , N a rk o tin , die alle im Milchsäfte
von Papaver somniferum enthalten sind; das A tro p in , H y o scy am in ,
A tro p am in , B e lla d o n n in , die zusammen oder einzeln in Atropa,
Hyoscyamus und Datura Vorkommen.
Ob einzelnen Alkaloiden nach ihrer Bildung noch eine weitere
Bedeutung für den pflanzlichen Stoffwechsel beizulegen ist, bedarf
noch näherer Untersuchung. Für manche giftige Alkaloide ist eine
solche als Schutzmittel gegen Tierfraß allgemein angenommen, und
scheint ihre Ablagerung in den äußeren Gewehslagen, in der Rinde,
den Haaren und den Milchsaftgefäßen auch für die Richtigkeit dieser
Annahme zu sprechen. Manche Tiere sind aber augenscheinlich gegen
bestimmte giftige Alkaloide völlig immun, z. B. die Tollkirschen verzehrenden
Vögel.
Die A lk a lo id e d e r G if tp f la n z e n z ä h le n zu den s tä rk s te n
G ifte n , die, in kleiner Menge genossen, schon die Gesundheit schädigen
oder den Tod herbeiführen können. Mehrere, z. B. Atropin,
werden in der Heilkunde angewandt. Die Vergiftungserscheinungen
sind häufig so charakteristisch, daß aus ihnen schon auf das in Frage
kommende Gift geschlossen werden kann. Im a llg em e in e n g e h
ö re n die A lk a lo id e zu den n a rk o tis c h w irk e n d e n S to f fe n , die
kurz nach der Aufnahme in den menschlichen Körper Schwindel,
Ohrensausen, zuweilen Kopfschmerz verursachen. Nach einer oft kaum
bemerkbaren, oft starken Aufregung, die sich bis zum Delirium steigern
kann, und die oftmals mit Krämpfen verbunden ist, tritt eine
allgemeine Erschlaffung und das Gefühl völliger Betäubung ein. Der
Vergiftete fällt allmählich in Schlaf. Die Haut ist unempfindlich und
kalt, das Gesicht bleich, die Pupillen sind erweitert oder verengt, der
Atem ist langsam und mühsam. Unter allgemeinen Lähmungserscheinungen
tritt nach 2 bis 12 Stunden der Tod ein. Auf Genesung ist
zu hoffen, wenn es gelingt, bald reichliches Erbrechen zu erzeugen,
was übrigens meist nur durch Anwendung starker Mittel möglich ist,
und durch kalte Umschläge auf Kopf und Gesicht der zunehmenden
Betäubung Einhalt zu tun, oder endlich, wenn bei reichlichem Schweißausbruch
der Kranke in einen natürlichen, ruhigen Schlaf fällt.
Die Glykoside sind meist kristallisierende in den verschiedenen
Pflanzenteilen und zwar besonders in der Rinde, den Wurzelstöcken
und Früchten, aber auch in krautartigen Teilen, gelöst im Zellsaft,
vorkommende S to ffe , die u n t e r d e r E inw irk u n g von S ä u re n
o d e r E n zym en in e in e n Z u c k e r (Traubenzucker, Galaktose oder
Rhamnose) u n d a n d e r e S to ffe (Aldehyde, Alkohole, Säuren) z e r fa
lle n . Die Glykoside sind in Wasser meist leicht löslich und besitzen
einen bitteren Geschmack. Ihr m o le k u la r e r A u fb a u ist größtenteils
noch unbekannt und die Zusammenfassung der hierhin gezählten Stoffe
mehr durch ihr gemeinsames physiologisches, als durch ihr chemisches
Verhalten berechtigt.
Die p h y s io lo g is c h e B e d e u tu n g d e r G ly k o sid e für die Pflanze
ist vielleicht darin zu suchen, daß der Zucker einen, allerdings erst
unter bestimmten Bedingungen, nämlich bei Einwirkung eines spezifischen
Enzyms, freiwerdenden Reservestoff darstellt. — Inwieweit den
Glykosiden oder den durch Spaltung daraus hervorgehenden Stoffen
E s s e r , G if tp f la n z e n . II