eine Temperatur von nur 5°; von 30 m an bis zum Grund war die
ganze Wassermasse gleichmässig auf 4°,5 erwärmt. Am 6. Oktober
dagegen hatte sich die Oberfläche bereits auf 8°,4 abgekühlt, und
alle Schichten bis zu 20 m Tiefe herab zeigten niedrigere Temperaturen,
als am 6. September, die Schichten von 20 bis 40 m Tiefe
dagegen erheblich höhere. Am 3. November endlich war der ganze
See bis zu einer Tiefe von 50 m gleichmässig auf 6° erwärmt, und
selbst die Grundtemperatur wies noch eine Erhöhung um 0°,1 gegenüber
der vom 6. Oktober auf. Im folgenden Jahre waren wir leider
in den Herbstmonaten verhindert, Beobachtungen anzustellen. Die
Messungen im Sommer dieses Jahres aber zeigen auf das Deutlichste,
dass während dieser Jahreszeit die Erwärmung der Tiefen nur langsam
fortschreitet. Im August verliefen die Isoplethen nahezu horizontal.
Ganz ähnliche Beobachtungen hat übrigens bereits F orel
bei seinen Untersuchungen über die Temperaturen des Genfer Sees
gemacht, hat aber eine Erklärung der Erscheinung sich noch Vorbehalten,
bis dieselbe durch weitere Beobachtungen vollständig sicher
gestellt wäre.
Ehe wir selbst eine Erklärung der besprochenen Erscheinungen
versuchen, wollen wir zunächst einen Blick auf die Lufttemperaturen
werfen, welche während der beiden Beobachtungsjahre am Weissen
See herrschten. Für das Jahr 1890 stehen uns dazu bereits die
Beobachtungen der neu eingerichteten Station „Weisser See“ zur
Verfügung, für das vorhergehende Jahr sind wir dagegen auf die
zweite Hochstation der Vogesen, welche sich dicht unter dem Gipfel
des Sulzer Belchen befindet, angewiesen. Eine Vergleichung der
Mitteltemperaturen der beiden Stationen während der letzten beiden
Jahre zeigte, dass dieselben am Weissen See während der Spmmer-
monate durchschnittlich um 2°,1, während der Wintermonate um. 1°,3
höher sind, als auf dem Sulzer Belchen, was auch sehr gut mit der
Höhendifferenz der beiden Stationen stimmt, welche nahezu 300 m
beträgt. Die Differenzen zwischen Maximal- und Minimaltemperatur
der einzelnen Monate, die für unsere Untersuchungen gerade von
besonderer Wichtigkeit sind, zeigen sich im Mittel für beide Stationen
fast gleich, doch ergeben sich für die einzelnen Monate Unterschiede
und zwar sind die Differenzen im Sommer meist am Weissen See,
im Winter auf dem Sulzer Belchen etwas grösser. Wir lassen zunächst
nebenstehend eine Uebersicht über die Temperaturverhältnisse
der beiden Jahre folgen.
Wir wenden uns nun zunächst zur Erklärung der zuletzt besprochenen
Erscheinung, der langsamen Erwärmung der unteren
Schichten im Sommer, der rascheren während der Herbstmonate.
Dieselbe dürfte sich in folgender Weise auf den Wechsel der Lufttemperatur
bei Tag und Nacht zurückführen lassen.
Am Tage werden die obersten Schichten des Sees bis zu einer
gewissen Tiefe von der Sonne durchwärmt, in der Nacht kühlen sie
sich erheblich ab und sinken daher in Folge ihrer grösseren Dichtigkeit,
während die wärmeren in die Höhe steigen, um nun ihrerseits
Sulzer Belchen 1889 Weisser See 1890
Max. Min.
Mit
Beobachtet
tel.
Reducirt
auf die
Höhe des
Weissen
Sees.
Max. Min. Mittel
Januar . . . 5,0 — 13,0 - 4,6 W 3’3 11,2 ;:-5, 9 1,56
Februar . . 3,0 — 18,0 - 8,7 - 7,4 7,2 — 13,8 4,18
März. . . . 3,0 B P l - 4,7 — 3,4 16,0 - t 10,5 0,52
April . 11,0 ' — 8,0 — 0,1 2,0 11,5 m I I 2,80
Mai . . . . 21,0 1,0 8,1 10,2 18,6 I S 3,6 8,97
Juni . . . . 21,0 7,0 11,5 13,6 21,5 - 0,2 9,97
Juli . . . . 22,0 3,6 10,5 12,6 23,2 2,5 11,17
August . . . 21,9 3,0 9,5 11,6 24,0 3,0 12,08
September . . 21,0 — 4,0 6,1 8,3 17,5 1,6 9,92
Oktober . . 11,5 - 1,5 2,7 4,0 17,6 — 8,5 4,65
November . . 14,5 — 10,6 1,5 2,8 8,5 — 18,2 — 0,91
Dezember . .. 5,5 — 15,5 - 6,4 - 5,1 5,2 — 14,2 — 5,26
an der Oberfläche abgekühlt zu werden. Es findet also während der
Nacht eine beständige vertikale Circulation statt, welche die Tendenz
hat, allen Schichten eine gleichmässige Temperatur zu geben. Die
an der Oberfläche abgekühlten Wassertheile würden, wenn sie sich
nicht mit anderen vermischten, so weit herabsinken, bis sie eine der
ihren gleiche Temperatur fänden. Hier würde die Circulation natur-
gemäss ihr Ende finden. In Wahrheit hört sie aber schon in einer
etwas geringeren Tiefe auf, da die abgekühlten Wassertheile beim
Herabsinken sich bereits mit wärmeren mischen.
Im Sommer werden nun auch die Oberflächenschichten nur
wenig abgekühlt, sie finden daher schon in geringen Tiefen eine
ihnen gleiche Temperatur. Es nehmen daher nur die oberen Schichten
an der Circulation Theil. Die Erwärmung der unteren Schichten
erfolgt dagegen fast nur durch Wärmeleitung, die im Wasser bekanntlich
sehr langsam ist. Auch die Erwärmung durch directe Wärmestrahlung
dürfte in diesen Tiefen schon eine sehr geringfügige sein.
Die unteren Schichten behalten daher während des Sommers die
niederen Frühjahrstemperaturen fast unverändert bei. Ganz anders
liegen die Verhältnisse im Herbst. Gerade die Monate September und
Oktober zeichnen sich bei uns durch meist klares Wetter aus. In Folge
dessen herrscht Tags über noch ziemlich bedeutende Wärme und
dem entsprechend sind auch die Maximaltemperaturen, wie unsere
Tabelle zeigt, noch ziemlich hoch. In der Nacht dagegen tritt starke
Abkühlung ein und in der Höhenlage des Weissen Sees sinkt die
nächtliche Temperatur öfters schon mehrere Grade unter Null herab.
Die oberen Schichten des Sees erhalten am Tage noch eine ziemliche
Wärmezufuhr, in der Nacht kühlen sie sich dagegen bedeutend ab
und müssen daher erheblich tiefer als im Sommer herabsinken, um