vollständig abweichend. Aus den gefundenen Zahlen schon jetzt irgend
welche Folgerungen zu ziehen, ist daher vollständig ausgeschlossen,
ich habe sie lediglich als einen weiteren Beitrag zur Erdbebenstatistik
mitgetheilt, der vielleicht später einmal von Werth sein kann.
Erd b e b e n p e r io d e n .
Wie in anderen habituellen Schüttergebieten, so ist auch in
dem unserigen die seismische Thätigkeit keineswegs zu allen Zeiten
eine gleichmässige gewesen, es haben vielmehr Perioden sehr lebhafter
seismischer Thätigkeit mit solchen verhältnissmässiger Ruhe
abgewechselt. Auf mehrere der bedeutendsten Erdbebenperioden habe
ich schon verschiedentlich hinzuweisen Gelegenheit gehabt, der Ueber-
sichtlichkeit wegen möchte ich dieselben hier aber noch einmal in
Kürze zusammenstellen.
Zwei grössere und ausgedehntere Erdbebenperioden haben in
historischen Zeiten im Gebiet der oberrheinischen Tiefebene stattgefunden.
Die erste fällt in die Jahre 1348—1372. Sie war der
Intensität der Erdbeben nach unzweifelhaft die bedeutendste, übertraf
aber, wie ich schon oben bei Besprechung des Basler Schüttergebiets
ausgeführt habe, wahrscheinlich auch an Zahl der Erschütterungen
alle anderen. Die Nachrichten über die in diesem Zeitraum
aufgetretenen Erdbeben stammen meist aus Basel, Strassburg und
Colmar, doch wird auch einiger Erdbeben in Frankfurt Erwähnung
gethan. Die zweite bedeutendere Erdbebenperiode fällt in unser Jahrhundert
in die Jahre 1869—1874. Während der ersten beiden Jahre
dieser Periode fanden fast nur im Mainzer Becken und Odenwald Erderschütterungen
statt, hier jedoch in ausserordentlich grösser Anzahl.
In den folgenden Jahren dagegen wurden auch die Bruchränder des
Schwarzwaldes, das Strassburger und Basler Schüttergebiet, in Mitleidenschaft
versetzt. Vom Jahre 1875 an machte sich eine Abnahme
der' seismischen Thätigkeit bemerkbar, doch waren auch in den folgenden
12 Jahren Erdbeben im Gebiet des Oberrheins häufig. Eine dritte
grössere Erdbebenperiode scheint in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts
im nördlichen Theil unseres Gebiets angenommen werden
zu müssen, doch sind begreiflicherweise die Nachrichten zu dürftig,
um darüber etwas Bestimmtes aussagen zu können.
Die übrigen Erdbebenperioden waren von kurzer Dauer und
auf einzelne Herde beschränkt. Die wichtigsten derselben sind:
1) In den Jahren 1576 und 1577 fanden im Basler Schüttergebiet
sehr zahlreiche Erdbeben statt, von denen sich mehrere auch im
Eisass fühlbar machten. 2) Das Jahr 1650 ist durch eine ausser-
gewöhnlich starke seismische Thätigkeit (40—50 Erdbebentage) im
Basler Schüttergebiet und gleichzeitig in dem von Hohensax im
Kanton Zürich ausgezeichnet. Mehrere der Basler Erschütterungen
waren sehr heftig und breiteten sich weit über das Eisass hin aus..
Auch im ganzen folgenden Jahrzehnt waren Erschütterungen im
Gebiet der oberrheinischen Tiefebene häufig, namentlich im Jahre-
1661, mit dem dann diese Erdbebenperiode abschliesst. 3) Im ersten
Beziehungen zu benachbarten Schüttergebieten. 117
Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts zeigt das Strassburger Schüttergehiet
eine erhöhte Thätigkeit; insbesondere ist das Jahr 1802 ausgezeichnet,
in welchem man in Strassburg zehn Erdbebentage zählte.
Dagegen treten als Perioden aussergewöhnlicher Erdruhe besonders
folgende Zeiten hervor: 1) Die letzten Jahrzehnte des 14.
¡und das erste des 15. Jahrhunderts, aus welchen gar keine Erdbebenberichte
vorliegen. Auch während des ganzen übrigen 15. Jahrhunderts
scheint die seismische Thätigkeit am Oberrhein nur gering
gewesen zu sein. 2) Die ersten zwei Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts;
aus denselben liegen nur fünf Erdbebenberichte vor, aus den Jahren
27X2—1719 kein einziger. 3) Die Jahre 1738^1754, aus denen
nur von zwei leichten Erderschütterungen in Basel im Jahre 1743
berichtet wird. 4) Die Jahre 1856—1868, in welchen nur sechs
meist ganz leichte und lokale Erdbeben beobachtet wurden. In die
Jahre 1860—1868 fällt davon kein einziges,
4 ) B e z ie h u n g e n z u b e n a c h b a r t e n S c h ü t t e r g e b i e t e n .
Zwei benachbarte Schüttergebiete können auf doppelte Weise
Einfluss aufeinander ausüben. Einmal können die Erdbeben des einen
Gebiets sich unmittelbar in das andere fortpflanzen, und zweitens
können Bewegungen in dem einen Gebiet Spannungen, welche m
•dem anderen vorhanden waren, zur Auslösung bringen und so selbständige
Bewegungen in demselben hervorrufen. Untersuchen wir
zum Schluss noch, ob sich auch für unser Gebiet derartige Beziehungen
zu Nachbargebieten nachweisen lassen. Unser Gebiet stösst
im Süden wie im Norden an bekannte Schüttergebiete, dasjenige der
Schweiz und des Niederrheins. Auch im Osten, in Schwaben, gehören
Erdbeben keineswegs zu den Seltenheiten; nur im Westen
stösst an unser Gebiet, wie schon ausgeführt wurde, eine durch
grosse Seltenheit von Erdbeben ausgezeichnete Zone. Nicht nur auf
der lothringischen Hochebene, sondern auch in dem gesammten nächstbenachbarten
Theile Frankreichs, sind Erdbeben selten, erst im Pariser
Becken und der Auvergne treffen wir wieder auf bekannte Schüttergebiete.
Trotz der Nähe dreier Schüttergebiete ist die Zahl der von
auswärts in das Gebiet des Oberrheins fortgepflanzten Erdbeben ver-
hältnissmässig gering. Abgesehen von einigen Erdbeben der älteren
Zeit, deren Ausgangspunkt sich auch nicht annähernd bestimmen
lässt und von denen es daher zweifelhaft bleibt, ob sie dem oberrheinischen
Gebiet angehören oder von auswärts nach dort fortgepflanzt
sind, finde ich nur 48 im Gebiet des Oberrheins wahrgenommene
Erdbeben, deren Ausgangspunkt ausserhalb desselben
lag. Die überwiegende Mehrzahl derselben, nämlich 29, stammen
aus der Schweiz, 7 vom Niederrhein, 7 aus Schwaben, 5 aus entfernter
gelegenen Gegenden (das Lissaboner Erdbeben vom 1. November
1755, eines aus Südfrankreich, drei aus den Ostalpen). Die
aus der Schweiz herrührenden wurden natürlich vorzugsweise in dem
südlichen Theil unseres Gebiets empfunden, aber auch hier war ihre
Verbreitung keine sehr ausgedehnte. Die ganz überwiegende Mehr