fluthendem Wasser ist eine grüne, elastische Fläche getreten, ein
Hochmoor umragt von Circuswänden oder die sumpfige Fläche eines
ebenen Thalbodens. Auch diese Moorbildung sieht einem allmählichen
Verschwinden entgegen. Zuletzt bezeichnen uns grünende
Wiesen oder hochgelegene Matten die Stelle, wo einst der See
fluthete.W
ir finden alle Stadien der geschilderten Entwicklung bei den
Vogesenseen wieder. Das kleine Blanchemer ist gerade am Beginn
der Vermoorung, beim jetzigen Sewensee, beim Lac de Lispach u. a.
ist die Moorbildung schon weit vom Ufer in den See getreten, durch
das üppige Fortwuchern der Verwesungspflanzen wird der See immer
mehr eingeschnürt. Am Etang du Devin und am Altenweiher finden
wir ein fertiges Hochmoor vor und das kleine Trockenbecken von
Stillenbach zeigt uns endlich auch das letzte Stadium, wo die Moordecke
verschwunden und durch neue Sedimente ersetzt ist.
Können wir uns auf diese Weise ein ziemlich klares Bild vom
Vergehen der Seen machen, so ist die Frage ihrer Entstehung eine viel
schwierigere und weniger leicht zu lösende. Bei der Besprechung dieses
Punktes müssen wir natürlich die Thalseen und Hochseen trennen.
In den Thalseen können wir nichts anderes als Moränenstauseen,
wie schon wiederholt gesagt, erkennen. Ueberall, wo that-
sächlich eine ehemalige Vergletscherung nachgewiesen ist, finden wir
dieselbe vor; stets finden wir am Ende der Seen eine reichliche
Moränenbildung.
Als Querwälle haben die Moränen das Thal versperrt und den
See gebildet. Sowohl die heute existirenden nassen Seen, als die aufgefundenen
Trockenseen lassen keinen Zweifel an dieser Entstehungsart
aufkommen. Man muss sich vorstellen, dass die Entstehung derartiger
Seebecken, gerade an jenen Stellen mit Vorliebe zu geschehen
pflegte, wo die Gletscherströme zweier Thäler Zusammentreffen, oder
wo andere Ursachen thätig waren, die Bildung einer grossen Staumoräne
zu unterstützen. Die Seen von Sewen und Urbis, ebenso
die Seen im Fechtthal liefern Beispiele für Quermoränen, die sich
am Zusammenfluss zweier Thäler aufgebaut haben, bei den Seen des
Thurthals waren es die hohen, mitten im Thal aufragenden Querriegel,
welche die Staumoräne gestützt haben. In den meisten Fällen
sind es die Hauptthäler, gegen welche das Nebenthal abgesperrt
wurde. Das Wagenstallbachthal und das kleine Dollerthal haben
durch ihre Gletscher das jetzige Hauptthal bei Sewen geschlossen
und so den Sewensee gestaut. Wir sind aber der Ansicht, dass durch
diese beiden Thäler sich der Hauptstrom des grossen Dollergletschers
herabsenkte; weil die Kammentwicklung zwischen Fennematt und
Wissgrüt eine grössere Firnentwicklung zuliess, als der Welsche Belchen
mit seinen gewaltigen Abstürzen und kleinen Terrassen. Die
Absperrung erfolgte in der Weise, dass die Seitenmoräne des Hauptgletschers,
beim Abschmelzen noch unterstützt durch die Endmoräne
des Nebengletschers, sich quer vor das Seitenthal legte, und auf
diese Weise die Schmelzwasser staute.
Bei den Hochseen glauben wir nachgewiesen zu haben, dass
wir bei allen ein in festen Fels eingesenktes Becken anzunehmen
haben. Ueberall, wo ein Aufschluss vorhanden war, zeigte sich ein
deutliches Einfallen des anstehenden Gesteins nach dem Kamm zu.
Die Erklärung dieser Thatsache muss uns in erster Linie beschäftigen.
Der Umstand, dass sämtliche Hochseen im Glacialgebiet der Vogesen
sich befinden, legt die Annahme nahe, dass wir es bei dieser
Beckenform mit einer Wirkung des Eises zu thun haben, man könnte
vermuthen, dass diese Circusbecken etwa im RiCHTHOFEN’schen Sinne
durch Corrosion und Rotation von zusammenstossenden Eisströmen
ausgehöhlt und ausgedrechselt sind.
Wir können dieser Hypothese nicht beipflichten. Ein Blick auf
die Uebersichtskarte lehrt, dass jene Hochseen im ehemals vergletscherten
Gebiet durchaus nicht regellos vertheilt sind, sondern
an bestimmten Stellen auftreten, an prägnante Gebirgsbildungen sich
angliedern.
Ueberall, wo der Vogesenkamm in seiner deutlichsten Form
erscheint, wo die Steilabstürze und Terrassenbildungen sich zeigen,
da finden wir auch unsere Hochseen wieder. Wäre Gletschererosion
die wirkende Ursache gewesen, so würden wir eine viel gleichmässigere
Vertheilung über das ehemalige Gletschergebiet zu erwarten haben.
Beispielsweise müsste im oberen Thurthal, wo ein grösser Eisstrom,
gespeist von zahlreichen Gletschern aus Nebenthälern, früher seine
gewaltigen Massen bewegte, derartige Bildungen viel sicherer zu erwarten
sein, als an der schroffen Kammlinie von der Schlucht zum
Weissen See, wo nur kleine Hängegletscher oder vielleicht nur Firnfelder
gelagert haben. Wie wir schon erwähnt haben, ist das obere
Thurthal vollständig frei von allen Hochseen. Allerdings fehlen ihm
auch jene charakteristischen Bergformen, die wir als stete Begleiter
der Hochseen erkannt haben.
Wir sind mit Gerland der Ansicht, dass die hier zu erklärenden
Gebilde an jenen Stellen des Gebirges liegen, wo tektonische Störungen
des Materials mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind.
Jene charakteristische Kammbildung, wie sie vom Weissen See bis zum
Hohneck sich erstreckt, wie sie wiederum südlich vom Rothen Wasen
bis zum Elsässer Belchen auftritt, ist nach unserer Ansicht am besten
durch Verwerfungen zu erklären, die als Haupt- und Nebenspalten
das krystallinische Gestein durchsetzen und an welchen die einzelnen
Schollen in mannigfacher Weise abgerutscht sind.
Wir begegnen uns in dieser Auffassung auch mit S chumacher,
der ebenfalls die Entstehung der Hochseen in den Vogesen direct
mit der Gebirgsbildung in Verbindung setzt. S chumacher stellt sich
vor, dass die schon fertigen Thäler an ihren circusartigen Enden in
späterer Zeit eine Einsenkung erlitten haben, die naturgemäss die
obersten Abschnitte der Thäler in geschlossene Becken verwandelt habe.
Ein endgültiger Beweis für diese Hypothese wird von S chumacher
nicht erbracht; denn die Verhältnisse am Sternsee, wo die
westlich lagernde Grauwacke unmittelbar an Granit stösst und die