die eigentlichen Felsenabstürze naturgemäss nicht zu betreten waren.
Im Profil E—F der Tafel II haben wir den abstürzenden Felsen mit
eingezeichnet; die Linie, auf welcher derselbe aufsitzt, gibt die eigentliche
Neigung des Schladdens. Aehnliche jäh einfallende Felsmauern,
im allgemeinen noch steiler, befinden sich an den verschiedenen
Stellen des Süd- und Westufers.
Der anstehende Fels dieser Granitmauern bietet überall einen
scharfen und zackigen Anblick, nirgends zeigen sich Spuren von abschleifenden
oder glättenden Wirkungen, überall stehen die scharfen
Kanten des Gesteins zu Tage. Es ist zweifellos, dass alle diese Erscheinungen,
die uns die Steilabstürze darbieten, nur Folgen der
Blockverwitterung sind, welcher der Granit hier im stärksten Masse
unterliegt. Steht man auf dem Kamme des südlichen Absturzes in
der Nähe des Aussichtspunktes oder des sogenannten Schlosses des
Schwarzen Sees, so treten uns ihre Spuren in den verschiedensten
Entwicklungsstufen entgegen. Hier ist der anstehende Fels noch
anscheinend unverletzt, jedoch bemerkt das Auge des näher untersuchenden
Beobachters schon die Spalten, welche die Gesteinsmasse
in verhältnissmässig kurzer Zeit in Quaderblöcke* zertheilen muss;
dort liegen jene Quaderblöcke schon aus ihrem Zusammenhänge gerissen
da und strecken ihre scharfen Kanten in die Atmosphäre,
deren zerstörenden Wirkungen sie auch bald anheimfallen werden.
An einer anderen Stelle haben sich diese gewaltigen Granitquader
schon in kleinere Blöcke aufgelöst, und so bedeckt ein regelloses
Trümmerfeld den ganzen Kamm, das sich in immer grösseren und
dichteren Massen aufhäuft dort, wo derselbe zum eigentlichen Ausfluss
des Sees herunterfällt und wo sie mit den Blocktrümmern zu-
sammenstossen, die der zuerst geschilderte östliche Bergrücken geliefert
hat. Hier an der Ausflussstelle ist die Blockanhäufung aus
dem Grunde eine um so gewaltigere, als hier das Yerwitterungsmaterial
zweier Berglehnen zu einem Schuttwall zusammenfliesst.
Hier finden wir jene Wallbildung, welcher einzelne Beobachter den
Moränencharakter zusprechen zu müssen glaubten. An der nördlichsten
Ecke des Sees steigt das üfer sanfter an, indem der Abhang
zu dem Plateau führt, auf welchem das Gasthaus des Weissen
Sees liegt. Der Boden ist hier sumpfig und moorig, weil sich hier
ebenfalls eine Zugangsstrasse für die Schmelzwasser des Winterschnees
findet; hier mündet ein Bach in den See, der fast nie, auch
während des Hochsommers nicht versiegt.
Wir wenden uns zur Schilderung des eigentlichen Seebeckens.
Die Tiefenkarte auf Tafel II gibt Isobathen im Abstande von 5 zu
5 Metern. Diese Linien hätten auf Grund der vorhandenen Lothungen
noch näher aneinander gerückt werden können, jedoch scheint zur
Charakterisirung der Beckenform die gewählte Tiefendifferenz als
ausreichend. Die Lothungen wurden deshalb in der Karte auf den
einzelnen Querprofilen nur von 20 zu 20 Metern eingetragen. Wir
fügen jedoch hinzu, dass wir die Tiefen für Distanzen von 10 m besitzen.
Die Isobathen zeigen deutlich, dass die Beckenform von der
Natur der Steilabstürze des Seerandes in gewisser Weise abhängig
ist. Sie 1 drängen sich am dichtesten an der Südseite des Sees zusammen,
wo wir ja auch den jähsten Absturz der Felsmassen beobachtet
haben. Dort, in einer Entfernung von 150 m vom südlichen
Ufer des Sees, finden wir die grösste Tiefe. Sie beträgt 58 m, wenn
wir annehmen, dass der Seespiegel seinen tiefsten Stand hat, 62 m
dagegen, wenn derselbe im höchsten Niveau sich befindet, das er
in Folge der künstlichen Aufdämmung, die er erfahren hat und welche
wir später schildern werden, einnehmen kann. Da bei der künstlichen
Aufdämmung in den natürlichen Damm des Sees ein Einschnitt
von 2 m gemacht wurde, um das Wasser bis zu dieser Tiefe
abschleusen zu können, so ist das niedrigste Niveau, welches er jetzt
annehmen kann, nicht das natürliche. Wir können deshalb sagen,
dass der Weisse See vor der Eindämmung eine Maximaltiefe von
60 m im natürlichen Zustande gehabt hat.
Ein weiterer Blick auf die Isobathen lehrt, dass das Bassin
des Sees ein Doppelbecken bildet. Die beiden einzelnen Becken
werden ungefähr durch das Querprofil P—Q getrennt. Sie haben
beide eine längliche Form und ihre Längsachse fällt fast in dieselbe
Richtung, die das Querprofil A—B angibt. Dasselbe ist aufge-
geichnet auf Tafel II und zeigt die muldenförmige Gestalt der einzelnen
Becken. Der tiefste Punkt des flacheren Beckens befindet
sich südlich von der Profillinie F—E und besitzt eine Tiefe von
53 m unter dem natürlichen Seespiegel. Dieser Punkt kann also
jetzt vermöge der Aufdämmung eine Tiefe von 55 m erreichen. Die
Schwelle, welche beide Becken trennt, hat eine Höhe von 23 m über
dem tiefsten Punkt des tieferen Beckens und eine solche von 13 m
über dem tiefsten Punkt des flacheren Beckens, ist also von ziemlieh
bedeutender Höhe. Das Querprofil P-*-Q, welches die Richtung
dieser Schwelle angibt, endigt im Punkte Q in einer Felsnase, die
ziemlich weit in den See vorspringt und aus anstehendem Granit besteht.
Die Tiefencurven zeigen an, dass dieser Felsvorsprung sich
auch noch unter Wasser in der Configuration des Seebodens be-
merklich macht. Wir ziehen hieraus den Schluss, dass die trennende
Schwelle beider Becken lediglich eine Fortsetzung dieses Rückens
ist, woraus sich die wichtige Folgerung ergibt, dass sie ebenfalls
aus anstehendem Fels besteht.
Das nördliche Becken ist viel länglicher als das ’südliche und
flacht sich immer mehr und mehr aus, je näher wir dem nördlichen
Ende des Sees kommen. Die Tiefencurven zeigen an der östlichen
Uferseite wiederum eine bemerkenswerthe Einbuchtung, die ebenfalls
einen engen Zusammenhang mit dem Charakter des östlichen
Ufers andeutet. Bei K hört plötzlich der steinige und felsige Charakter
des Ufers auf, das vom Ausfluss des Sees bis zu diesem Punkte
mit den geschilderten Granitquadern aufs dichteste bedeckt ist.
Nördlich von K wird das Ufer auf eine gewisse Strecke hin ganz
flach und eben und ist von moorigem Boden gebildet. Wir möchten
auch hier den Schluss ziehen, dass sich ein. Rücken von anstelien