dass diese Annahme richtig war. Die Eintheilung des Lothes schwankte
hei den verschiedenen Messungen zwischen 104 mm und 98 mm.
Es ist unnöthig zu erwähnen, dass diese Constante der Lothlänge
hei jeder Messung von neuem bestimmt wurde. Die Lothleine war
auf eine Rolle gewickelt, deren Grösse so bemessen war, dass bei
jeder Umdrehung ungefähr ein Meter ahgewickelt wurde. Von dieser
Rolle lief die Leine über eine andere kleinere Rolle, die vermittelst
eines Ansatzstückes so an der grösseren Rolle befestigt war, dass
sie den Bord des Fahrzeuges überragte und das Loth senkrecht ins
Wasser fallen konnte. Die Eintheilung des Lothes war so bezeichnet,
dass man leicht erkennen konnte, ob zwanzig, dreissig u. s. w. Meter
abgewickelt seien. Die einzelnen Meter wurden gezählt und die
Decimeter geschätzt. Das letztere geschah mit solcher Genauigkeit,
dass der Fehler kaum einen halben Decimeter betrug. Da das Fahrzeug
stets an der Leine des Querprofils befestigt war, konnte jedesmal
bewirkt werden, dass das Ablaufen des Lothes ein senkrechtes
war, so dass in dieser Beziehung kaum ein Fehler zu befürchten ist.
Als Fahrzeug wurde auf den grösseren Seen ein Kahn, auf
den kleineren Flösse benutzt, die von der Forstverwaltung hergestellt
wurden.
Weisser See.
Geht man das Münsterthal aufwärts die grosse. Schluchtstrasse
entlang, so gelangt man beim Passiren der Grenze auf den Kamm
des Gebirges, das von dieser Höhenlinie steil nach Osten, weniger
schroff nach Westen abfällt. Die Kammwanderung von der Schlucht
nordwärts oder südwärts gehört mit Recht zu den schönsten Par-
tieen der Vogesen. Wir wollen hier die Wanderung nach Horden
schildern, da sie uns einerseits unmittelbar in das Seengebiet, dessen
geographische Schilderung hier zu liefern ist, führen wird, andererseits
uns charakteristische Einblicke in den topographischen und
tektonischen Charakter des hier befindlichen Gebirgstheiles zu gewähren
im Stande ist.
Wendet man sich von der Schlucht nordwärts, immer der
Landesgrenze folgend, so gelangt man bald nach ziemlichem Steigen
auf die Höhe zum Kruppenfels, und schon hier zeigt sich deutlich
die charakteristische Kammbildung des Gebirges. Es lässt sich eine
scharf ausgesprochene Höhenlinie verfolgen, deren Richtung im allgemeinen
SW.—NNO. ist. Während nach Westen zu auf dieser ganzen
Strecke die Abdachung eine verhältnissmässig sanfte genannt werden
muss, finden wir nach Osten überall ein schroffes Abstürzen
des Gebirges, das an einzelnen Stellen nur durch dazwischen geschobene
breite Querriegel unterbrochen ist. Wären diese Seiten-
vorsprünge nicht vorhanden, so würde diese ganze Bildung einem
Beobachter, der sich von Osten her nähert, wie eine schroffe Mauer
erscheinen, die sich unvermittelt und plötzlich aus verhältnissmässig
sanfter ansteigendem Vorlande zu erheben scheint. So haben wir hier
die schon erwähnten Abstürze des Kruppenfelsen; eine Strecke weiter
die steilen Felsen der Hirzensteine, noch weiter nördlich gelangen
wir zu der jähen Wand des Wurzelsteins. Nun folgt ein breiter
Querriegel, der auf der Nordseite mit dem jähen Tannachfelsen endigt.
An den Abstürzen des Darensees vorbei gelangen wir zu den gewaltigen
Mauern, die den Forellenweiher umgürten, ohne Zweifel dem
schönsten Punkt der ganzen Wanderung. Nach einiger Zeit erblicken
wir, nachdem die Steilabstürze des Schwarzen Sees und die
Zwischenrippe des Reisberges passirt sind, am Fusse gewaltiger Felsenmauern
das Wasserbecken, welches das Ziel unserer Wanderung
bilden soll, den Weissen See. Die Strecke vom Tanneckfelsen bis
zu diesem Punkte ist diejenige, auf welcher die ganze Kammbildung
am schärfsten hervortritt. Hier schliesst sich Steilabsturz an Steilabsturz,
an deren Fass die Seebecken, deren Schilderung uns sogleich
beschäftigen soll, liegen.
Hat man den Punkt der Grenze erreicht, wo der Weg zum
Gasthaus des Weissen Sees berabführt, so ist man über den Wechsel
erstaunt, der plötzlich in der ganzen Bildung des Gebirges eintritt.
Der Kamm hat sich schon längs des Weissen Sees gesenkt, jedoch
noch seinen einheitlichen Charakter bewahrt. Unmittelbar nördlich
von diesem Seebecken beginnt nun eine Theilung der höchsten Linie
des Gebirges, so dass man im Zweifel ist, wo man die eigentliche
Fortsetzung des Kammes suchen soll. Die Landesgrenze wendet sich
plötzlich im rechten Winkel nach Westen, um, der Wasserscheide
des Gebirges folgend, noch den Ansatz und ersten Theil des Thals
von Diedolshausen zu umfassen, welches hier eine fast nördliche
Richtung besitzt. Bei Luschbach wendet sich die Grenze, nachdem
sie die Westseite des genannten Thaies erreicht hat, wiederum nach
Norden und steigt erst nach Ueberschreiten des Col du Bonhomme
zu grösserer Höhe an. Dieser Theil der Kammlinie, wenn er überhaupt
mit diesem Namen bedacht werden kann, zeigt durchaus nicht
den geschlossenen Charakter der früher geschilderten Bildung. Die
einzelnen Bergrücken, welche die Höhenlinie überschreitet, sind durch
ziemlich tiefe Einsenkungen von einander getrennt, die Steilabstürze
sind verschwunden, sie treten erst wieder vereinzelt auf, nachdem
die grösseren Höhen NW. von Diedolshausen errreicht sind.
Von dem Punkte, wo die Grenze nach Westen abschwenkt, setzt
sich eine andere Höhenlinie, die das Diedolshauser Thal im Westen
lässt, in ziemlich nordöstlicher Richtung fort, so dass dieselbe aus
diesem Umstande vielleicht als eigentliche Fortsetzung des Höhenkammes
gelten kann. Jedoch zeigt auch diese einen schon veränderten
Charakter. Wenn sie auch einen zusammenhängenderen Eindruck
macht als die Höhenlinie, der die Landesgrenze folgt, so ist
sie doch von dem Steilkamm dadurch scharf unterschieden, dass
ihr die jähen Abstürze, welche jene besitzt, beinahe ganz fehlen.
Sie überschreitet sanft gerundete Höhenzüge, die durch flache Mulden
von einander getrennt sind und als deren höchster der tete des-
faux erscheint.
Auf jeden Fall findet diese letztere Kammbildung ihren Ab-
Geograph. Abhandlungen aus Elsass-Lothringen. I, 9