Geht schon hieraus deutlich hervor, dass das Material von
Kothlach hinsichtlich des Decenniums 1871—80 unbrauchbar ist
so sprechen folgende Umstände dafür, dass das frühere aus den
Jahren 1850—69 angesammelte Material ebenfalls keinen Anspruch
aut Zuverlässigkeit erheben kann.
Dr. S prung, welcher in der zweiten Hälfte des August 1882
eine Revision der meteorologischen Stationen in Elsass-Lothringen
vornahm, fand, dass die Niederschlags-Beobachtungen der Station
Kothlach deshalb nicht vertrauenswürdig seien, da bei der Messung
dem Beobachter wahrscheinlich häufig Fehler unterlaufen sind. In
seinem „Bericht über eine Revision der meteorologischen Stationen
1 ü 7 29- August)“ 1 begründet Dr. S prung seine
Ansicht (S. 10 u. 1 1 ) folgendermaassen:
o n n n ’,D e r ReSenmesser hat eine quadratische Auffangefläche von
¿¡000 qcm, welche somit fünfmal so gross ist, als diejenige der von
B looh für die meisten übrigen Stationen gelieferten Pluviometer.
Die Weite des Messglases steht hierzu in krassem Missverhältnisse
da sie nur etwa halb so gross ist, wie bei dem BLocH’schen Regenmesser.
Infolgedessen muss bei grösseren Regenmengen das Mess-
?}.asL ' "‘S&flü 10 20 mal entleert werden, wobei wahrscheinlich
häufig Fehler in der Zählung dieser Manipulation unterlaufen sind,
anders ist die Disharmonie zwischen den Regenmengen auf der Roth-
lach und benachbarten Stationen (auf welche auch Herr Pfarrer Dietz
mich aufmerksam machte) kaum zu erklären.“ Ein ganz ähnlicher
Grund scheint auch dafür zu sprechen, dass die hohen Winterniederschlagssummen
auf der Rothlach in den Jahren 1850—69 mit
Misstrauen aufzunehmen sind. Wenn auch vor 1875 auf dieser
Station ein anderes Instrument und eine andere Messungsvorrichtung
benutzt wurde, so spricht gerade die letztere dafür, dass auch hier
bei den Messungen von dem Beobachter Fehler gemacht worden
sein müssen.
Die Messungsvorrichtung, eine in Grade abgetheilte Glasröhre
war nach Die t z 2 mit dem Auffangegefäss verbunden, so dass die
Messungen direct vorgenommen werden konnten.
Hierbei sind jedenfalls die gefallenen Schneemengen, entweder
gar nicht oder nur theilweise in der Glasröhre geschmolzen, einfach
ohne weiteres abgelesen worden, wodurch natürlich viel zu grosse
Niederschlagshöhen erzielt wurden.
Einen weiteren Factor für die Unbrauchbarkeit der im Winter
auf der Rothlach gemachten Niederschlagsbeobachtungen bildet die
nur 1,10 m betragende Aufstellung des Regenmessers über dem Erdboden.
Bedenkt man, dass auf den höchsten Gebirgsstationen und
vor allen auf solchen, welche gegen die vorwiegenden Winde etwas
geschützt liegen, wie dies bei der Rothlach der Fall ist, sich stellenweise
eine manchmal mehrere Meter hohe Schneedecke ausbreitet,
1 Den Originalacten entnommen.
2 D i e t z , ib id . S. 2 2 .
so liegt die grosse Wahrscheinlichkeit sehr nahe, dass selbst bei nur
einiger lebhafter Luftbewegung in einen solchen viel zu niedrig aufgestellten
Regenmesser eine ganze Menge von aufgewirbeltem Schnee
eingeweht wird.
Ganz deutlich beweist dies der grosse Belchen. Wenn auch
hier das Instrument m hoch aufgestellt ist, so ist diese Aufstellung
jedoch für den Winter eine viel zu niedrige. Denn der
Schnee liegt hier auf der geschützten Leeseite manchmal mehrere
Meter hoch, welche Anhäufung infolge lebhafter stürmischer Winde
in der Stärke von 5—11 der BEAUFORT’sehen Scala hervorgerufen
wird. So ist es kein Wunder, dass selbst bei einer geringeren
Schneedecke Schneeeinwehungen in den Regenmesser erfolgen und
hierdurch die Niederschlagssummen des Belchens im Vergleich zu
benachbarten Stationen sich so unverhältnismässig hoch gestalten.
Die folgenden Zahlen dürften dies zur Genüge darthun.
Februar 1892 Februar 1893 Februar 1894
mm mm mm
B e lc h e n ......................... 447,6 797,4 368,6
A lfe ld.............................. ' 200,3 345,6 184,9
Sewen.............................. 152,2 283,8 123,5
Lauchenweiher . . . . 147,8 223,4 152,9
Niederlauchen . . . . 138,5 270,0 99,2
Aus allen diesen Gründen verdienen die auffallend hohen Winterniederschlagssummen
und damit die sämmtlichen Aufzeichnungen von
Rothlach kein Vertrauen und keine Verwerthung, was dagegen bei
Wesserling nicht der Fall ist. Aus dem Vergleich mit der zuverlässigen
Station Melkerei ging, wie oben ersichtlich, auch die Zuverlässigkeit
der Station Wesserling hervor. Andere Belege hierfür
liefern die vertrauenswürdigen Beobachtungen der Stationen Odern,
Sewen und Niederlauchen, deren Niederschlagsverhältnisse denen von
Wesserling ziemlich gleich sind, wie folgende Ziffern darthun.
1881--85 1886--9 0
W. F. S; H. W. F. S. H.
Wesserling . . 24,6 1 9 ,3 25,8 3 0 ,3 1 9 ,9 23,4 3 0 ,3 26,4
Odern. . . . . 26,3 1 8 ,8 22,6 3 2 ,3 2 1 ,3 22,9 3 0 ,2 25,6
Sewen . . . ,. 26,3 1 8 ,5 20,4 3 4 ,8 2 2 ,2 23,1 26,7 2 8 ,0
Niederlauchen . — — — — ■ 2 1 ,3 23,3 2 8 ,9 26,5
1872--7 6
Wesserling. . .. 25,1 2 1 ,6 2 1 ,6 3 1 ,7
Vagney1. . . . 25,7 2 1 ,7 22,8 2 9 ,8
Ist somit der Beweis für die Brauchbarkeit des Wesserlinger
Materials für 1871—90 geliefert, so liegt kein Grund vor, die Zuverlässigkeit
der vor diesem Zeitraum angestellten Beobachtungen
in Zweifel zu ziehen, um so weniger als dieselben (bloss 1868 und
1869 unterbrochen) die ganze Zeit seit 1849 genau nach derselben
Methode, mit dem gleichen Instrumente und an derselben Be-
1 B a u l i n , Sur les observations pluviometriques, faites dans l’est de la
France de 1763 ä 1870. S. 74. Da 1871 fehlerhaft, das Mittel 1872—76 gebildet.