Bei oberflächlicher Betrachtung erscheint jener Bergrücken aus festem
Fels zu bestehen, eine Vermuthung, die noch durch die Thatsache
bekräftigt wird, dass unmittelbar nördlich von ihm auf der ändern
Thalseite der anstehende Fels (es ist überall Grauwacke) unzweifelhaft
zu Tage tritt.
Der See selbst., der in einer Höhe von 740 m liegt, besitzt
eine ovale Form; seine Längsachse erstreckt sich in westlicher Richtung
und hat eine Länge von 200 m, die grösste Breite beträgt
ca. 100 m, das Areal der Seeoberfläche etwas mehr als i y 2 ha.
Der Abschlussdamm, der sich an dem östlichen Ende des Sees befindet,
hat eine Länge von 68 m und ist vollständig künstlich hergestellt.
Es ist ein gemauerter Damm, dessen grösste Höhe ca. 5 m
beträgt. Die Tiefen des Sees wurden wieder in mehreren Querprofilen
gemessen und dabei die Thatsache constatirt, dass die grössten
Tiefen sich unmittelbar am Abschlussdamm vorfinden, dass der See.
sich immer mehr verflacht, je weiter man sich von diesem Damm
entfernt. Am Abschlussdamm betrug die Tiefe zur Zeit als wir
massen 3 m, in der Mitte des Seebeckens nur noch 2 m. Aus unsern
Lothungen folgt also, dass wir es hier mit keinem eigentlichen Seebecken
zu thun haben, sondern mit einem Thalende, das durch eine
Quermauer abgedämmt wurde. Das Längsprofil des Sees würde ungefähr
folgende Gestalt haben:
Die Form desselben zeigt deutlich an, dass hier ein vollkommen
künstliches Seebecken vorliegt, besonders da keine Spur eines etwa
zerstörten natürlichen Abschlussdammes vorhanden ist. Welcher Natur
auch der vorher geschilderte Längsrücken, der den See seitlich abgrenzt,
sein mag, ob Moräne oder nicht, auf keinen Fall haben wir
es hier „mit einem Beispiel der Seebildung hinter Seitenmoränen“
zu thun, wie Ch . G rad an einer Stelle anzunehmen scheint (Bulletin
de la Soc. geol. de France, III. Ser. 1 S. 103). Wann dies Seebecken
angelegt wurde, haben wir nicht in Erfahrung bringen können. I
Fassen wir zum Schluss die Thatsachen, die wir bei der Beschreibung
der eigentlichen Hochseen gefunden haben zusammen, so
ergibt sich, dass bei allen Seen, wo Aufschlüsse möglich waren, ein
in festen Fels eingesenktes Seebecken unzweifelhaft gefunden wurde,
Es war immer ein Abschlussriegel aus anstehendem Fels vorhanden,
überall, wo ein Einblick möglich war, senkte sich die Felsfläche des
Beckens thalaufwärts (nach den Circuswänden) in beträchtlicher Masse,
Ferner wurde bei allen aufgeschlossenen Seeböden gefunden, dass
der Riegel aus anstehendem Fels durch Geschiebe oder Geröllmassen
erhöht wurde, für die südlichen Seen (Lauchenweiher, Alfeld) könnten
diese Geschiebemassen direct mit einer ehemaligen Vergletscherung
1 Siehe auch die Bemerkungen von W. D e e c k e in der auf S. 161 citirten
Abhandlung.
des Gebirges in Zusammenhang gebracht werden, -für die übrigen ist
dieser Zusammenhang nicht nachgewiesen, jedoch wahrscheinlich.
Hervorzuheben ist jedoch, dass gerade bei den Seen, die in grani-
tisches Material eingelagert sind, die Blockverwitterung des Granits
eine ebenso grosse Rolle gespielt haben kann, wie die Moränenbildung
ehemaliger Vogesengletscher. Die äussere Bildung und Aehn-
lichkeit der topographischen Verhältnisse macht es auch für die nicht
aufgeschlossenen Hochseen der Vogesen wahrscheinlich, dass die Bildungsverhältnisse
ganz ähnliche sind. Bei einer Erörterung über die
Ursache der Entstehung dieser Seen wird man eine einheitliche Erklärung
für alle Hochseen zu erwarten haben.
Wir wenden uns jetzt zu einer Classe von trocken daliegenden
Seen, für welche wir auf der Ostseite der Vogesen nur einen einzigen
Vertreter in nassem Zustande kennen gelernt haben, die aber an dem
Westabhange noch in mehreren Beispielen auftreten. Im Dollerthal
der Sewensee, auf der Westseite das Geradmer und Longemer sind
Typen jener schlauchartigen Thalseen, die völlig von den bis jetzt
geschilderten Hochseen verschieden sind und ihr Bestehen der Existenz
ehemaliger Gletscher verdanken. Sie liegen stets in den tieferen
Theilen des Thals, das gewöhnlich da, wo der See fluthet, einen
ebenen und flachen Boden h a t ; ihr Abschlussdamm ist eine Moräne,
die quer das Thal durchzieht und auf diese Weise die Wasser gestaut
hat. Die Dauer des Bestehens dieser Seen ist natürlich auch eine
begrenzte, da der Abflussbach beständig Material des lockeren Abschlussriegels
hinwegführt und auf diese Weise den Spiegel des Sees
allmählich erniedrigt. Es lässt sich von vornherein erwarten, dass
auch Trockenseen von diesem Typus in den Vogesenthälern vorhanden
sein werden.
Bei der Aufzählung unserer Funde wollen wir diesmal im Süden,
im Dollerthal beginnen, wo ohne Zweifel die Vergletscherung des
Gebirges in grossem Masse aufgetreten ist. Wir beginnen wieder
mit dem Sewensee, der heute noch als nasser See ein rudimentäres
Dasein führt. Wir haben schon erwähnt, dass derselbe einst eine
viel bedeutendere Fläche einnahm, und sich nach Westen bis zur
Terrasse des Alfeldsees, nach Osten bis zum Dorfe Sewen erstreckte.
Wir sprachen früher unsere Ansicht dahin aus, dass wir es hier mit
einem echten Moränenstausee zu thun haben, der eben durch eine
Quermoräne in der Nähe des Dorfes Sewen abgedämmt wurde.
Dieser Meinung ist seitdem durch W. D eecke 1 widersprochen
worden. Derselbe ist der Ansicht, dass auch der Sewensee früher
durch eine Barre von festem Fels gesperrt wurde, die später durch
die Eis- und Wassererosion hinweggeschafft wurde. Wir können
seinen Gründen hierfür nicht beipflichten. D e ecke stützt seine Ansicht
auf die Thatsachen, dass gerade bei Sewen sich verschiedene Buckel
von festem Fels, nach seinem Dafürhalten die Reste des einstigen
Querwalls, vorfinden, von Moränenschotter sich dagegen so gut wie
1 W. D e e c k e : G-lacialerscheinungen im Dollerthal. Mittheil. d. Comm.
für die geol. Landesuntersuchung von Elsass-Lothringeh. Bd. II Heft 1 S. 1.
Geograph. Abhandlungen aus Elsass-Lothringen. I. 11