gestorbenes Seebecken zurüeklassen. Wenn die Seenbedeckung einer
Gegend der Erdoberfläche in einiger Vollständigkeit studirt werden
will, ist es nothwendig, auf diese Trockenseen das Hauptaugenmerk
zu richten und diesem Zwecke waren nicht zum geringsten Theil
unsere Beobachtungen und Studien in den südlichen Vogesen gewidmet.
Die Zahl solcher ausgestorbenen Seebecken ist keine geringe
in unserem Gebirgszuge, und ihre Zusammenstellung mit den noch
vorhandenen Seen, die im zweiten Theil dieser Arbeit unternommen
ist, führt zu nicht uninteressanten Resultaten, sei es für die ehemalige
Vergletscherung des Gebirges, sei es für die Entstehung solcher
Seebecken überhaupt. In dem folgenden Abschnitt wird sich,
wie schon gesagt, die genaue Beschreibung der jetzt noch mit Wasser
angefüllten Seebecken vorfinden. Ihre Anzahl ist auf dem Ostabhange
der Vogesen eine geringe. An eigentlichen Hochgehirgsseen finden
wir nur noch acht vor, von welchen jedoch nur fünf zur Classe der
wirklich nassen Seen gerechnet werden können, d. h. derjenigen Seen,
welche von Anfang ihrer Entstehung an stets ihre Wassermasse bewahrt
haben; es sind dies der Wei sse See, der Schwa r z e See,
der Su l z e rn e r - oder Daren See, der Be l chens e e und S t e r n see.
Die übrigen drei — der La c h t e lwe i h e r , der Neuweiher
und der Forel len weiher gft müssten eigentlich schon zu den Trockenseen
gestellt werden, da ihr Becken vor noch nicht langer Zeit ohne
Wasser dalag und erst später durch künstliche Aufdämmung von
Menschenhand wieder angefüllt wurde. Ihre Beschreibung wird deshalb
im zweiten Theil gegeben werden.
Bevor wir an unser eigentliches Thema herantreten, wird es
vielleicht ani Platze sein, die Art und Weise zu schildern, wie diese
hochgelegenen Becken gemessen wurden. Der Hauptzweck war natürlich
der, die Form dieser Becken selbst zu bestimmen. Zu diesem
Zwecke musste ein ausgedehntes System von Tiefenmessungen erhalten
werden, deren Dichtigkeit und Vertheilung sich durch die
Beckenform selbst bestimmte. Jedoch schien es auch in den Fällen,
wo die Form des Beckens eine verhältnissmässig einfache war, wie
bei fast allen kleineren Gebirgsseen, angebracht, die Häufigkeit der
Lothungen nicht allzu sehr zu beschränken und zwar aus folgenden
Gründen. Die meisten Messungen ergaben nämlich einen Einfluss
der einmündenden Bäche auf das Becken derart, dass Deltabildungen
und ähnliche Erscheinungen constatirt werden konnten. Es schien
nun aufs äusserste wünschenswerth, die Gestalt dieser Anschwemmungen
aufs genaueste festzulegen, um hierdurch die Möglichkeit
zu gewinnen, etwaige Veränderungen in der Form derselben zu eon-
statiren und dadurch über die Grösse der Denudation der anliegenden
Gebirgstheile Daten zu erhalten, besonders da diese Frage aufs
innigste in Zusammenhang mit dem Austrocknen der Seen zu stehen
scheint. Deshalb wurde bei den zahlreichen Profilen, die durch die
Seen gelegt wurden, in Entfernungen von 10 resp. 20 m gelothet,
wie es in den einzelnen Fällen sich gerade als nothwendig erwies.
Es wurden zwei Methoden angewandt. Die erstere bestand
darin dass eine von 10 zu 10 m getheilte Leine über den See gespannt
und an den markirten Punkten der Leine Lothungen vor-
genommen wurden. Hierauf wurde senkrecht zu dieser Leine (der
Basisleine) eine andere ebenfalls getheilte Leine gespannt und das
hierdurch bestimmte Querprofil ausgelothet. Durch Verschieben dieses
Querprofils rechtwinklig zur Basisleine über den ganzen See hin
wurden die nöthigen Data erhalten, um sowohl den Umriss wie die
Form des Beckens hinreichend genau zu bestimmen. Dies Verfahren
wurde nur bei zwei kleineren Seen angewandt, da es einerseits viel
Leine beanspruchte, andererseits durch den Umstand an Genauigkeit
verlor,- dass die Basisleine sich durch den Wind oder andere Umstände
verschob und dadurch die Coordinatenbestimmung der Lothund
Uferpunkte etwas ungenau wurde.
Um diese beiden genannten Uebelstände zu vermeiden, wurde
die Messung bei den anderen Becken in folgender Weise vollzogen.
Es wurde nur eine einzige getheilte Leine gespannt und deren
Richtung durch ein Boussoleninstrument von B beithaupt & S öhne in
Kassel genau bestimmt. Hierauf wurde die Leine, indem sie an dem
einen Ufer in demselben Punkte fest blieb, um diesen um einen bestimmten
Winkel gedreht, der vermittelst eines Sextanten oder eines
Boussoleninstruments genau gemessen wurde. Das auf diese Weise
festgelegte Querprofil wurde ausgelothet und nun am entgegengesetzten
Ufer die Drehung der Leine vollzogen und die Messung
in derselben ’Weise fortgesetzt. Derart wurde die ganze Seefläche
mit einem Dreiecksnetz von Querprofilen bedeckt, welches ebenfalls
nach geschehener Lothung sowohl die Beckenform als den Umriss
des Sees bestimmte. Es braucht wohl nicht hinzugefügt zu werden,
dass die angewandten Leinenlängen mitunter ganz bedeutende waren
— so betrug die grösste Länge am Weissen See 600 m — und dass
in Folge dessen das Spannen der Leine bisweilen mit grossen
Schwierigkeiten verknüpft war. Dass überhaupt auf solche Entfernungen
hin diese Methode zur Anwendung gelangen konnte, wurde
nur dadurch ermöglicht, dass die Leine in bestimmten Abständen
mit Schwimmern versehen wurde, welche einerseits das Gewicht der
Leine im hohen Grade verringerten, andererseits ihre Curvenform bedeutend
verminderten.
Durch die starke Spannung wurde natürlich die Eintheilung
der Leine in ihrer Grösse verändert. Es ist selbstverständlich, dass
jedesmal der Abstand der Eintheilungsmarken von neuem bestimmt
wurde. Als Loth wurde eine 2 mm starke Hanfschnur verwandt,
die im trockenen Zustande und unbelastet genau nach Metern ab-
getheilt worden war. Dass die Eintheilung der Leine in diesem
Zustande erfolgte, hatte den Grund, dass eine Benetzung des Loths
eine Contraction, eine Belastung eine Dilatation desselben zur Folge
haben musste. Da diese Umstände einander entgegenwirken, konnte
angenommen werden, dass der Theilwerth des Lothes, auch wenn
es sich im Gebrauch befand, sich nicht viel von einem Meter entfernen
würde. Und in der That haben zahlreiche Messungen gezeigt,